Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
plötzlich einer Horde keulenschwingender Barbaren gegenüberstand.
Daran dachte Lexz, während er weiterstolperte. Aber sein Gefühl sprach eine andere Sprache. Er dachte an Isana, daran, wie er sie geküsst, wie sie sich an ihn geschmiegt hatte, und wie sie sich auf eine Art und Weise ineinander verloren hatten, die er so noch nicht kennengelernt hatte. Er vermisste sie unendlich und hatte große Angst um sie. Er wagte sich gar nicht vorzustellen, was die Barbaren mit ihr vorhaben mochten.
Wenn er doch bloß seinem Herzen hätte folgen können, um weiter nach Isana zu suchen! Aber nach einem kurzen, heftigen Streit hatten ihm die beiden anderen klargemacht, dass sie ihm nicht noch einmal einen Alleingang verzeihen würden.
»Ich hoffe nur, dass wir uns nicht wieder verlaufen«, hatte Ekarna gesagt, bevor sie losgelaufen waren.
Ihre Sorge war berechtigt. Der Himmel über ihnen verdüsterte sich zusehends, und wenn sich Lexz nicht vollkommen täuschte, dann erwartete sie ein weiteres fürchterliches Unwetter. Vielleicht war das auch ganz gut, um die kleineren und größeren Brandherde endgültig zu ersticken, von denen jederzeit ein Flächenbrand auf den Wald übergreifen konnte.
Es nieselte, und gleichzeitig stieg ihm Brandgeruch in die Nase. Sie liefen in das Gebiet hinein, in dem das erste Unwetter gewütet hatte. Etwas von seiner alten Wut stieg wieder in Lexz hoch, aber diesmal war es anders. Dragosz spielte kaum noch eine Rolle für ihn. Er wollte einfach raus aus dem Wald und zurück zu seinem Vater, und er war sogar bereit, freiwillig alles über sich ergehen zu lassen, was der alten Geierkralle an Beschimpfungen einfallen mochte …
Hauptsache, er gestattete ihm anschließend, die Suche nach Isana wieder aufzunehmen …
Isana machte den Mund ein paarmal auf und zu. Es sah aus, als schnappe sie nach Luft. Erst als ihr Blick nach unten fiel, auf die Rinnsale, die beharrlich auf sie zugekrochen kamen und nun ihre Füße benetzten, presste sie die Lippen wieder aufeinander. Missmutig starrte sie auf den Erdboden und zog die Knie an den Körper. Das Prasseln des Regens hatte noch einmal zugenommen, der Boden der Hütte verwandelte sich langsam in etwas, das unangenehme Ähnlichkeit mit einem Schlammbad hatte. Unten an den Wänden begannen sich matschige Pfützen zu bilden, aus denen wie aus kleinen Bächen Wasser ins Innere nachströmte – als wäre das noch nötig gewesen, um die Hütte endgültig unbewohnbar zu machen.
Mit einem Ruck sah Isana wieder auf. »Ich … ich habe dich noch nie so reden hören. Woher hast du das bloß alles?«
»Von Dragosz.« Arri schüttelte den Kopf, wie um ihre eigenen Worte Lügen zu strafen. »Nein, nicht nur von Dragosz. Auch Lea hat mir schon einiges beigebracht. Vor allem aber, dass es für eine Frau klug ist zu verbergen, wenn man etwas vom Kämpfen versteht. Das könnte jetzt mein Vorteil sein.«
»Aber wenn du so viel vom Kämpfen verstehst«, sagte Isana, »dann verstehe ich nicht, warum du dich in dem Tal nicht gewehrt hast, als du Franwar und den anderen Jägern gegenübergestanden hast.« Als Arri sie aber nur verständnislos anstarrte, sagte sie: »Sie prahlen doch jeden Abend am Feuer davon, dass am Ende sie es waren, die deine Flucht verhindert haben – und nicht Taru.«
»Ich bin aber nicht geflohen«, widersprach Arri. »Taru und Rar haben mich entführt.«
»Das weiß ich doch«, antwortete Isana ungewöhnlich sanft. »Aber trotzdem: Warum hast du dich nicht gegen sie gewehrt? Sie behaupten, du wärest mit einer mannshohen Stange bewaffnet gewesen!«
Arri nickte. Ja. Sie erinnerte sich an die merkwürdige (allerdings nicht gerade mannshohe) Stange, und noch mehr an die missgestaltete Kreatur, der sie sie abgenommen hatte. Aber das war nicht das, was Isana wissen wollte.
»Was meinst du denn, hätte ich tun sollen?«, fragte sie. »Franwar mit der Stange den Schädel einschlagen und Ergh die Augen eindrücken? Oder hätte ich vielleicht Setar den Kehlkopf zerschmettern und versuchen sollen, Quoal mit einem Tritt in die Weichteile auszuschalten?« Sie schüttelte den Kopf. »Mal ganz abgesehen davon, dass sie kräftige, kampferprobte Männer sind, so sind sie doch nicht meine Feinde. Aber wenn ich wirklich versucht hätte, mich gegen sie zur Wehr zu setzen, dann hätte ich das auf eine ziemlich üble Art tun müssen. Und wozu? Damit dann vielleicht zwei von ihnen am Boden lägen und die anderen beiden mich zusammenschlügen – bis Taru und Rar
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