Die historischen Romane
französischen Sprache, sie sagt nie exakt das, was sie sollte, so dass kein Deutscher jemals weiß, was er sagen wollte – und dann verwechselt er diese Undeutlichkeit mit Tiefe. Es ist mit den Deutschen wie mit den Frauen, man gelangt bei ihnen nie auf den Grund. Unglücklicherweise hat mein Großvater mich diese ausdruckslose Sprache mit ihren Verben, die man beim Lesen angestrengt mit den Augen suchen muss, weil sie nie da stehen, wo sie sollten, als Kind zu lernen gezwungen, was angesichts seiner Austrophilie kein Wunder war. Und so habe ich diese Sprache hassen gelernt, ebenso wie den Jesuiten, der täglich ins Haus kam, um sie mir mit Stockschlägen auf die Finger beizubringen.
Seitdem jener Gobineau über die Ungleichheit der Rassen geschrieben hat, scheint es, wenn jemand schlecht über ein anderes Volk spricht, dass er sein eigenes für überlegen hält. Ich habe keine Vorurteile. Seit ich Franzose geworden bin (was ich bereits zur Hälfte durch meine Mutter war), habe ich begriffen, wie sehr meine neuen Landsleute faul, betrügerisch, nachtragend, eifersüchtig und so maßlos eingebildet sind, dass sie alle anderen für Barbaren halten und keinerlei Tadel ertragen. Aber ich habe auch begriffen, dass man, um sie dazu zu bringen, einen Makel ihrer Rasse einzuräumen, bloß schlecht über ein anderes Volk zu sprechen braucht, etwa indem man sagt: »Wir Polen haben diesen oder jenen Fehler«, denn da ein Franzose niemals hinter anderen zurückstehen will, nicht einmal im Schlechten, reagiert er sofort mit einem »O nein, wir in Frankreich sind noch schlimmer«, und schon zieht er ausgiebig über seine eigenen Landsleute her, bis er merkt, in welche Falle er gegangen ist.
Sie lieben ihresgleichen nicht, selbst wenn sie von ihnen profitieren. Niemand ist so ruppig wie ein französischer Gastwirt, der sich benimmt, als hasste er seine Kunden (was er vielleicht auch tut) und als wünschte er sich, sie wären nicht da (was er bestimmt nicht tut, denn der Franzose ist überaus habgierig). Ils grognent toujours – sie grunzen immer. Frag sie was, und du kriegst ein sais pas, moi zu hören, dazu pusten sie durch die Lippen, als würden sie furzen.
Sie sind böse. Sie töten aus Langeweile. Sie sind das einzige Volk, das seine Angehörigen jahrelang damit in Atem gehalten hat, sich gegenseitig den Kopf abzuschlagen, und ein Glück, dass Napoleon dann ihre Wut auf andere Rassen umgelenkt hat, indem er sie in Reih und Glied aufstellte und zur Zerstörung Europas aussandte.
Sie sind stolz darauf, einen Staat zu haben, den sie für mächtig halten, aber sie verbringen ihre ganze Zeit damit, ihn zu Fall zu bringen: Niemand ist so gut im Barrikadenbauen wie die Franzosen, aus jedem Anlass und bei jeder Gelegenheit, oft sogar ohne zu wissen warum, einfach mitgerissen vom Pöbel. Der Franzose weiß nicht recht, was er will, außer dass er sehr genau weiß, dass er nicht will, was er hat. Und um das zu sagen, fällt ihm nichts anderes ein, als Lieder zu singen.
Sie glauben, dass alle Welt französisch spricht. Vor ein paar Jahren war das sehr schön zu sehen bei diesem Lucas, einem Genie – dreißigtausend falsche Dokumente, Autographen auf echtem altem Papier, das er sich besorgte, indem er die Vorsatzblätter alter Bücher aus der Bibliothèque Nationale herausschnitt, mit gekonnter Imitation der verschiedenen Handschriften, wenn auch nicht so gut, wie ich es gekonnt hätte… Ich weiß nicht, wie viele davon er zu Höchstpreisen an diesen Strohkopf von Chasles verkauft hatte (ein großer Mathematiker, heißt es, und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, aber ein großer Trottel). Und nicht nur der, sondern viele seiner Kollegen Akademiker fanden es ganz in Ordnung, dass Leute wie Caligula, Cleopatra oder Julius Cäsar ihre Briefe angeblich auf Französisch geschrieben hatten und dass auch die Korrespondenz zwischen Pascal, Newton und Galileo auf Französisch geschrieben war, obwohl doch jedes Kind weiß, dass die Gelehrten jener Zeit auf Latein miteinander korrespondierten. Die französischen Gelehrten hatten keine Ahnung davon, dass andere Völker anders als französisch sprachen. Inhaltlich stand in den falschen Briefen, dass Pascal die universale Schwerkraft zwanzig Jahre vor Newton entdeckt habe, und das genügte, um jene von nationalem Dünkel zerfressenen Sorbonnarden für alles andere blind zu machen.
Vielleicht kommt diese Ignoranz von ihrem Geiz – dem nationalen Laster, das sie für eine Tugend
Weitere Kostenlose Bücher