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Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis

Titel: Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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vielen Serienmördern hatten Sie in dieser Zeit zu tun?«
    Törner dachte kurz nach. »Mit drei. Vier.«
    »Sehen Sie. Und wen haben diese raren Exemplare umgebracht? Nutten. Allenfalls noch ein paar Strichjungen. Den Serienmörder, der sich auf alte Zeitungsbosse und Bibliothekare spezialisiert, den hat sich noch nicht einmal Hollywood ausgedacht.«
     
    Hombergs ehemalige Haushälterin blickte die junge Frau, die auf ihrem Sofa saß, mit der speziellen Mischung aus Misstrauen und Neugier an, mit der alte Damen unbekannten Besuch auf ihren Sofas anblicken.
    »Frau Damaschke«, sagte Kyra und seufzte tief, »ich muss mich wirklich darauf verlassen können, dass Sie schweigen.«
    »Aber natürlich können Sie das.« Um ihre Verschwiegenheit zu demonstrieren, rückte Frieda Damaschke an die vorderste Sesselkante und legte zwei Finger auf den Mund. Aus dem Neugiermisstrauen war reine Neugier geworden.
    »Ich meine: wirklich schweigen. Es ist mir ernst.«
    »Kind, Sie können mir vertrauen.« Sie fasste nach Kyras Hand, ließ die Hand aber sogleich wieder los, als sie den bitteren Blick auffing, den diese ihr zuwarf.
    »Ich - ich bin«, Kyras Blick schwirrte hilflos durch das Zimmer, »ich bin Kurt Hombergs Tochter.«
    »Nein.« Frieda Damaschke blieb der Mund offen. »Aber - aber der Herr Homberg hatte doch gar keine Tochter.« Sie rückte von der Sesselkante weg. »Das hätte ich doch gewusst.
« Das Misstrauen war wieder da. »Das hätte der Herr Homberg mir doch gesagt. Von seinem Sohn in Westdeutschland hat er mir doch auch immer so viel erzählt. Ich -«
    »Frau Damaschke, Frau Damaschke - selbstverständlich hat mein Vater Ihnen nichts von mir erzählt. Niemandem hat er etwas von mir erzählt. Nicht einmal seiner Frau.«
    Frieda Damaschke schaute ihre Besucherin verständnislos an.
    »Kurt Homberg war mein Vater. Aber Roswith Homberg war nicht meine Mutter. - Verstehen Sie jetzt, warum ich Sie gebeten habe zu schweigen?«
    »Also, das ist ja -« Frieda Damaschke rang nach Worten. »Also, das hätte ich ja im Leben nicht - Nein! Also, das kann ich einfach nicht glauben. So ein anständiger Herr, der Herr Homberg -«
    »Bitte! Frau Damaschke! Glauben Sie nicht, dass das alles schon hart genug für mich ist? Ich will meinen Vater nicht verurteilen. Er - er trägt keine Schuld an dem, was geschehen ist. Meine Mutter wollte unbedingt ein Kind. Ein Kind ohne Mann. Das war eben die Zeit. Sie hat ihn hereingelegt. Ich bin ihm nicht böse. Wirklich nicht. Es ist nur - meine Mutter hat mir nie gesagt, wer mein Vater ist, ich habe dann selber angefangen nachzuforschen, und erst letzten Monat habe ich herausgefunden, dass es Kurt Homberg ist. Ich - ich wollte ihn sehen, wollte mit ihm reden, ein paar Mal habe ich schon vor seiner Tür gestanden, aber dann - dann habe ich jedes Mal die Nerven verloren und bin wieder gegangen. Das nächste Mal, habe ich mir immer gesagt, das nächste Mal. Und jetzt - jetzt ist es zu spät.«
    »Aber, Kind! Beruhigen Sie sich. Nicht weinen«, murmelte Frieda Damaschke und brach selbst in Tränen aus. Sie griff nach der Hand der Unglücklichen, und diesmal ließ Kyra es geschehen.
    »Sie müssen mir helfen«, schluchzte sie, »bitte!« Jetzt, wo
ich schon nicht mehr mit meinem Vater sprechen kann, möchte ich wenigstens wissen, wie er gelebt hat. In welchem Sessel er gesessen hat, welche Bücher er gelesen hat, welche Kleider er getragen hat. Wie sein Wohnzimmer aussah.«
     
    Es war ein gigantisches Gemetzel. Nie waren Leiber mit größerer Wucht aufeinander losgegangen. Wer Arme hatte, hob sie schützend empor, wer Beine hatte, versuchte zu fliehen. Doch kaum einer der schönen Körper hatte noch beides. Was an Muskeln geblieben war, blühte auf, als wolle es die Kraft der fehlenden Glieder ersetzen. Es ging ums nackte Überleben. Männer erschlugen Männer, Frauen erschlugen Männer. Es wurde gepfählt, gewürgt, geköpft. Die unten lagen, hatten bereits verloren, auch wenn sie noch zuckten und Augen verdrehten.
    Gustav Eisenrath ließ sich auf den marmornen Altarstufen nieder. Hundertmal hatte er schon vor dem Pergamon-Fries gestanden, und dennoch erschütterte ihn der Kampf der Götter gegen die Giganten jedes Mal aufs Neue. Die Gewalt, die die antiken Künstler in Stein gemeißelt hatten. Die Gewalt, die die Zeit dem Stein angetan hatte. Was im Kampf unversehrt geblieben war, hatte sie zernagt, gespalten, verschluckt. Sie hatte Körper in der Mitte auseinander brechen lassen, Giganten wie

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