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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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dann hat er auch noch die Stirn zu behaupten, er tue das auch im Namen des Generals! Rings um Neapel wittern die schweizerischen und bayerischen Söldner der Bourbonen schon die Niederlage und bieten sich an, für vier Dukaten pro Kopf zu desertieren. Da es fünftausend sind, kostet die Sache zwanzigtausend Dukaten, das sind neunzigtausend Francs. Dumas, der immer so tat, als wäre er reich wie sein Graf von Monte Christo, hat sie nicht und stellt uns mit grandseigneuraler Miene die Lächerlichkeit von tausend Francs zur Verfügung. Dreitausend würden die neapolitanischen Patrioten sammeln, meint er. Und den Rest, meint er, könnte ich ja drauflegen. Woher, glaubt er, soll ich das Geld denn nehmen?«
    Er bietet mir etwas zu trinken an. »Sehen Sie, Simonini, jetzt sind alle ganz aufgeregt wegen der Landung auf dem Festland, und niemand hat Notiz von einer Tragödie genommen, die die Geschichte unserer Expedition schwer belasten wird. Die Sache ist in Bronte passiert, unweit von Catania. Zehntausend Einwohner, die meisten Bauern und Hirten, noch bis vor kurzem dazu verurteilt, unter einem Regime zu leben, das an den mittelalterlichen Feudalismus erinnert. Die Ländereien dort waren formell dem Admiral Nelson zum Geschenk gemacht worden, weshalb er den Titel Herzog von Bronte bekam, aber faktisch sind sie in den Händen weniger Wohlhabender oder galantuomini , wie sie dort sagen, geblieben. Die Leute wurden ausgebeutet und wie Tiere behandelt, es war ihnen verboten, in die herrschaftlichen Wälder zu gehen, um essbare Kräuter zu sammeln, und um die Felder zu betreten, mussten sie eine Mautgebühr zahlen. Als Garibaldi eintrifft, glauben diese Leute, nun sei der Augenblick der Gerechtigkeit gekommen und die Ländereien würden ihnen zurückgegeben, sie bilden sogenannte liberale Komitees, und der Prominenteste ist ein gewisser Avvocato Lombardo. Aber Bronte ist englisches Eigentum, und die Engländer haben Garibaldi in Marsala geholfen, also auf wessen Seite soll er stehen? An diesem Punkt ist das Verständnis der Einheimischen zu Ende, sie wollen auch nicht mehr auf den Avvocato Lombardo und andere Liberale hören, und es kommt zu einem Ausbruch der Volkswut, einem Gemetzel, einem Massaker an den galantuomini . Das war Unrecht, kein Zweifel, und es hatten sich auch entlaufene Zuchthäusler unter die Aufständischen gemischt, man weiß ja, bei all dem Durcheinander, das es auf dieser Insel gegeben hat, ist auch viel Gesindel freigekommen, das besser dringeblieben wäre… Aber all das ist geschehen, weil wir gekommen sind. Von den Engländern gedrängt, hat Garibaldi Bixio nach Bronte geschickt, und der hat nicht lange gefackelt: Er hat den Belagerungszustand verhängt und der Bevölkerung schwere Repressalien auferlegt, er ist der Anschuldigung der Galantuomini gefolgt und hat den Avvocato Lombardo als Rädelsführer der Revolte identifiziert, was falsch war, aber es galt, ein Exempel zu statuieren, und so ist Lombardo füsiliert worden, zusammen mit vier anderen, darunter ein armer Irrer, der vor dem Massaker gern durch die Straßen lief und die Galantuomini beschimpfte, aber niemandem etwas zuleide getan hatte… Ganz abgesehen vom Erschrecken über diese Grausamkeit trifft mich die Sache auch persönlich. Verstehen Sie, Simonini? Einerseits treffen in Turin Nachrichten von diesen Aktionen ein, in denen wir so aussehen, als hielten wir es mit den alten Grundbesitzern, andererseits die Gerüchte, von denen ich Ihnen erzählt habe, über schlecht ausgegebene Gelder, da ist es nicht schwer, zwei und zwei zusammenzuzählen: Die Grundbesitzer bezahlen uns dafür, dass wir die armen Teufel füsilieren, und wir machen uns mit dem Geld ein gutes Leben. Dabei sehen Sie ja selbst, dass hier gestorben wird, und zwar gratis. Da kann man schon bitter werden.«
     
    * * *
     
    (8. September) Garibaldi ist in Neapel eingezogen, ohne auf Widerstand zu stoßen. Offenbar fühlt er sich wieder obenauf, denn Nievo sagt mir, er habe Vittorio Emanuele gebeten, Cavour zu entlassen. In Turin werden sie jetzt meinen Bericht brauchen, und mir ist klar, dass er möglichst antigaribaldinisch ausfallen muss. Ich werde viel Tinte über das Freimaurergold vergießen, ich werde Garibaldi als unbesonnenen Menschen darstellen, ausführlich auf das Massaker von Bronte eingehen, auch auf die anderen Delikte, die Diebstähle, Unterschlagungen, Bestechungen und die allgemeine Verschwendung. Ich werde das Verhalten der Freiwilligen gemäß den

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