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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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davon überzeugt hatte, dass ihr Handrücken trocken war. Als sie sich der Tür näherte, taumelte sie leicht. Sie hatte viel zu lang mit angezogenen Knien in unbequemer Haltung an die Wand gelehnt dagesessen, und ihre verspannten Muskeln zahlten es ihr jetzt heim, indem sie mit stechenden Schmerzen und nur widerwillig auf jede Bewegung reagierten. Arri ärgerte sich darüber, dass ihr Körper sie schon wieder auf so schmähliche Weise im Stich ließ. Wenn sie schon zur Schlachtbank geführt werden sollte, dachte sie trotzig, dann wollte sie diesen Weg wenigstens aufrecht und stolz erhobenen Hauptes gehen, nicht mit verheulten Augen und vor Schwäche taumelnd.
    Trotz dieses guten Vorsatzes blieb sie jedoch sofort wieder stehen, kaum dass sie durch die Tür getreten und draußen war, und hob geblendet die Hand vor die Augen. Die Wolken, die noch am Morgen den Himmel bedeckt hatten, hatten sich ebenso spurlos verzogen wie der leichte Dunst, und obwohl es bitterkalt war, stand am Himmel eine grelle Sonne, deren Licht ihr sofort wieder die Tränen in die Augen steigen ließ. So viel zu ihren Bemühungen, dachte sie ärgerlich, einen möglichst gefassten Eindruck zu machen.
    Diesmal waren es gleich vier Männer, die gekommen waren, um sie abzuholen. Die beiden vom Morgen waren nicht dabei, doch zu Arris Erleichterung hatte Nor zumindest darauf verzichtet, ihren zukünftigen Ehemann zu schicken. Sie erkannte keinen der vielen Männer, die auf dem ansonsten leeren Platz standen und sie schwer bewaffnet erwarteten. Sie sah sich auffordernd um und wartete darauf, dass einer der Männer etwas sagte oder ihr zumindest mit Gesten zu verstehen gab, was sie tun sollte, aber die Krieger starrten sie einfach nur an. Als Arri wahllos auf einen von ihnen zutrat, fuhr er sichtlich zusammen, und sie sah, dass er sich gerade noch beherrschen konnte, nicht erschrocken vor ihr zurückzuweichen. Arri war verwirrt. Was, um alles in der Welt, hatte Nor über sie erzählt; oder Sarn?
    Für eine kurze Weile - nicht lange, wahrscheinlich nur für die Dauer von zwei oder drei Herzschlägen, die diesen Männern aber vermutlich ebenso endlos vorkamen wie ihr - stand sie einfach nur da und wartete darauf, dass irgendetwas geschah, dann hob einer der Krieger fast schüchtern die Hand und deutete in Richtung des Tores im Palisadenzaun. Arri traute dem Frieden nicht. Keiner der Männer war ihr auch nur auf Armeslänge nahe gekommen, aber sie wollte ihnen auch keinen Vorwand geben, es zu tun oder sie gar zu packen. Rasch wandte sie sich um und setzte sich in Bewegung, und die vier Männer flankierten sie, zwei hinter und zwei vor ihr, sodass man hätte meinen können, sie hätten einen gefährlichen Feind gefangen genommen oder ein wildes Tier, das sich im Augenblick zwar friedlich gebärdete, um dessen Kraft und Unberechenbarkeit sie aber wussten. Arri fragte sich, ob sie sich nun geschmeichelt fühlen oder vielleicht besser Angst haben sollte.
    Anders als am Morgen stand das Tor im Palisadenzaun jetzt weit offen, und auch der Weg dahinter war nicht mehr leer. Als Arri und ihre Begleiter die versteinerte Stadt (die im Übrigen noch immer wie ausgestorben dalag) verließen, wurden sie von gut zwei oder drei Dutzend Menschen erwartet, Männer, Frauen und Kinder, von denen sie einige wieder zu erkennen glaubte, die sie am Morgen im Haus gesehen hatte und die mit einer Mischung aus Neugier und Scheu zu ihr hinsahen. Doch so wie bei den Kriegern spürte sie auch bei ihnen eine Veränderung. Noch am Morgen war es unverhohlene Feindseligkeit und Hass gewesen, der ihr entgegenschlug, jetzt war es. etwas anderes. Arri konnte nicht sagen, was. Was sie spürte, war alles andere als Freundlichkeit, aber auch nicht mehr dieser blanke Zorn. Da war eine Scheu, die es bisher nicht gegeben hatte und die sie im ersten Moment verwirrte, dann erschreckte, wie es der Ausdruck von Mitleid in den Augen des Mannes heute Morgen getan hatte. Irgendetwas war geschehen, während sie vergeblich auf den Hohepriester gewartet hatte.
    Die Menge folgte ihnen, als sie sich nach links wandten und den Hügel in Richtung des Heiligtums hinaufstiegen, und obwohl keinerlei Bedrohung oder Feindseligkeit mehr von ihr ausging, schlossen sich ihre vier Bewacher ein wenig enger um sie zusammen, und die Hände der Männer senkten sich auf ihre Waffen. Plötzlich war eine spürbare Spannung da, aber Arri begriff auch, dass sie nichts mit ihr zu tun hatte. Die Männer waren unruhig, aber aus einem

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