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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das vertraute Halbdunkel hineintrat, in dem sie die zurückliegenden Tage verbracht hatte und das mit einem Mal nichts Erschreckendes mehr zu haben schien, sondern ganz im Gegenteil fast zu einem Freund geworden war, hatte sie das Gefühl, wieder denken zu können; fast als hätte die Zeit für einen Moment angehalten.
    Was war das gewesen? Arris Herz klopfte. Ihre Hände und Knie zitterten so stark, dass sie sich gegen die Wand lehnen und einen Moment später zu Boden sinken lassen musste, und dennoch war sie weit mehr durcheinander als wirklich verängstigt. Nichts von alledem, was sie gerade erlebt hatte, erschien irgendeinen Sinn zu ergeben! Wenn es ihr Tod war, den Nor wollte, dann hätte er sich wahrlich nicht die Mühe machen müssen, das ganze Dorf zusammenzurufen, um seinen Untertanen ein so sorgsam einstudiertes Stück vorzuspielen. Er hätte ihn einfach befehlen können, ohne einen Grund, ohne dass irgendjemand eine Frage gestellt oder ihr auch nur eine Träne nachgeweint hätte. Lange, endlos lange, kreisten Arris Gedanken um diese eine Frage, und auch wenn sie keine Antwort darauf fand, so spürte sie doch tief in sich, dass Nor einen Grund für all das gehabt hatte und dass dieser Grund Anlass genug für sie war, sich noch größere Sorgen zu machen.
    Warum hatte ihre Mutter sie nur im Stich gelassen? Warum kam sie nicht endlich, um sie zu retten?
    Arris Gedanken kehrten erst in die Wirklichkeit zurück, als sie das Scharren des Riegels hörte. Mit einem Ruck hob sie den Kopf und kniff gleich darauf geblendet die Augen zusammen, als die Tür geöffnet wurde und eine Gestalt eintrat, die sie im ersten Augenblick nur als Schatten erkennen konnte. Erst als die schwere Holztür das Sonnenlicht wieder aussperrte, sah sie, dass es nicht ihre Bewacher waren, die ihr etwas zu essen oder Wasser brachten, sondern Rahn.
    Ihr Gesicht verfinsterte sich. »Welch ein überraschender Besuch«, sagte sie böse. »Hat Nor dich geschickt, um mich noch ein bisschen auszuhorchen?«
    Sie war selbst ein wenig überrascht über den nicht nur festen, sondern auch eindeutig herausfordernden Ton ihrer Stimme, aber Rahn schüttelte nur ärgerlich den Kopf und antwortete scharf: »Nor weiß nicht, dass ich hier bin. Er wäre wahrscheinlich auch nicht besonders begeistert, würde er es erfahren. Wenn du dich also für irgendetwas an mir rächen willst, dann brauchst du es ihm nur zu sagen. Er ist bereits auf dem Weg hierher, nehme ich an.«
    »Warum bist du dann gekommen?« Arris Stimme klang jetzt schon nicht mehr ganz so fest und hatte jede Spur von Herausforderung verloren. Da war etwas in Rahns Worten, was ihr Angst machte.
    »Um dich zu warnen und dich vielleicht doch noch zur Vernunft zu bringen«, antwortete Rahn. »Nor meint es ernst. Hast du das immer noch nicht begriffen?«
    »Womit? Damit, dass er sich Sorgen um mein Wohlergehen macht?« Arri schnaubte abfällig. »Mach dich nicht lächerlich!«
    »Dein Wohlergehen ist Nor ebenso gleichgültig wie das eines jeden anderen hier«, antwortete Rahn. »Er braucht dich, begreifst du das denn nicht?«
    »Mich?« Arri riss ungläubig die Augen auf.
    »Viel mehr noch als dich brauchte er deine Mutter, ihr Zauberschwert und vor allem ihr geheimes Wissen«, sagte Rahn. »Doch wenn er sie nicht bekommen kann, dann wird er sich auch mit dir zufrieden geben.« Er machte eine heftige Geste, die Arri im Halbdunkel der Kammer mehr erahnte als wirklich sah. »Wenn du am Leben bleiben willst, Arri, dann wirst du tun, was er von dir verlangt!«
    »Und was wäre das?«, gab Arri zurück.
    »Schwöre deinen Göttern ab!«, antwortete Rahn. »Sag dich von ihnen los und von der schwarzen Zauberkunst deiner Mutter. Liefere dich Nors Gnade aus und lass zu, dass dich Jamu zur Frau nimmt, dann wirst du am Leben bleiben.«
    Arri ächzte. »Jamu! Du weißt nicht, was du da redest!«
    »Ich fürchte, es ist genau umgekehrt, und du weißt nicht, wovon ich spreche.« Rahns Stimme wurde fast beschwörend.
    »Das ist jetzt kein Spiel mehr, Arri. Es geht um dein Leben. Begreift das endlich!«
    »Ein Leben als. Jamus Weib?« Arri schüttelte heftig den Kopf und versuchte, einen spöttischen Unterton in ihre Stimme zu legen. Es blieb bei dem Versuch. »Ich weiß nicht, was schlimmer ist: der Tod oder die Vorstellung, mein Lager mit diesem. Dummkopf zu teilen.«
    »Du hast Recht«, sagte Rahn. »Jamu ist ein Dummkopf. Er ist brutal, und er wird dich schlagen und schlecht behandeln und erniedrigen, wo immer er

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