Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
letzter Kraft an ihn klammerte, und versetzte ihm einen brutalen Tritt, als der andere nicht loslassen wollte. Der Mann torkelte beiseite, machte eine unmögliche Kehrtwende – und war plötzlich wieder bei ihm. Mit einem würgenden Laut packte er sich die scharf geschliffene Schwertklinge, und bevor Lexz auch nur im Entferntesten begriff, was er vorhaben mochte, drehte er sie herum.
Lexz spürte, wie ihm der Schwertgriff aus den Fingern gedreht wurde. Der Mann umklammerte die Klinge mit beiden Händen, Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Mit wahren Bärenkräften entwand er Lexz nun endgültig das Schwert. Lexz glaubte zu sehen, wie ihm dabei ein Daumen abgetrennt wurde. Der Kerl ließ sich davon jedoch nicht abhalten und torkelte mit einem gleichermaßen schrecklichen wie triumphierenden Laut samt Schwert davon. Erst nach ein paar Schritten bäumte er sich, immer noch das Schwert umklammernd, wie in einem letzten Triumph auf, dann quoll blutiger Schaum aus seinem Mund und er brach zusammen.
Lexz wollte ihm schon nachsetzen, aber da war bereits der nächste wütende und zähnefletschende Angreifer herangekommen. Lexz duckte sich gerade noch rechtzeitig. Die Keule, mit der ihm der in ein zerrissenes Fell Gekleidete das Gesicht zerschmettern wollte, fuhr mit einem hässlichen Geräusch neben seiner Schulter in die Zweige eines Baumes und rasierte sie ab.
Lexz kam dem zweiten Angriff des Mannes zuvor, indem er auf ihn zusprang und die Hände in sein verfilztes Haar krallte, um seinen Kopf nach vorn zu reißen. Im nächsten Augenblick krachte sein Knie mit solcher Gewalt in das Gesicht des Angreifers, dass er hören konnte, wie irgendetwas darin zerbrach. Der Kerl rang noch einmal mit einem fast komisch klingenden Laut nach Luft, verdrehte dann die Augen und fiel schließlich stocksteif nach hinten.
Lexz achtete gar nicht auf ihn. Seine Gedanken galten Isana, der er unbedingt zu Hilfe eilen musste. Aber er kam nicht weit. Mit einem Aufschrei taumelte er herum – und spürte einen Treffer in den Kniekehlen, der ihn vorwärtstaumeln ließ. Etwas streifte seine Schulter und machte aus seinem noch halbwegs kontrollierten Sturz einen Schlag, der ihn mit solcher Wucht auf den weichen Waldboden schmetterte, dass sich sein gellender Aufschrei in ein halb ersticktes Keuchen verwandelte, während ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Schmerz flackerte wie eine Folge kleiner gelber Blitze über seine Augen und ließ ihn fast blind werden. Im letzten Moment warf er sich noch herum, um dem vernichtenden Sturz die allerschlimmste Wucht zu nehmen.
Es war aber dennoch so schlimm, dass er beinahe das Bewusstsein verloren hätte. Hilflos rollte er über den Waldboden, der nicht nur mit weichem Laub, sondern auch mit spitzen Steinen und gefährlich zerbrochenen Ästen übersät war, überschlug sich drei-, vier- oder fünfmal, und wäre vermutlich noch weitergerollt, hätte nicht ein dorniger Busch seiner Schlitterpartie ein unsanftes Ende bereitet. Etwas schrammte über sein Gesicht und hinterließ eine dünne nasse Linie, die schon im nächsten Augenblick heftig brannte. Und abermals zuckten grelle Schmerzblitze über sein Blickfeld und hinterließen eine Spur aus wattiger Schwärze, die er vergeblich wegzublinzeln versuchte.
Als sich seine Sinne wieder klärten, war er allein. Die Höhlenmenschen waren verschwunden, und mit ihnen Isana. Das durfte doch alles nicht wahr sein! So sollte die Begegnung mit seiner Jugendliebe auf keinen Fall enden!
Erst nach dem dritten oder vierten Anlauf gelang es ihm, zitternd aufzustehen und einen Schritt zu machen. Er fühlte sich jedoch noch immer benommen und konnte nur schwankend auf den Beinen bleiben.
Was hast du getan, Lexz?, glaubte er die Stimme des Schamanen zu hören. Sie klang traurig, enttäuscht, doch es schwang auch etwas wie kaltes Entsetzen darin mit. Jetzt wird alles noch viel schlimmer. Ihr werdet ums nackte Überleben kämpfen müssen, du und deine Gefährten. Und am Ende, wenn ihr verwirrt und entkräftet seid, wird alles verloren sein – wenn du dich nicht endlich zusammenreißt!
Lexz stöhnte auf und hämmerte sich mit den blutverschmierten Fäusten gegen die Schläfen. Der Schmerz sollte ihn eigentlich zur Besinnung bringen. Aber er tat es nicht.
Das ist die Strafe dafür, dass du so unüberlegt gehandelt hast. Und vergiss niemals – aber auch wirklich niemals –, dass es etwas Wichtigeres gibt als diese Frau!
Etwas Wichtigeres? Lexz reckte sich,
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