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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einer halbherzigen Entschuldigung einfließen ließ. Rahn sagte jedoch nichts dazu. Er machte auch keine Anstalten, irgendeine der Fragen zu beantworten, mit denen sie ihn überfiel, und er tat ihr auch nicht den Gefallen, auf ihren flehenden Ton und die fast verzweifelten Blicke zu reagieren, die sie ihm zuwarf, sondern stellte nur die beiden Schalen, die er mitgebracht hatte, vor ihr auf dem Boden ab, hob stattdessen die beiden geleerten Behältnisse, die von ihrem kümmerlichen Mittagsmahl übrig geblieben waren, auf und verschwand dann ohne ein weiteres Wort.
    Arri sah ihm mit einer Mischung aus Enttäuschung und Zorn hinterher, wobei der Zorn zwar zum allergrößten Teil ihr selbst galt, ein bisschen aber auch ihm. Sie hatte wirklich Zeit genug gehabt, um einzusehen, wie dumm und kindisch sie sich benommen hatte. Ganz gleich, was Rahn auch wirklich im Schilde führen mochte: Er war vermutlich der einzige Verbündete, den sie hier in Goseg und möglicherweise sogar auf der ganzen Welt hatte, und es war, wenn schon nicht undankbar, so doch zumindest dumm, es sich mit ihm zu verderben. Er hatte jedes Recht, beleidigt zu sein.
    Zugleich ärgerte sich Arri aber auch über sein Verhalten. Er musste doch spüren, wie Leid ihr die Worte von gestern Nacht taten! Aber statt die ausgestreckte Hand zu ergreifen, die sie ihm hinhielt, maß er sie nur mit einem kühlen Blick und ließ sie dann ohne ein einziges Wort wieder allein.
    Arri betätigte sich eine Weile damit, nach Kräften zu schmollen, dann aber erinnerte sie ihr knurrender Magen wieder daran, warum er eigentlich gekommen war, und sie humpelte zu ihrem Platz unter dem Fenster zurück und machte sich über die beiden Schalen her. Genau wie in der vergangenen Nacht hatte er ihr auch jetzt wieder eine Schale mit Wasser gebracht und eine zweite, etwas größere, die mit dem Arri schon zur Genüge bekannten grauen Brei gefüllt war. Sie hatte sich schon an den eigentlich gar nicht vorhandenen Geschmack gewöhnt und war diesmal klug genug, sich etwas von dem Wasser aufzusparen, um mit dem letzten Schluck das klebrige Zeug aus ihrem Mund zu spülen. Als sie fertig war, waren die beiden Schalen so säuberlich geleert, als hätte sie sie gerade mit großer Sorgfalt gereinigt, aber sie hatte immer noch Durst, und auch ihr Magen knurrte kein bisschen weniger als zuvor.
    Und so ging es weiter. Die Nacht schien kein Ende zu nehmen. Arri fiel irgendwann in einen unruhigen Schlaf, aus dem sie immer wieder entweder von Albträumen oder einem heftig pochenden Schmerz in ihrem Knie und manchmal von beidem zugleich hochfuhr. Auch der darauffolgende Tag bot keine andere Unterbrechung als den Besuch der beiden Krieger, die kamen, um ihr Wasser und Nahrung zu bringen. Arri versuchte jetzt nicht mehr, sie anzusprechen, sondern zog sich gehorsam in ihre Ecke unter dem Fenster zurück und stand schweigend da, während der eine Krieger sie mit seinem Speer bedrohte und der andere die beiden leeren Schalen gegen volle austauschte. Sie hatte jetzt keine Angst mehr. Solange sie keine unbedachte Bewegung machte oder die Männer gegen sich aufbrachte, das spürte sie, würde ihr nichts geschehen.
    Stattdessen betrachtete sie die beiden aufmerksam. Der Krieger mit dem Speer kam ihr vage bekannt vor. Im allerersten Moment überlegte sie, ob er zu denen gehörte, gegen die ihre Mutter gekämpft hatte, und ob die Erinnerung an diesen Kampf der Grund für die noch immer schwelende Wut in seinem Blick war. Dann aber meinte sie, ihn tatsächlich schon einmal gesehen zu haben, allerdings nicht vor zwei Nächten draußen jenseits des verbotenen Waldes, sondern vor sehr viel längerer Zeit. Doch sie vermochte sich nicht wirklich an ihn zu erinnern und fragte sich, woher der Hass in seinen Augen kam.
    Ein weiteres Rätsel, auf das sie - zumindest für die nächsten Tage -keine Antwort fand.
    Auch dieser Tag verging, ohne dass auch nur irgendetwas geschah, und schon lange, bevor das Licht in dem kleinen Spalt unter der Decke wieder zu verblassen begann, lernte Arri einen neuen und ihren vielleicht bisher ärgsten Feind hier in Goseg kennen: die Langeweile. Sie war allein mit sich und ihren Gedanken, und so sehr sie auch versuchte, es nicht zu tun, kreisten eben diese Gedanken doch um nichts anderes als um die Frage, was sie hier erwarten würde.
    Nicht eine einzige der Antworten, die sie sich selbst auf diese Frage gab, gefiel ihr.
    Sie war davon ausgegangen, dass man sie rasch zu Sarn oder auch gleich zu

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