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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Grund, der ihr unbekannt blieb.
    Jetzt, im hellen Licht des Tages betrachtet, hatte das Heiligtum oben auf der Hügelkuppe seine unheimliche Ausstrahlung verloren. Es wirkte immer noch beeindruckend, aber nur noch durch seine schiere Größe; Arri konnte sich nicht erinnern, jemals ein von Menschenhand geschaffenes Gebilde solchen Ausmaßes gesehen zu haben. Darüber hinaus war die Hügelkuppe nicht mehr leer wie am Morgen, denn die Einwohner des Dorfes hatten Nors Befehl Folge geleistet und sich außer- aber auch innerhalb des Heiligtums versammelt. Ihre Anzahl überraschte Arri. So groß das Langhaus unten auch sein mochte, war es doch letzten Endes nur ein einzelnes Haus. Die Menge, die Arri nun erblickte, hätte unmöglich darin Platz gefunden, ganz gleich, wie sehr sich die Menschen auch zusammengedrängt hätten. Heute Morgen waren entweder nicht alle Dorfbewohner da gewesen, oder Nor hatte Boten in die umliegenden Dörfer geschickt, um noch mehr Zuschauer herbeizurufen.
    Auch die Menschen hier benahmen sich. seltsam, dachte Arri verstört. Wie am Morgen wichen sie nur zögernd zur Seite und bildeten eine Gasse, die gerade breit genug für sie und ihre Bewacher war, was aber einfach nur an ihrer großen Anzahl lag. Was Arri jetzt in den meisten Gesichtern las, das war zum allergrößten Teil nur noch Neugier und vielleicht eine gewisse Anspannung, aber kaum noch Feindseligkeit. Was war hier geschehen?
    Sie verscheuchte den Gedanken - nur ein weiteres Rätsel, das sie vielleicht nie lösen würde, und im Grunde wollte sie es auch gar nicht, denn die allermeisten Rätsel, auf die sie bisher gestoßen war, hatten sich am Schluss als ziemlich unangenehme Überraschungen entpuppt - und versuchte stattdessen, sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren, als sie einen der Durchlässe in dem riesigen Palisadenzaun durchschritten. Das Innere von Goseg entpuppte sich jedoch als ebenso große Enttäuschung wie sein Äußeres, wenn nicht als noch größere. Es existierte praktisch nicht. Der gewaltige Zaun aus zugespitzten Baumstämmen umschloss nichts anderes als einen runden Platz, der bis auf einen eher bescheiden wirkenden steinernen Altar in seiner Mitte vollkommen leer war. Das Innere des Heiligtums wirkte so schmucklos und einfach, dass Arri im ersten Moment regelrecht verwirrt war. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte - im Grunde gar nichts, zumindest hatte sie keinerlei feste Vorstellung gehabt -, doch das Heiligtum von Goseg war überall im Lande berühmt, und so hatte sie ganz unwillkürlich angenommen, mit etwas Großem und Beeindruckendem und wahrscheinlich sogar Furchteinflößendem konfrontiert zu werden - und ganz gewiss nicht mit einem Kreis aus Baumstämmen, der es an Größe nicht einmal mit einem mittleren Dorf aufnehmen konnte.
    Die Anlage war nicht einmal besonders kunstfertig erbaut. Die einzelnen Stämme waren zwar präzise ausgerichtet und von ihrer Rinde befreit und allesamt von exakt gleicher Größe und gleichem Durchmesser, dafür aber eher schlampig mit dicken Tauen zusammengebunden, und hier und da entdeckte Arri auch einen Stützpfeiler, der sich von innen schräg gegen die hölzerne Wand lehnte, wie um sie am Umfallen zu hindern. In einigen wenigen der näher gelegenen Stämme entdeckte sie grobe Schnitzereien, die meisten aber waren unberührt, und man sah ihnen an, dass sie Wind und Wetter und dem Eis und Schnee des Winters seit vielen Jahren ungeschützt ausgeliefert gewesen waren.
    Und das sollte ein Heiligtum sein?, fragte sich Arri verwirrt. Wenn ja, welche Götter beteten Nor und seine Priester dann hier an? Die Götter des verfaulenden Holzes oder der Borkenkäfer und Holzwürmer?
    Einer ihrer Begleiter bedeutete ihr mit einer unruhigen Geste weiterzugehen, und Arri beeilte sich, dem Befehl nachzukommen. Nor, Sarn und eine überraschend große Anzahl weiterer Priester und Schamanen, die Arri an ihrer bunten Kleidung und dem farbenfrohen Kopfschmuck erkannte, befanden sich in der Nähe des Altarsteines. Sie erkannte auch Rahn bei ihnen, und auf den zweiten Blick zu ihrer Überraschung (und Beunruhigung) auch Kron und den blinden Schmied. Zwei brennende Fackeln waren rechts und links des Altars in den weichen Boden gerammt worden, und eine Anzahl junger Frauen in gleichartigen, für die kalte Witterung aber viel zu dünnen Kleidern trugen emsig Feuerholz und Schalen mit Obst, Fleisch und anderen Opfergaben herbei, die sie ebenfalls beiderseits des Altarsteines abstellten, bevor sie

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