Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Augenblick einen warnenden Blick von Rahn auf und beherrschte sich. »Sie wollten mich umbringen«, sagte sie knapp, »und meine Mutter und Dragosz haben mich befreit.«
    Die weißen Kugeln, die Achk anstelle von Augen hatte, starrten sie einen Moment lang fassungslos an. »Und das. ist alles?«
    »Das ist alles«, bestätigte Arianrhod. Achk wollte auffahren, aber Kron versetzte ihm einen derben Knuff gegen die Schulter. »Sie will nicht darüber reden! Verstehst du das denn nicht, du alter Dummkopf?«, raunzte Kron ihn an.
    »Aber sie ist es uns schuldig«, jammerte Achk. »Sie hat an unserem Feuer gesessen und unser Essen gegessen! Jetzt muss sie uns von ihren Abenteuern erzählen!«
    »Halt endlich den Mund, du dummer Krüppel!«, versetzte Kron. Achk japste nach Luft, als hätte er einen Hieb in den Leib bekommen, und versuchte nach Kron zu schlagen, verfehlte ihn aber natürlich, und Kron versetzte ihm einen zweiten, noch derberen Schubs, der den Alten fast aus dem Gleichgewicht gebracht hätte.
    Arianrhod unterdrückte ein Grinsen, während sie den beiden Streithähnen zusah. Ein Krüppel, der den anderen als Krüppel beschimpfte, das erschien ihr ziemlich verrückt, aber sie spürte zugleich natürlich auch, dass der Streit nicht ernst gemeint war. Viel mehr war es wohl die Art dieser beiden Männer, mit dem schweren Schicksal fertig zu werden, das sie ereilt hatte. Und sie konnte Achk auch fast verstehen. Der Blinde lebte in einer Welt, die nur aus Gerüchen und Geräuschen bestand, und vor allem aus Worten. Für ihn waren Geschichten viel mehr als für alle anderen. Sie waren nahezu alles, was ihm das Leben noch zu bieten hatte. Später, wenn das alles hier vorbei war, und wenn die Bilder in ihrem Kopf weit genug verblasst wären, um nicht mehr nur durch ihre bloße Anwesenheit wehzutun, würde sie ihm vielleicht erzählen, was an diesem Morgen wirklich geschehen war. Vielleicht.
    Sie spürte Rahns durchdringenden Blick. Der Fischer lächelte, während er sie ansah, aber da war auch noch mehr in seinen Augen. Etwas, das sie an die Art erinnerte, auf die er sie vorhin angesehen hatte, drüben am Waldrand, als er über Dragosz und seine Freunde sprach.
    »Was bedrückt dich?«, fragte sie geradeheraus.
    Rahn wirkte nicht im Geringsten überrascht, dass sie ihm seine Gefühle so deutlich ansah. Vielleicht hatte er sie nur auf diese bestimmte Art angeblickt, damit sie die Frage stellte. »Nichts«, behauptete er. »Vielleicht bedauere ich nur ein wenig, dass es so lange gedauert hat, bis ich dich richtig kennen gelernt habe.« Und du mich. Das sprach er nicht laut aus, aber irgendwie hörte Arianrhod es trotzdem.
    »Dafür bleibt uns ja jetzt noch genug Zeit«, antwortete sie, aber Rahns Reaktion fiel vollkommen anders aus, als sie erwartet hätte. Statt zu nicken, eine entsprechende Bemerkung zu machen oder gar nichts zu tun, fuhr er fast unmerklich zusammen und warf dann einem verstohlenen Blick zu Achk und dem Einarmigen hin, wie um sicherzugehen, dass sie ihn auch nicht belauschten. Die beiden Männer waren jedoch so sehr in ihr albernes Gezänk vertieft, dass sie rein gar nichts mehr von dem wahrzunehmen schienen, was rings um sie herum vorging. Rahn setzte dazu an, etwas zu sagen, besann sich dann aber eines Besseren und erhob sich. Er forderte Arianrhod nicht auf, ihm zu folgen, als er mit gemächlichen Schritten davonschlenderte, aber sie spürte, dass er es irgendwie von ihr erwartete, und so folgte sie ihm; auch, wenn es ihr tatsächlich schwer fiel, sich hochzustemmen.
    »Also?«, fragte sie direkt, als sie aus der Hörweite der beiden anderen heraus waren.
    »Was?«, erkundigte sich Rahn.
    Arianrhod machte ein ärgerliches Gesicht. »Du wolltest mir doch irgendetwas sagen«, sagte sie. »Lass mich raten: etwas, das Kron und Achk nicht hören sollen.«
    Rahn zögerte noch einmal unmerklich, dann jedoch seufzte er und sagte: »Ja - auch wenn ich eigentlich sicher bin, dass sie es schon wissen. Achk ist vielleicht blind, aber nicht dumm. Und er hat gute Ohren.«
    »Und was?«, fragte Arianrhod. Sie hatte das Gefühl, die Antwort bereits zu kennen, und gestand sich ein, dass sie diese Frage im Grunde nur stellte, weil da immer noch die widersinnige Hoffnung in ihr war, er könnte etwas anderes sagen.
    Er tat es nicht. Stattdessen ging er noch ein paar Schritte, bis sie die Stelle erreicht hatten, in der der ebene Boden der Lichtung in die steil ansteigende Wand des Tales überging. »Wir werden nicht

Weitere Kostenlose Bücher