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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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immer, wenn jemand über die untergegangene Heimat ihrer Mutter sprach, verspürte sie einen dumpfen Schmerz, gepaart mit einem völlig widersinnigen Gefühl von Verlust. Das sollte nicht so sein. Sie kannte diese untergegangene Welt nur aus den Erzählungen ihrer Mutter, und sie hatte längst begriffen, dass das, wovon Lea berichtete, wohl nicht die wirkliche Welt gewesen war, an die sie sich erinnerte, sondern nur das, woran sie sich erinnern wollte: ein in Gold gegossenes und poliertes Abbild einer Welt, die in Wahrheit bestimmt ebenso viele Schattenseiten gehabt und Schrecken gekannt hatte wie diese hier. Dennoch war es so, und es schien sogar schlimmer zu werden, statt besser; als fühlte sich ein Teil von ihr verpflichtet, stellvertretend für ihre Mutter zu trauern. Aber sie machte keine entsprechende Bemerkung, sondern tröstete sich mit dem Gedanken, dass Dragosz genau wie sie einfach nur plapperte, um überhaupt etwas zu sagen und die Stille auf diese Weise nicht übermächtig werden zu lassen.
    Schließlich ertrugen sie es beide nicht mehr, wandten sich wie auf ein gemeinsames, unhörbares Kommando hin um und gingen zum Hohlweg zurück.
    Lea und das Pferd hatten mittlerweile gut die Hälfte der Strecke zurückgelegt, was Arianrhod zwar mit Erleichterung bemerkte, ihr aber auch gleichzeitig sagte, dass es noch viel mühsamer für ihre Mutter sein musste, die widerstrebende Stute zu führen, als es vorhin mit Nachtwind der Fall gewesen war. Obwohl Dragosz und sie sich alle Mühe gaben, nicht den geringsten Laut zu verursachen, und Lea weiter rückwärts ging und nicht zu ihnen herabsah, spürte Arianrhod, dass sie von ihrer Anwesenheit wusste, aber sie verzichtete darauf, sie abermals zu verjagen. Unendlich langsam und Schritt für Schritt und dabei ununterbrochen mit leiser, beruhigender Stimme auf das Tier einredend, führte sie Sturmwind nach unten.
    Auf dem allerletzten Stück wäre es beinahe doch noch zu einem Unglück gekommen. Es war Lea, die ausglitt und den Halt verlor, nicht die Stute. Sie stolperte, drohte zu stürzen und beging den Fehler, sich nun ihrerseits an Sturmwinds Zaumzeug festzuhalten. Das Tier stieß ein erschrockenes Wiehern aus und machte einen gewaltigen Satz, mit dem es das letzte Stück des abschüssigen Weges überwand und so nahe an ihnen vorbeijagte, dass Arianrhod einen fast entsetzten Schritt zur Seite machte, um nicht niedergetrampelt zu werden. Ihre Mutter fiel auf den Rücken, schlitterte dieselbe Strecke, die das Pferd gerade mit einem Sprung zurückgelegt hatte, fluchend und hilflos mit den Armen rudernd herab und blieb schließlich benommen liegen.
    Mit einem einzigen Satz war Arianrhod bei ihr und fiel auf die Knie. »Ist dir etwas passiert?«, keuchte sie erschrocken.
    Ihre Mutter blinzelte benommen zu ihr hoch, arbeitete sich dann ächzend in eine halbwegs sitzende Position und machte eine unwillige Geste, als Arianrhod die Hände nach ihr ausstreckte. »Geh und sieh nach Sturmwind.«
    »Aber.«, begann Arianrhod.
    »Tu, was ich dir sage, und kümmere dich nicht um mich!«, fiel ihr ihre Mutter ins Wort.
    »Deine Tochter macht sich doch nur Sorgen um dich«, sagte Dragosz.
    Arianrhod war nicht einmal sicher, ob sie sich über diese Schützenhilfe von unerwarteter Seite freuen sollte, aber zumindest zog Dragosz damit nun den Unmut ihrer Mutter auf sich, der sich sonst wahrscheinlich über ihr entladen hätte. »Ich kann schon selbst auf mich aufpassen«, fauchte sie. »Ein paar Kratzer bringen mich nicht um, aber wenn wir die Pferde verlieren, dann ist es aus! Also seht gefälligst nach Sturmwind!«
    Dragosz war klug genug, nicht mehr darauf zu antworten, und auch Arianrhod stand hastig auf und zog sich ein paar Schritte rückwärts gehend zurück. Als sie sah, wie Lea sich umständlich in die Höhe zu stemmen begann, wandte sie sich hastig um und lief zu Dragosz hin, der mittlerweile bei Sturmwind angelangt war und mit besorgtem Gesichtsausdruck ihre Fesseln abtastete. Fast zu Arianrhods Verwunderung ließ die Stute es geschehen, auch wenn ihre Blicke misstrauisch jeder Bewegung des Menschen folgten, der da so ungeschickt an ihr herumtastete, und Arianrhod wäre nicht weiter erstaunt gewesen wäre, hätte sie überraschend nach ihm gebissen.
    »Und?«, fragte sie, als sie neben Dragosz angekommen war. »Wie sieht es aus?«
    »Hm«, brummelte Dragosz.
    Arianrhod zog fragend die Augenbrauen zusammen. »Weißt du überhaupt, was du da tust?«, erkundigte sie

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