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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Drei-Groschen-Nekromanten.
    – Gebt mir wenigstens den Zettel wieder, flehte Rabbi Allevi.
    – Welchen Zettel? fragte Dee mit teuflischer Einfalt.
    – So seid denn verflucht, Doktor Dee! sprach Rabbi Allevi. Wahrlich, ich sage Euch, Ihr werdet die Morgendämmerung des neuen Jahrhunderts nicht mehr erleben. – Sprach's und entschwand in die Nacht, obskure Mitlaute ohne jeden Vokal vor sich hinmurmelnd. O Lingua Diabolica et Sancta!
    Dee stand an die modrige Mauer des Torwegs gelehnt, erdfahl im Gesicht, das Haupthaar gesträubt gleich dem der Schlange. – Ich kenne diesen Rabbi Allevi, sagte er. Ich werde am fünften August anno 1608 sterben, nach dem Gregorianischen Kalender. Und darum helft mir nun, Kelley, meinen Plan ins Werk zu setzen. Ihr werdet es sein, der ihn vollenden muss. Gilding pale streams with heavenly alchymy, erinnert Euch daran. – O ja, ich würde mich daran erinnern, und William mit mir (und gegen mich).
     
    Er sagte nichts mehr. Der gelbe Nebel, der seinen Rücken an den Fensterscheiben rieb; der gelbe Rauch, der seine Schnauze an den Fensterscheiben rieb, leckte mit seiner Zunge an den Ecken des Abends. Wir waren jetzt in einer anderen Gasse, weißliche Dämpfe stiegen aus den vergitterten Kellerfenstern, durch die man in Spelunken mit schiefen Wänden sah, gestreift mit einer Skala trüber Grautöne ... Ich erblickte, während er tastend eine Treppe hinunterkam (die Stufen unnatürlich rechtwinklig), die Gestalt eines Alten in verschlissenem Gehrock mit hohem Zylinder. Dee sah ihn ebenfalls. – Caligari! rief er. Auch er hier, und das im Haus der Madame Sosostris, The Famous Clairvoyante! Rasch, wir müssen uns sputen!
    Wir beschleunigten unsere Schritte und gelangten zur Tür eines Häuschens in einer trübe beleuchteten Gasse.
    Wir klopften, und die Tür öffnete sich wie durch Zauberhand. Wir traten in einen weiten hohen Saal, geschmückt mit siebenarmigen Leuchtern, mit Tetragrammen in Relief und Davidssternen im Strahlenkranz. Alte Geigen, schimmernd im Farbton der Lasur altmeisterlicher Gemälde, häuften sich vorn auf einem langen, perspektivisch nach hinten verjüngten Klostertisch. Ein großes Krokodil hing mumifiziert von der hohen Gewölbedecke, sanft schwingend in der Abendbrise, im flackernden Licht einer einzigen Fackel, oder vieler – oder keiner. Im Hintergrund, vor einer Art Zelt oder Baldachin, unter dem sich ein Tabernakel erhob, kniete wie im Gebet versunken, ununterbrochen blasphemisch die zweiundsiebzig Namen Gottes murmelnd, ein Greis. Ich wusste sogleich, erleuchtet durch jähen Blitzschlag des Nous, dass es Heinrich Khunrath war.
    – Was ist, Dee? fragte er, sich umwendend und sein Gebet unterbrechend. Was wollt Ihr? – Er wirkte wie ein ausgestopftes Gürteltier, ein altersloser Leguan.
    – Khunrath, sagte Dee, das dritte Treffen hat nicht geklappt.
    Khunrath stieß eine grässliche Verwünschung aus: Lapis Exillis! Und nu?
    – Khunrath, sagte Dee, Ihr könntet einen Köder auswerfen und mich in Kontakt mit der deutschen Templerlinie bringen.
    – Mal sehen, sagte Khunrath. Ich könnte Maier fragen, der kennt viele Leute bei Hof. Aber Ihr müsst mir dafür das Geheimnis der Jungfräulichen Milch verraten, das Geheimnis des Allergeheimsten Ofens der Philosophen.
    Dee lächelte – o göttliches Lächeln jenes Sophen! Dann sammelte er sich wie zum Gebet und murmelte leise: Willst du das sublimierte Quecksilber umwandeln und in Wasser oder in Jungfrauenmilch auflösen, so tu's auf die Folie zwischen die Häufchen und die Schale mit dem sorgfältig pulverisierten DING, aber deck's nicht zu, sondern sorge dafür, dass die warme Luft an die nackte Materie gelangt, verabreiche ihm die Glut dreier Kohlen und halte es für acht Sonnentage lebendig, dann nimm's heraus und zerstampfe es gut auf dem Marmor, bis es ungreifbar geworden. Alsdann tu die Materie in einen Glaskolben und lass sie in Balneum Mariae destillieren, über einem Wasserkessel, der so postiert sein muss, dass sich der Kolben nicht mehr als zwei Fingerbreit dem Wasser nähert, sondern darüber schweben bleibt, und zugleich mache ein Feuer unter dem Bad. Dann, und erst dann wird die Materie des Silbers, obwohl sie nicht das Wasser berührt, sondern sich in diesem warmen und feuchten Bauche befindet, sich in Wasser verwandeln.
    – Meister, sagte Khunrath, auf die Knie fallend und des Doktors knochige, diaphane Hand küssend. So werde ich's tun. Und du wirst bekommen, was du willst. Entsinne dich

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