Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
gerade hatte auf ihn zuspringen wollen. Ein scharfer Schmerz zuckte durch ihr Handgelenk und prellte ihr das Schwert fast aus der Hand.
Achte immer auf deine Waffe , hatte Dragosz ihr eingehämmert. Lass nie zu, dass man sie dir aus der Hand schlägt.
Der Rat war zwar gut, aber ihr eigener Überraschungs angriff so lächerlich, dass es dem schwarzen Krieger aus Goseg ein Leichtes war, sie zurückzutreiben. Mit ein paar kräftigen Hieben prügelte er sie durch den Dornenbusch.
Arri bekam das Schwert nicht schnell genug hoch und konnte es auch nicht rechtzeitig drehen, um mit ihrer Waffe richtig ausholen und den Vorteil des härteren Materials – aus dem ihre Klinge gefertigt war – ausspielen zu können. Larkar war nicht mehr an ihrer Seite, dafür stürmte der zweite langmähnige Krieger von der anderen Seite mit einem Aufschrei heran, schlug ein paar stachelbewehrte Zweige zur Seite und sprang auf sie zu …
Lexz war hoffnungslos verwirrt. Er begriff gar nicht, in welches schreckliche Schauspiel er da mit der toten Ekarna auf den Armen geplatzt war.
Unmittelbar am Bach, mit dem Kopf halb im Wasser, lag Dragosz’ Sohn Taru. Der Junge wimmerte leise, seine Brust war eine einzige klaffende Wunde, und so bedurfte es keiner besonderen Erfahrung, um zu erkennen, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Das war entsetzlich. Und trotzdem war es nicht einmal das, was Lexz so sehr erschreckte, dass er mitten im Schritt stehen blieb und das Gefühl hatte, eine unsichtbare Hand aus Eis griffe nach seinem Herzen und drücke es erbarmungslos zusammen.
Es war Isana, die mit einem Messer in der Hand neben Taru hockte. Nicht weit von ihr entfernt stand ein prächtig gekleideter Mann, und Lexz brauchte nicht lange zu überlegen, um zu begreifen, dass dies Amar sein musste, Nors Rivale um die Macht in Goseg.
Isana wandte sich zu ihm um. Sie war nah, und sie war genauso schön, wie er sie in Erinnerung hatte. Aber irgendetwas an ihrem Gesichtsausdruck erschreckte ihn mehr als ihr offensichtlich mitgenommener Zustand. Ihre Kleidung hing in Fetzen, das Gesicht war zerkratzt, zerschrammt und zerschlagen, doch in ihren Augen lag ein Glanz, der mehr zu einem kalten Triumph passte als zu einer Frau, die ihren Liebsten unerwartet wiedersieht.
»Lexz«, sagte sie überrascht. »Warte. Ich muss dies hier nur noch zu Ende bringen.«
Sie setzte die Klinge an Tarus Kehle an und zog sie mit einer einzigen kraftvollen Bewegung durch, so wie man ein Tier schächtet. Taru stieß einen schrecklich erstickten Laut aus, seine rechte Hand kam noch einmal hoch und wollte Isanas Handgelenk packen, vielleicht, um ihr in einem tödlichen Reflex das Messer zu entwinden und sie im Todeskampf noch niederzustechen.
Isana streifte seine Hand jedoch mühelos ab, erhob sich und trat einen Schritt zur Seite. Tarus Hand fiel zurück, dann bäumte er sich ein letztes Mal auf und erbrach Blut.
Lexz stöhnte entsetzt auf. Seine Arme zitterten so, dass er Ekarna kaum noch festhalten konnte, während sein Herz immer rascher hämmerte. Er bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Amar sein Schwert zog und die Krieger herumfuhren und hinter ihm wegstürmten, einem Angreifer entgegen, den Lexz von seinem Standort aus nicht sehen konnte.
Lexz schwankte. Ekarna drohte ihm aus den Armen zu gleiten, und er musste in die Hocke gehen und sie ablegen, damit sie ihm nicht aus den Händen rutschte. Dabei war er nicht einmal in der Lage, auf die Gefahr zu antworten, die ihm durch das heftig einsetzende Kampfgeschehen zu seiner Linken drohte. Ebenso wenig war es ihm möglich, seinen Blick von Taru zu lösen. Dessen Augen waren leer, aber er glaubte dennoch einen wortlosen Vorwurf in seinen erloschenen Pupillen zu lesen.
»Warum hast das getan?«, fragte Lexz fassungslos.
Isana starrte erst auf das Messer mit der blutroten Klinge in ihrer Hand, und dann auf den Toten zu ihren Füßen. »Das war ich nicht«, sagte sie leise und auf eine entrückte Art. »Oder jedenfalls nicht ganz . Ich habe nur vollendet, was der Hohepriester begann.«
Wenn du verlierst, dann tue etwas, das deinen Gegner verwirrt.
Auch das war ein guter Rat von Dragosz. Und sie beherzigte ihn. Statt sich umzudrehen und ihr Heil in der Flucht zu suchen, sprang sie mitten hinein in die Lücke zwischen den beiden langhaarigen Kriegern.
Dort war das Dornengebüsch am dichtesten. Ob dies Glück oder Pech sein mochte, war eine Frage der Einstellung.
Ihr Schwert fuhr in die Hecke, als wäre diese ein gefährlicher
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