Die historischen Romane
Erzählungen von Musumeci schildern: wie sie in den Klöstern prassen und die Mädchen entjungfern (vielleicht auch die Nonnen, es schadet nichts, ein bisschen auf die Tube zu drücken).
Ich werde auch ein paar Befehle zur Rekrutierung privater Güter produzieren. Und einen Brief von einem anonymen Informanten, der mich über die ständigen Kontakte zwischen Garibaldi und Mazzini via Crispi und über ihre Pläne zur Errichtung einer Republik, auch in Piemont, auf dem laufenden hält. Kurzum, es muss ein gehalt- und kraftvoller Bericht sein, der geeignet ist, Garibaldi in die Enge zu treiben. Auch weil Musumeci mir noch ein weiteres schönes Argument geliefert hat: Die Garibaldiner seien in erster Linie eine Bande ausländischer Söldner. Zu den famosen ersten Tausend gehörten Abenteurer aus Frankreich, Amerika, England, Ungarn und sogar aus Afrika, der versammelte Abschaum aller Nationen, viele davon seien schon vorher als Korsaren bei Garibaldis Seefahrten nach Süd- und Nordamerika mit dabeigewesen. Man brauche nur die Namen seiner Kommandanten zu hören: Turr, Eber, Tuccorì, Telochi, Maghiarodi, Czudaffi, Frigyessi (Musumeci spuckte diese Namen voller Verachtung aus, von denen ich außer Turr und Eber noch nie einen gehört hatte). Des weiteren seien da auch Polen, Türken, Bayern und ein Deutscher namens Wolff, der die bayerischen und schweizerischen Deserteure kommandiere, die vorher im Sold der Bourbonen gestanden hatten. Und die britische Regierung habe Garibaldi mehrere Bataillone Algerier und Inder zur Verfügung gestellt. Alles andere als italienische Patrioten! Auf tausend kämen jeweils höchstens fünfhundert Italiener… Musumeci übertreibt, ich höre ringsum nur venezianische, lombardische, emilianische oder toskanische Akzente, und Inder habe ich überhaupt keine gesehen, aber wenn ich in dem Bericht auch auf diesem Rassengemisch insistiere, kann das der Sache nur nützen.
Natürlich kommen auch noch ein paar Anspielungen auf die Juden mit rein, die so eng mit den Freimaurern verbunden sind.
Der Bericht muss möglichst schnell nach Turin gelangen und darf nicht in indiskrete Hände fallen. Ich habe ein piemontesisches Kriegsschiff gefunden, das bald in seinen Heimathafen zurückkehren soll, und es kostet mich nicht viel Mühe, ein offizielles Dokument zu fabrizieren, das dem Kapitän befiehlt, mich nach Genua mitzunehmen. Somit endet hier meine sizilianische Reise, und es tut mir ein bisschen leid, dass ich nicht miterlebe, was in Neapel und weiter geschieht, aber ich war ja nicht hier, um mich zu amüsieren, auch nicht, um ein Heldenepos zu schreiben. In guter Erinnerung behalte ich von dieser ganzen Reise letztlich nur die pisci d’ovu , die babbaluci a picchipacchi – das ist eine bestimmte Art, Schnecken zuzubereiten – und die cannoli , oh, diese süßen cannoli … Nievo hatte mir auch versprochen, mich einen bestimmten Schwertfisch a’ sammurigghu kosten zu lassen, aber dazu ist es nicht mehr gekommen, und so bleibt mir nur der Duft des Namens.
8.
Die »Ercole«
Aus den Aufzeichnungen vom 30. und 31. März
und 1. April 1897
Es fällt dem ERZÄHLER nicht eben leicht, diesen Wechselgesang zwischen Simonini und seinem zudringlichen Abbé korrekt wiederzugeben, aber es scheint wirklich, dass Simonini am 30. März die letzten Ereignisse in Sizilien unvollständig rekonstruiert hat, und sein Text wird noch komplizierter durch viele geschwärzte Zeilen und andere, die mit einem X gelöscht, aber noch lesbar sind – und beunruhigend zu lesen. Am 31. März greift der Abbé Dalla Piccola wieder ein, um das hermetisch geschlossene Tor von Simoninis Gedächtnis zu öffnen und ihm zu enthüllen, woran er sich partout nicht erinnern will. Und am 1. April ist es wieder Simonini, der – nach einer unruhigen Nacht, in der er sich erinnert, Anfälle von Brechreiz gehabt zu haben – erbost die seiner Ansicht nach moralistischen Übertreibungen und Entrüstungen des Abbé richtigstellt. Somit erlaubt sich nun der ERZÄHLER, ohne zu wissen, welchem der beiden er am Ende recht geben soll, die Ereignisse so zu berichten, wie er sie zu rekonstruieren vermocht hat, und natürlich übernimmt er die Verantwortung für seine Rekonstruktion.
Kaum in Turin eingetroffen, ließ Simonini seinen Bericht dem Cavaliere Bianco zukommen, und tags darauf erhielt er ein Billet, das ihn erneut zu spätabendlicher Stunde dorthin bestellte, von wo ihn eine Kutsche zu demselben Ort wie beim
Weitere Kostenlose Bücher