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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unendlich vielen Sommern vielleicht einmal tatsächlich in ihm gewesen waren, schien inzwischen erloschen und etwas anderem Platz gemacht zu haben.
    »Das Grab des Stammesfürsten aus den alten eisigen Tagen«, murmelte er fast unverständlich. »Das Grab des Mannes, der vor unzähligen Generationen die furchtbare Krankheit aufhalten musste … die Toten in den Leichengruben zu entsorgen, war keine Lösung … aber er fand ein Kraut, das ihnen half, die Krankheit auszumerzen … das hat man ihm ins Grab beigelegt …« Lexz glaubte schon, dies sei alles, was der uralte Mann von sich gab. Doch dann richtete er sich in seinem Sessel noch einmal ein Stück weit auf und sagte erstaunlich kraftvoll: »Später, viel später siedelten hier andere. Sie fanden das Krähengrab inmitten des unvollendeten Steinkreises, den ihre Vorfahren nicht mehr fertigstellen konnten. Und irgendwann haben sie dann das alte und das neue Geheimwissen in einer Scheibe verewigt und sie an der gleichen Stelle aufbewahrt. In dem Steingrab des mächtigsten Stammesfürsten unserer Vorfahren …«
    Ein sabbernder Faden lief aus dem Mundwinkel des alten Mannes, dann sackte er regelrecht in sich zusammen. Sein nacktes Gesicht erschlaffte, ebenso wie seine Schultern, und seiner Brust entrang sich ein merkwürdig wimmernder Laut. Dabei rutschte etwas aus seinen verunstalteten, knorrigen Händen, das unter den Falten seines Gewands bislang verborgen gewesen war: eine Bronzescheibe, auf der es ganz ähnlich golden glänzte wie auf den Krügen, die Lexz zuvor bemerkt hatte.
    Mit einer erstaunlich schnellen Bewegung fischte Zakaan die Scheibe aus der Luft, bevor sie auf dem Boden aufschlagen konnte, und riss sie so hastig an sich, dass er ins Torkeln geriet und nach hinten stolperte. Wenn kein massives Bord hinter ihm gestanden hätte, wäre er wohl zu Boden gegangen. So übernahmen das die Gegenstände für ihn, die durch Zakaans Aufprall herunterfielen. Die meisten bestanden aus massiver Bronze, aber es waren auch zwei goldene Krüge mit dabei, die zu Boden fielen und in tausend Stücke zerbarsten.
    »Bei Wurgar!«, polterte Rar. »Kannst du nicht aufpassen? Wenn das Kenan und Furlar, der Töpfer, sehen, machen sie mich einen Kopf kürzer! Und dann …«
    Zakaan runzelte die Stirn und musterte Rar mit einem nicht einmal unfreundlichen, aber doch so durchdringenden Blick, dass der Schmiedejunge den Rest des Satzes vergaß, den er gerade hatte hervorsprudeln wollen, und stattdessen den Mund so weit aufsperrte, dass er als Nistplatz für einen Spatz hätte dienen können.
    »Du hast da eine wahre Meisterleistung vollbracht, in dem du das Runzelkraut unter den Schlingenpflanzen gefunden und ausgegraben hast, die das Grab zugewuchert hatten«, sagte Zakaan bedächtig. »Deswegen werde ich dir deine unklugen Worte verzeihen. Aber beim nächsten Mal sei etwas vorsichtiger in deiner Wortwahl, wenn du mit einem Schamanen sprichst, ja?«
    Mit den Füßen schob er ein paar Scherben zusammen und wäre um ein Haar wieder ins Taumeln geraten.
    Lexz hatte dafür keinen Blick. Er trat einen paar Schritte vor, auf den Schamanen zu, und streckte die Hand aus. »Das ist …«, begann er und brach dann wieder ab, um verwirrt den Kopf zu schütteln. »Ist das nicht …?«
    »Das ist … ist das nicht …?« Der Schamane schüttelte ungeduldig den Kopf. »Bist du irgendwo mit dem Kopf gegen etwas gerannt oder hast du deinen Verstand im Stollen gelassen? Drück dich gefälligst klar aus, wenn du etwas von mir willst!«
    Lexz ahnte, dass der Schamane sehr genau wusste, was er von ihm wollte. Das ging seinem Bruder wohl nicht anders.
    »Es stimmt«, sagte Abdurezak anstelle des Schamanen. »Dies ist die Himmelsscheibe.«
    »Die Himmelsscheibe«, wiederholte Lexz ungläubig.
    Für die Dauer vieler schwerer Herzschläge stand er einfach da und starrte das phantastische Gebilde an, das der Schamane in den Händen hielt. Er schien erfüllt von einem Gefühl zwischen Ehrfurcht und Staunen, aber es mochte auch ein wenig Furcht dabei gewesen sein. Das war fast unheimlich: Er wusste, dass diese Scheibe aus Bronze und Gold über ihrer aller Schicksal bestimmte, und er hatte geglaubt, dass es noch sehr lange dauern würde und sehr schwierig wäre, sie zu finden.
    Und jetzt hielt der Schamane sie dort so selbstverständlich in den Händen, als sei sie nur ein beliebiger Gegenstand. Das verunsicherte ihn. »Kann das wirklich die Himmelsscheibe sein, die wir alle so verzweifelt gesucht

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