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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wahr?«
    Arri nickte widerwillig. »Der Gedanke liegt doch nahe.«
    »Da muss ich dich leider enttäuschen: Franwars Jagdgruppe war die vorerst letzte, die auf Geheiß des Ältestenrates die Wälder unsicher gemacht hat.« Isana rülpste erneut, steckte sich dann den Finger ins Ohr und ließ ihn so heftig vibrieren, als wolle sie sich mit aller Gewalt den Gehörgang erweitern. »Allerlei Volk treibt sich in den Wäldern herum. Du wirst es nicht glauben, aber die Jäger behaupten allen Ernstes, sie hätten mit Keulen bewaffnete Barbaren gesehen, die in Felle gekleidet waren statt Wickelröcke zu tragen. Ganz zu schweigen von den Kriegern aus Goseg, von denen eigentlich niemand weiß, warum sie hier sind. Deswegen müssen unsere Männer vorerst im Dorf bleiben.« Sie riss sich den Finger wieder aus dem Ohr, starrte ihn angeekelt an und wischte ihn dann an ihrem Rock ab. »Außerdem musst du dir doch gar keine Gedanken mehr machen, ob wir im nächsten Winter verhungern oder nicht.«
    Arri zuckte zusammen. »Was soll das heißen?«, fragte sie scharf.
    »Oh, entschuldige.« Über Isanas Gesicht lief ein Schatten ehrlicher Bestürzung. »So war das nicht gemeint. Ich wollte damit nicht sagen, dass du dann ohnehin schon tot sein wirst. Gewiss wird dir vorher die Flucht gelingen.«
    »Du glaubst doch selbst nicht daran«, fuhr Arri das Mädchen an. »Warum sagst du dann so was?«
    »Na, ich weiß ja nun mal wirklich nicht, ob dir die Flucht zusammen mit Kyrill gelingen wird«, antwortete Isana unglücklich. »Aber selbst, wenn du es nicht schaffen solltest: Ich vermute nicht, dass sie dich noch umbringen werden. Wirklich nicht. Sie haben irgendwas anderes mit dir vor.«
    »Ja, natürlich. Sie wollen mich in Goseg auf Blumen betten, oder mich zu ihrer Hohepriesterin weihen …« Arri brach ab, als ein weiterer Wassertropfen ihre Wange traf, und dann noch einer und noch einer, bis ein beständiges Trommeln und Platschen daraus wurde. Sie riss den Kopf so hastig nach oben, dass es in ihrem immer noch angegriffenen Genick knackte, und starrte hinauf. Die Hütte war mit Schilf gedeckt, diese Arbeit wahrscheinlich aber schnell und schlampig ausgeführt worden. Dragosz hatte die Hütten in aller Eile errichten lassen, als sie den von seinen ursprünglichen Siedlern verlassenen See entdeckt hatten. Damals waren sie froh gewesen, wenigstens ein Dach über dem Kopf zu haben, bevor sie mit dem Bau des Pfahldorfs beginnen konnten.
    Das rächte sich jetzt.
    »Du solltest dir vielleicht eine andere Stelle suchen«, bemerkte Isana scharfsinnig. »Wenn du da sitzen bleibst, wirst du noch ganz nass.«
    »Ob ich nun nass oder trocken bin, wenn sie mich unter Wasser drücken oder in Goseg auf dem Scheiterhaufen verbrennen – das bleibt sich doch nun wirklich gleich«, gab Arri trotzig zurück.
    »Fängst du schon wieder damit an?« Isana wirkte genervt. »Denk doch lieber an deinen Sohn. Wenn du erst mal an einer Lungenentzündung verreckt bist, wirst du auch nicht mehr mit ihm fliehen können!«
    Arri warf Isana einen finsteren Blick zu, rückte dann aber doch gehorsam ein Stück zur Seite. Nicht, dass es etwas genutzt hätte. Das Problem waren nicht die wenigen Tropfen, die ihr ins Gesicht fielen, sondern die vielen kleineren und größeren Rinnsale, die sich bereits zuvor schon durch die zahlreichen Schadstellen hindurch ihren Weg in die Hütte gebahnt hatten und diese gewiss mit in den See reißen mochten, wenn das so weiterging.
    »Erstaunlich, dass du auch mal auf mich hörst«, kommentierte Isana. »Dann kann ich mich ja wieder den wirklich wichtigen Dingen des Lebens widmen.« Sie nahm die Schale erneut hoch, deren Inhalt sie gerade lautstark in sich hineingeschlürft hatte. »Das kann man doch nicht verderben lassen.« Sie fuhr mit dem Zeigefinger in die Schale und steckte ihn sich anschließend in den Mund, um ihn genüsslich abzulecken.
    »Wie gut«, sagte sie. »Könnte eine Spur schärfer sein. Vielleicht noch etwas Blutkraut dran.«
    »Blutkraut?«, fragte Arri irritiert. »Was hat Blutkraut mit Kyrill zu tun?«
    Isana sah kurz auf. »Meine Mutter hat ihn auch kleiner Wiesenknopf genannt. Aber ich finde, Blutkraut klingt besser. Vor allem blutiger.«
    Sie nahm die Schale hoch und leckte sie aus. »Hier wächst kaum Blutkraut. Ist zu feucht. Aber dort, wo wir herkommen … da gibt es das.« Sie lächelte, doch es war kein Lächeln der Freude, es lag etwas anderes darin, ein Schatten der Bosheit, den Arri noch nie zuvor an ihr

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