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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einer ärgerlichen Handbewegung die Entgegnung ab, die ihm sichtbar auf der Zunge gelegen hatte. Und das Ende des Stricks, das immer noch an ihrem Handgelenk hing, fuhr wie eine Peitsche an seinem Gesicht vorbei, »und auch über sonst nichts. Ich will nur hier weg.«
    Larkar nickte. »Ja, ich will hier auch weg. Doch vorher muss ich noch ein paar Dinge wissen.«
    »Aber warum?«
    »Warum?« Taru wäre in einer Situation wie dieser vor Wut explodiert, aber Larkar verhielt sich da ganz anders. Eher wirkte er traurig. »Du hast keine Ahnung davon, was wir hinter uns haben, oder?«
    Arri zuckte mit den Achseln. »Nein.«
    »Und erst recht weißt du nicht, was vor uns liegt.« Larkar nickte, ohne eine Bestätigung von ihr abzuwarten. »Die Vergangenheit und die Zukunft sind miteinander verwoben. Und dabei spielt Surkija eine große Rolle.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen«, sagte Arri, und plötzlich sah sie das Bild ihrer Mutter vor sich.
    Lea: kraftvoll und energisch, immer in der Lage, alle Probleme zu lösen. Sie hatte Arri das Gefühl vermittelt, für immer und ewig bei ihr zu sein – und sie zu beschützen.
    Und vielleicht war sie das ja auch. Vielleicht war sie sogar gerade jetzt bei ihr. Arri hatte jedenfalls das Gefühl, als wäre sie ihr ganz nah, und als rate sie ihr, in diesem Augenblick hier zu verharren und vor diesem ernsthaften jungen Krieger, der so schrecklich erschöpft wirkte, dass es ihr Heilerinnenherz rührte, nicht wegzulaufen.
    Aber über Surkija sprechen? Ausgerechnet über die Frau, die ihr Dragosz noch im Tod wegnehmen wollte?
    »Was genau ist denn mit Surkija geschehen?«, wollte Larkar wissen. »Warum war sie nicht mehr an Dragosz’ Seite?«
    »Du meinst die Frau, wegen der sich Ragok und Dragosz so erbittert gestritten haben, dass sie darüber das Wohl ihres Volkes vergaßen und es ins Unglück stürzten?« Arri lachte rau auf, doch es lag nichts Fröhliches in ihrer Stimme, sondern nur Bitterkeit. »Nein! Verstehst du denn nicht? Surkija ist gestorben, noch bevor Dragosz die alte Heimat mit den Seinen ganz verlassen hatte! Alles war umsonst. Der ganze Bruderzwist. So sinnlos.«
    Larkar starrte sie an – und ganz allmählich veränderte sich die Farbe seines Gesichts. »Ich kann das nicht glauben. Dragosz ist tot – und Surkija auch? Aber wie ist das geschehen?«
    Arri zuckte mit den Schultern. »Von Surkijas Tod habe ich verschiedene Geschichten gehört. Die einen behaupten, eine Schlange habe sie gebissen. Andere sagen, es wäre ein Fieber gewesen, ausgelöst durch verdorbenes Wasser. Jedenfalls hat sie sich selbst nicht heilen können. Nach drei Tagen ist sie gestorben.«
    »Ja, aber das …«, Larkar schüttelte den Kopf, »warum ist Dragosz dann nicht zurückgekehrt?«
    »Um was zu tun?« Arri schüttelte den Kopf. Sie hätte Larkar noch viel erzählen können. Zum Beispiel von ihm und ihrer Mutter. Lea hatte Dragosz schon lange gekannt, und es waren mehr als nur Worte gewesen, die sie ausgetauscht hatten. Dragosz mochte Surkija aufrichtig geliebt haben: Aber er war nicht immer treu gewesen.
    Das alles spielte jetzt aber keine Rolle mehr.
    »Um was zu tun?«, wiederholte Arri. »Hätte Dragosz etwa vor seinen Bruder treten und sagen sollen: Tut mir leid. Ich habe unser Volk auseinandergerissen, dich betrogen und dann durch Unachtsamkeit die Frau getötet, die du geliebt hast?«
    Larkar starrte sie fassungslos an. »Und nach Surkija hat Dragosz dich zur Frau genommen?« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, woran Dragosz gestorben sein mag. Aber ich weiß doch, welches Glück er gehabt hat, nach Surkija eine Frau wie dich zu finden.«
    Arri hatte eigentlich noch etwas hinzufügen wollen, aber Larkars Worte verschlugen ihr die Sprache. Und schlimmer noch, sie ließen sie die volle Wucht des Verlustes spüren, den sie gerade erst erlitten hatte.
    »Du hast Tränen in den Augen.« Larkar nickte. »Das verstehe ich. Dragosz ist wohl noch nicht lange tot … und du hast ihn geliebt.« Er löste den Blick von ihr und starrte nach oben in den Himmel. Sein schmales, hageres Gesicht kündete von den Entbehrungen, die er erlitten hatte. Hunger und Schmerz, das war es, was sich in sein Gesicht eingebrannt hatte – und zwar in deutlich stärkerem Maße als bei den Menschen, die mit Dragosz gezogen waren.
    Arri konnte nicht verhindern, dass sie laut aufschluchzte. Ihre Gefühle verwirrten sich vollkommen. Dragosz’ Tod – aber auch das, was er Ragok und denjenigen angetan hatte, die

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