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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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die nach dem Vorbild der Illuminaten in Frankreich vom Zeitalter des Lichtes und in Deutschland von Aufklärung sprachen und die schließlich, als sie sich heimlich versammelten, um den Sturz des Königs zu betreiben, den Club der sogenannten Jakobiner gründeten – so genannt nach ebendem Namen jenes Jakob oder Jacques de Molay. Da siehst du, wer die Revolution in Frankreich angezettelt hat.«
    »Dieser Barruel hatte alles durchschaut…«
    »Er hatte nur noch nicht verstanden, wie aus einem Kern von christlichen Rittern eine christenfeindliche Sekte entstehen konnte. Weißt du, das ist wie die Hefe im Teig, wenn der Teig fehlt, wächst sie nicht, geht nicht auf, und es gibt kein Brot. Was aber war die Hefe, die jemand – oder das Schicksal oder der Teufel – in den noch gesunden Körper des Templerordens und der Freimaurer eingeführt hatte, um die teuflischste Sekte aller Zeiten in ihm aufgehen zu lassen?«
    Hier machte der Großvater eine Pause, faltete die Hände, wie um sich besser zu konzentrieren, lächelte schlau und enthüllte mit kalkulierter und triumphaler Bescheidenheit: »Derjenige, der den Mut hatte, es als erster zu sagen, das war dein Großvater, lieber Junge. Als ich das Buch des Abbé Barruel gelesen hatte, habe ich nicht gezögert, ihm einen Brief zu schreiben. Geh mal da nach hinten, Junge, und hol mir den Schrein, der dort steht.«
    Ich tat, wie mir geheißen, der Großvater schloss den kleinen Schrein mit einem vergoldeten Schlüssel auf, den er an einem Band um den Hals trug, und holte ein Blatt Papier heraus, das infolge seiner vierzig Jahre ziemlich vergilbt war. »Dies ist das Original des Briefes, den ich in sauberer Abschrift an Barruel geschickt habe.«
    Ich sehe den Großvater noch vor mir, wie er mit dramatischen Pausen las.
    »Nehmen Sie, werter Herr, von einem unwissenden Militär, der ich bin, die aufrichtigsten Glückwünsche zu Ihrem Werk entgegen, das man mit gutem Recht das exemplarische Werk des letzten Jahrhunderts nennen kann. Oh, wie gut haben Sie diese infernalischen Sekten entlarvt, die dem Antichrist den Weg bereiten und die unversöhnlichen Feinde nicht nur der christlichen Religion, sondern aller Kulte aller Gesellschaften jeglicher Ordnung sind. Gleichwohl gibt es da noch eine weitere Sekte, die Sie nur gestreift haben. Vielleicht haben Sie das ja mit Absicht getan, denn sie ist die bekannteste und infolgedessen am wenigsten zu fürchtende. Doch meines Erachtens ist sie heute die gewaltigste Macht, bedenkt man ihre großen Reichtümer und die Protektion, die sie in fast allen Staaten Europas genießt. Sie verstehen richtig, mein Herr, ich spreche von der jüdischen Sekte. Sie scheint gänzlich abgetrennt von den anderen und mit ihnen verfeindet zu sein, aber in Wahrheit ist sie das nicht. Tatsächlich genügt es, dass eine von diesen sich feindselig gegenüber dem christlichen Namen zeigt, und schon wird sie von ihr begünstigt, finanziell unterstützt und protegiert. Und haben wir sie nicht gesehen und sehen sie noch immer ihr Gold und Silber ausgeben, um die modernen Sophisten, die Freimaurer, die Jakobiner, die Illuminaten zu unterstützen und zu führen? So formen die Juden aus allen übrigen Sekten nichts anderes als eine einzige Partei mit dem Ziel, wo immer es möglich ist den christlichen Namen zu zerstören. Und glauben Sie nicht, mein Herr, dass dies alles bloß eine Übertreibung von mir wäre. Ich wiederhole hier nur, was mir von den Juden selbst gesagt worden ist…«
    » Und wie haben Sie all diese Dinge von den Juden erfahren?«
    »Ich war Anfang zwanzig und ein junger Offizier des savoyischen Heeres, als Napoleon ins Königreich Piemont-Sardinien einfiel. Bei Millesimo wurden wir geschlagen, und Piemont kam zu Frankreich. Es war ein Triumph der gottlosen Bonapartisten, die nun Jagd auf uns Offiziere des Königs machten, um uns am Halse aufzuhängen. Und so war es nicht ratsam, noch in Uniform herumzulaufen, was sage ich, sich überhaupt noch zu zeigen. Mein Vater war im Handel tätig und hatte gute Kontakte zu einem Juden, der Geld zu Wucherzinsen verlieh, ihm aber aus irgendeinem Grunde einen Gefallen schuldete, und so kam es, dass man mir durch seine Vermittlung für ein paar Wochen, bis sich die Lage beruhigt haben würde und ich nach Florenz zu Verwandten gehen könnte, ein kleines Zimmer – natürlich zu einem teuren Preis – im Ghetto anbot, das damals direkt hinter unserem Hause lag, zwischen der Via San Filippo und der Via delle Rosine. Es

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