Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis
um im Papierkorb zu kramen. »Deine Post habe ich übrigens bei dir daheim auf den Kühlschrank gelegt. War, glaub ich, nix Wichtiges dabei.«
»Danke.« Umständlich schulterte Franz seine Tasche.
»Ach, noch was.« Kyra streckte ihren Kopf unter dem Tisch hervor. »Hatte ich da am Abend vorher was Falsches getrunken, oder hab ich in der Wohnung tatsächlich ein Paar Hanteln gesehen?«
»Heimann, Brigitte, mit zwei n, ja, wir werden das prüfen - wie? - nein, die Belohnung wird selbstverständlich erst fällig, wenn sich der Hinweis als sachdienlich erwiesen hat - ja - ja - haben Sie vielen Dank - ganz bestimmt - auf Wiederhören.«
Kommissar Törner legte den Hörer zurück und begrüßte seinen Chef, der soeben zur Tür hereingekommen war, mit einem tiefen Seufzer. »Morgen. Wir hätten diese gottverdammte Eule nie an die Presse rausgeben sollen. Das war gerade der Dreihundertsechsundvierzigste, der mir erklärt hat, seine ehemalige Freundin würde so eine Kette besitzen.«
»Weitermachen, Törner, weitermachen.« Kriminalhauptkommissar Heinrich Priesske hängte seinen olivfarbenen Sommermantel an den Haken und holte Brieftasche, Goldkuli, Notizbuch und Dienstmarke aus der Innentasche, wie er es immer tat. Anfangs hatte Törner dieses Verhalten gekränkt, er hatte es für Misstrauen ihm gegenüber gehalten, aber mittlerweile war ihm klar, dass sein Chef nur ein Mann mit Sicherheitsprinzipien war.
Törner verschränkte die Hände im Nacken und streckte sich. »Haben die Kollegen in Hamburg was rausgefunden?«
»Nichts. Diese frustrierte Alt-Lesbe behauptet natürlich Stein und Bein, dass sie den Kettenanhänger nie an der kleinen Konrad gesehen hat.« Priesske setzte sich an seinen Schreibtisch und ließ die Finger knacken.
»Wir solltens nochmal bei diesem Frauenhaus im Prenzelberg versuchen.«
»Und Sie glauben, dass die Ihnen diesmal was erzählen.«
»Wenn wir die Bohn hinschicken.«
»Das ist eine ausgezeichnete Idee, Törner.« Priesske lächelte hinterhältig. »So, wie ich die Kollegin Bohn kenne, wird es ihr ein Vergnügen sein, aus den Mädels was rauszukitzeln.«
Das Telefon auf Törners Schreibtisch klingelte erneut. »Nein, jetzt nicht«, knurrte er in den Hörer, »nehmen Sie den Anruf selbst entgegen.« Er zögerte, dann legte er den Hörer neben das Telefon.
»Ich weiß nicht. Sagen Sie mal wirklich, Chef.« Der Kommissar schüttelte den Kopf. »Ich kann mir einfach nicht vorstellen,
dass die kleine Konrad was mit dem Mord an diesem Bibliothekar zu tun haben soll.«
»Haben Sie ne bessere Verdächtige?«, brummte Priesske. Er überflog die Zettel, die sich in seiner Abwesenheit auf dem Schreibtisch angesammelt hatten.
»Ich trau Isabelle Konrad zu, dass sie ihren Vater auf dem Gewissen hat, aber warum sollte sie diesen Homberg umbringen?«
»Unser Job, das rauszufinden.«
»Ein familiäre Beziehung können wir mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen. Und die Kleine war in ihrer Berliner Zeit noch nicht mal angemeldet bei der Staatsbibliothek. Kein Job dort. Keine alten Nachbarschaften. Nichts, wo sich die beiden schon einmal über den Weg gelaufen sein könnten.« Törner stützte den Kopf in die Hände. »Es ist zum Wahnsinnigwerden. Alles schreit danach, dass die beiden Fälle miteinander zu tun haben, und trotzdem gelingt es uns nicht, eine vernünftige Verbindung herzustellen.«
»Weil es vielleicht gar keine vernünftige Verbindung gibt.«
Törner blickte überrascht auf. »Wie meinen Sie das?«
»Sie haben eben ganz richtig festgestellt: Alles schreit danach, dass die beiden Fälle miteinander zu tun haben. Aber schreit es Ihnen nicht ein bisschen zu laut? Wir haben keine Vergleichsspuren vom ersten Tatort, und Dollitzer kann uns bis heute nicht bestätigen, dass beiden Opfern der Kopf mit demselben Instrument abgetrennt wurde.«
»Sie meinen, bei dem Bibliothekar könnte ein Trittbrettfahrer aufgesprungen sein?« Törner kratzte sich skeptisch im Nacken.
»Es hätte nie in den Medien auftauchen dürfen, dass Konrad geköpft wurde. Das war ja geradezu eine Einladung für Spinner.«
»Ich weiß nicht. Ich weiß nicht.« Der kleinere Kommissar betrachtete seine Hände. Stumpfe Hände. »Und wenn
wir es mit einem echten Serienmörder zu tun haben...«, schob er leise hinterher.
»Gott, Törner! Sie gucken zu viele amerikanische Filme.« Heinrich Priesske schaute von seinen Zetteln auf. »Wie viele Jahre sind Sie jetzt im Dienst?«
»Siebzehn.«
»Und mit wie
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