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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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halten und Sparsamkeit nennen. Nur in Frankreich hat man sich eine ganze Komödie über einen Geizigen ausdenken können. Um nicht von Père Grandet zu sprechen.
    Den Geiz sieht man an ihren staubigen Wohnungen, an ihren nie renovierten Tapeten, an ihren Badewannen aus der Zeit ihrer Vorfahren, an ihren engen hölzernen Wendeltreppen, die sie einbauen, um den schmalen Raum pedantisch auszubeuten. Verschneidet, wie man es bei Pflanzen tut, einen Franzosen mit einem Deutschen (womöglich jüdischer Herkunft), und ihr habt, was wir haben: die Dritte Republik…
     
    Dass ich Franzose geworden bin, lag daran, dass ich es nicht mehr ertragen konnte, Italiener zu sein. Als gebürtiger Piemontese fühlte ich mich wie die Karikatur eines Galliers, aber mit bornierteren Vorstellungen. Die Piemontesen schrecken vor jeder Neuerung zurück, alles Unerwartete macht ihnen Angst, um sie bis nach Sizilien zu treiben – dabei waren unter den Garibaldinern nur sehr wenige Piemontesen – brauchte es zwei Ligurier, einen Schwärmer wie Garibaldi 4 und einen Unglücksbringer wie Mazzini. Und reden wir nicht von dem, was ich entdeckt hatte, als ich nach Palermo geschickt worden war (wann ist das gewesen? ich muss es rekonstruieren). Nur dieser eitle Pfau Dumas 3 liebte jene Völker, vielleicht weil sie ihn mehr verehrten als die Franzosen, die ihn immer noch als einen Mischling ansahen. Er gefiel den Sizilianern und Neapolitanern, die selber so etwas wie Mulatten waren, nicht wegen des Fehltritts einer einzelnen liederlichen Mutter, sondern aufgrund der Geschichte von Generationen, Ergebnis der Kreuzung von zwielichtigen Levantinern, verschwitzten Arabern und degenerierten Ostgoten, die jeder das Schlechteste von ihren hybriden Vorfahren mitgebracht hatten, von den Sarazenen die Trägheit, von den Schwaben die Wildheit, von den Griechen die Inkonsequenz und die Gewohnheit, sich in endlose Palaver zu verlieren, bis ein Haar in vier Teile gespalten war. Im übrigen braucht man bloß die Gassenjungen in Neapel zu sehen, wie sie die Fremden betören, indem sie sich mit Spaghetti strangulieren, die sie sich mit den Fingern in die Gurgel stopfen, wobei sie sich mit verdorbener Tomatensoße bekleckern. Ich habe es nicht mit eigenen Augen gesehen, glaube ich, aber ich weiß es.
    Der Italiener ist treulos, verlogen, feige, verräterisch, ihm liegt der Dolch mehr als der Degen, das Gift mehr als das Medikament, er ist glatt wie ein Aal beim Verhandeln und kohärent nur im Seitenwechsel bei jeder Drehung des Windes – ich habe gesehen, wie es den bourbonischen Generälen ergangen ist, kaum dass die Abenteurer Garibaldis und die piemontesischen Generäle aufgetaucht waren.
    Es liegt daran, dass die Italiener sich immer am Vorbild der Priester orientieren, der einzigen echten Regierung, die sie je hatten, seit dieser perverse letzte römische Kaiser von den Barbaren sodomisiert worden war, weil das Christentum den Stolz der antiken Rasse gebrochen hatte.
    Die Priester… Wie habe ich sie kennengelernt? Im Haus des Großvaters, glaube ich, ich erinnere mich dunkel an flüchtige Blicke, schlechte Zähne, schweren Atem, schwitzende Hände, die mich im Nacken zu streicheln versuchten. Ekelhaft. Als Müßiggänger gehören sie zu den gefährlichen Klassen, wie die Diebe und die Vagabunden. Priester oder Mönch wird man nur, um im Müßiggang leben zu können, und den Müßiggang garantiert ihnen ihre Anzahl. Wären die Priester nur, sagen wir, einer auf tausend Seelen, dann hätten sie so viel zu tun, dass sie nicht auf der faulen Haut liegen und Kapaune schmausen könnten. Und von den faulsten Priestern sucht sich die Regierung immer die dümmsten aus und ernennt sie zu Bischöfen.
    Man hat sie ständig um sich, sobald man auf die Welt gekommen ist und getauft wird, man trifft sie in der Schule wieder, wenn man Eltern hat, die bigott genug sind, ihnen ihre Kinder anzuvertrauen, dann kommt die erste Kommunion und der Katechismus und die Firmung; den Priester hat man am Hochzeitstag vor sich, wenn er einem sagt, was man im Schlafzimmer tun soll, und am Tag danach in der Beichte, wenn er fragt, wie oft man es getrieben hat, um sich hinter seinem Gitter daran erregen zu können. Sie sprechen voller Abscheu vom Sex, aber jeden Tag sieht man sie aus einem inzestuösen Bett aufstehen, ohne sich auch nur die Hände gewaschen zu haben, und so gehen sie ihren Herrn essen und trinken, um ihn dann später zu kacken und zu pissen.
    Sie sagen andauernd, dass ihr

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