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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie es nicht vor Angst tun. Und schon gar nicht vor ihm.
    »Was starrst du mich so an, Hexenkind?«, fragte Jamu, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Vermutlich sah man sie ihr sehr deutlich an.
    »Ich versuche dich zu verzaubern«, antwortete Arri böse. »Immerhin ist es mir schon einmal gelungen, oder etwa nicht? Ich meine: Es muss doch so gewesen sein - es sei denn, du hättest tatsächlich Angst vor einem Mädchen mit einem Steinmesser gehabt.«
    Jamus Augen wurden schmal, aber er sagte nichts, und Arri konnte es sich einfach nicht verkneifen, in noch höhnischerem Ton hinzuzufügen: »Oder warum sonst bist du deiner Aufgabe als Beschützer des Hohepriesters so schlecht nachgekommen?«
    Diesmal war sie fast sicher, dass Jamu sie schlagen würde. Er drehte tatsächlich den Oberkörper ein wenig zur Seite, wie um auszuholen, brach die Bewegung dann aber wieder ab und schüttelte stattdessen mit einem breiten, bösen Lächeln den Kopf. »O nein. Ich weiß, was du vorhast. Aber du wirst mich nicht dazu bringen, dich gleich hier auf der Stelle zu erschlagen. So einfach mache ich es dir nicht.«
    Seine Worte ließen Arri einen eisigen Schauer über den Rücken laufen, denn sie passten nur zu gut dem, was sie zuvor gedacht hatte, aber sie gab sich alle Mühe, ihre Furcht zu überspielen, und antwortete stattdessen mit einer Stimme, deren Ruhe und Gefasstheit sie beinahe selbst in Erstaunen versetzte: »Oder hast du vielleicht Angst, dir könnte etwas entschlüpfen, was in die falschen Ohren gerät?«
    Jamu sah sie ehrlich verblüfft an, aber dann lachte er und trat rückwärts gehend zwei Schritte aus Arris Gefängnis hinaus, wo er stehen blieb und sich mit übertriebenen Gebärden nach rechts und links umsah. »Wer sollte uns hören? Es ist niemand da.«
    »Du bist allein gekommen?«, entfuhr es Arri überrascht.
    Jamu hob geringschätzig die Schultern. »Ich mag vielleicht bei der Aufgabe versagt haben, meinen Herrn zu beschützen, aber mit einem vorlauten Balg werde ich immer noch fertig.«
    »Und du hast wirklich keine Angst vor meinem Hexenkräften, die dich schon einmal verzaubert haben?«, erwiderte Arri.
    Jamus Grinsen wurde noch böser. »Du hast keine Macht mehr über uns. Sarn hat mit den Göttern gesprochen, und sie haben ihm die Kraft verliehen, deinen bösen Zauber zu brechen.«
    »Und deshalb bist du allein gekommen«, nickte Arri. »Nicht etwa um sicherzugehen, dass ich auch ja mit niemandem über etwas rede, was besser keiner hören sollte.«
    »Wer würde dir schon glauben?«, gab Jamu mit unerwarteter Offenheit zurück und schüttelte den Kopf.
    »Niemand«, antwortete Arri. »Aber trotzdem. du weißt, wie die Leute sind. Sie hören die Worte und glauben sie vielleicht nicht, aber sie behalten sie im Gedächtnis, und vor allem, sie reden darüber. Gerüchte entstehen schnell, und manchmal sind sie sehr hartnäckig. Vor allem, wenn sie wahr sind.«
    »Rede du nur.« Jamu lächelte unerschütterlich weiter, aber Arri erschien dieses Lächeln mit einem Mal etwas zu sicher. Möglicherweise hatte sie einen wunden Punkt getroffen, und möglicherweise war es nicht besonders klug gewesen. Jamu mochte ein schlechter Mensch sein, tückisch und voller Bosheit, aber ebenso wie Sarn war er nicht dumm. Mit ihrer Vermutung, warum er allein gekommen war, um sie abzuholen, musste sie der Wahrheit ziemlich nahe gekommen sein, und sie konnte regelrecht sehen, wie es hinter seinen buschigen Augenbrauen zu arbeiten begann. Vielleicht erinnerte er sich ja an Sarns Drohung von gestern Mittag, ihr die Zunge herausschneiden zu lassen.
    Arri ging langsam auf ihn zu und fuhr dabei schnell, aber nicht hastig, fort. »Wenn wir wirklich allein sind und niemand uns hören kann, Jamu, beantwortest du mir dann eine Frage?«
    »Welche?« Jamu blickte schon wieder misstrauisch, aber sie konnte auch sehen, wie ihm ein gewisser anderer Gedanke entglitt. Er war vielleicht nicht dumm, aber auch nicht sonderlich klug.
    »Was hat Sarn dir versprochen, damit du mithilfst, Nor umzubringen? Sasa? Einen Platz an seiner Seite? Oder die Macht über einen Teil des Landes?«
    »Vielleicht ein wenig von allem«, antwortete Jamu. »Und wer weiß? Vielleicht irgendwann alles.«
    Arri war so verblüfft, dass sie innehielt und den Krieger einfach nur aus großen Augen anstarrte. Jamu konnte doch nicht wirklich glauben, dass er irgendwann.
    Aber ein einziger Blick in seine Augen beantwortete ihre Frage. Er glaubte es. »Du bist verrückt«, murmelte

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