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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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ihn noch immer nicht leiden –, na jedenfalls, da locken ihn die Faschisten in eine Falle, bringen ihn in die Stadt, und früh um fünf am nächsten Morgen wird er erschossen.«
    Pause. Belbo sah auf seine Hände, die er flach zusammengelegt hielt wie im Gebet. Dann nahm er sie plötzlich auseinander und sagte: »Es war der Beweis, dass er kein Infiltrierter war.«
    »Moral der Geschichte?«
    »Wer sagt denn, dass jede Geschichte eine Moral haben muss? Aber wenn ich's recht bedenke, vielleicht will sie sagen, dass man, um etwas zu beweisen, manchmal sterben muss.«

 
    97
     
    Ich bin, der ich bin.
     
    Exodus 3, 14
     
    Ich bin, der ich bin. Ein Axiom der hermetischen Philosophie.
     
    Madame Blavatsky, Isis Unveiled , p. 1
     
    – Wer bist du? fragten gleichzeitig dreihundert
    Stimmen, während zwanzig Degen in den Händen
    der nächsten Phantome aufblitzten.
    – Ich bin, der ich bin, sagte er.
     
    Alexandre Dumas, Joseph Balsamo , II
     
    Am nächsten Morgen kamen wir wieder zusammen. »Gestern haben wir ein schönes Stück Trivialliteratur geschrieben«, sagte ich zu Belbo. »Aber wenn wir einen glaubwürdigen Plan machen wollen, sollten wir uns vielleicht ein bisschen mehr an die Realität halten.«
    »An welche Realität?« fragte er mich. »Vielleicht gibt uns nur die sogenannte Trivialliteratur den wahren Maßstab der Realität. Man hat uns genarrt.«
    »Wer?«
    »Man hat uns eingeredet, auf der einen Seite wäre die Große Kunst, die Hochliteratur, die typische Personen in typischen Umständen darstellt, und auf der anderen die Trivialliteratur, die atypische Personen in atypischen Umständen darstellt. Ich glaubte, ein wahrer Dandy würde sich nie mit Scarlett O'Hara einlassen, nicht mal mit Constance Bonacieux oder gar mit Angélique. Ich spielte mit dem Trivialroman, um mich ein bisschen außerhalb des Lebens zu ergehen. Er beruhigte mich, weil er mir das Unerreichbare vorsetzte. Aber es ist nicht so.«
    »Nein?«
    »Nein. Proust hatte recht, das Leben wird sehr viel besser durch schlechte Musik als durch eine Missa Solemnis dargestellt. Die Kunst gaukelt uns etwas vor und beruhigt uns, denn sie lässt uns die Welt so sehen, wie die Künstler sie gerne hätten. Der Schauerroman tut so, als ob er bloß scherzte, aber dann zeigt er uns die Welt so, wie sie ist, oder zumindest so, wie sie sein wird. Die Frauen sind Mylady ähnlicher als Anna Karenina, Fu Man-Chu ist wahrer als Nathan der Weise, und die Realgeschichte gleicht mehr der von Eugène Sue erzählten als der von Hegel entworfenen. Shakespeare, Melville, Balzac und Dostojewski haben Schauergeschichten geschrieben. Das, was wirklich geschehen ist, ist das, was die Trivialliteratur im voraus erzählt hat.«
    »Ja, weil die Trivialliteratur leichter zu imitieren ist als die Kunst. Um wie Mona Lisa zu werden, muss man hart an sich arbeiten, um wie Mylady zu werden, braucht man sich bloß dem natürlichen Hang zur Bequemlichkeit zu überlassen.«
    Diotallevi, der bisher geschwiegen hatte, warf ein: »Wie unser Agliè. Er imitiert lieber Saint-Germain als Voltaire.«
    »Ja«, sagte Belbo, »und die Frauen finden Saint-Germain ja auch interessanter als Voltaire.«
     
    Später fand ich unter seinen files einen Text, in dem er unsere Ergebnisse in Schauerroman-Archetypen resümiert hatte. Ich sage in Schauerroman-Archetypen, weil er sich offensichtlich damit amüsiert hatte, das Ganze durch zusammenmontierte Klischees zu erzählen, ohne an Eigenem mehr als ein paar verbindende Sätze hinzuzufügen. Ich kann beileibe nicht alle Zitate, Plagiate, Entlehnungen und Paraphrasen identifizieren, aber ich habe viele Stellen dieser wilden Collage wiedererkannt. Ein weiteres Mal hatte sich Belbo, um dem Leiden an der Historie zu entfliehen, dem Leben schreibend durch eingeblendete Schreibe anderer genähert.
     
     
    Filename: Die Rückkehr des Grafen von Saint-Germain
     
    Seit nunmehr fünf Jahrhunderten treibt mich die rächende Hand des Allmächtigen, aus den Tiefen Asiens bis in dieses Land. Ich bringe Schrecken, Verzweiflung und Tod. Doch wohlan, ich bin der Notar des Großen Planes, auch wenn es die andern nicht wissen. Ich habe Schlimmeres gesehen, und das Anzetteln der Bartholomäusnacht hat mich mehr Mühsal gekostet, als ich jetzt aufzubringen gedenke. Oh, warum kräuseln sich meine Lippen zu diesem satanischen Lächeln? Ich bin, der ich bin – hätte sich der verruchte Cagliostro nicht auch noch dieses mein letztes Recht angemaßt.
    Doch der Triumph

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