Die historischen Romane
der Materialien zum Bombenbau hatte vorstrecken müssen, blieben ihm netto 35000 Francs, mehr als ein Zehntel des Kapitals der gut 300000, die er anstrebte.
Während er mit dem Ende Ninuzzos zufrieden war, tat es ihm wegen Gaviali ein bisschen leid, er war ja alles in allem ein guter Teufel gewesen und hatte ihm vertraut. Aber wer ein Verschwörer sein will, darf keine zu großen Risiken eingehen und niemandem vertrauen.
Schade war’s auch um Lacroix, der ihm ja eigentlich nie etwas Böses getan hatte. Aber seine Witwe würde eine gute Pension bekommen.
12.
Eine Nacht in Prag
4. April 1897
Blieb nur noch, diesen Guédon aufzusuchen, den mir Joly genannt hatte. Die Buchhandlung in der Rue de Beaune wurde von einer runzligen alten Jungfer geleitet, die einen riesigen schwarzen Wollrock und ein Häubchen wie Rotkäppchen trug, das – zum Glück – ihr halbes Gesicht bedeckte.
Ich fand den Gesuchten sofort, einen Skeptiker, der die Welt ringsum mit Ironie sah. Ich mag Ungläubige. Er reagierte positiv auf Jolys Bitte: Ja, er werde ihm Essen und auch etwas Geld schicken. Dann frotzelte er über den Freund, für den er sich einsetzte: Warum ein Buch schreiben und Gefängnis riskieren, wenn diejenigen, die Bücher lesen, schon von Natur aus Republikaner sind, und diejenigen, die den Diktator unterstützen, analphabetische Bauern, die Gott sei Dank zur Wahl gehen dürfen?
Die Fourieristen? Brave Leute, aber wie könne man einen Propheten ernst nehmen, der verkünde, in einer erneuerten Welt würden auch in Warschau Orangen wachsen, die Ozeane würden aus Limonade sein, die Menschen würden Tierschwänze haben und Inzest und Homosexualität würden als die natürlichsten menschlichen Triebe angesehen werden?
»Und warum frequentieren Sie dann die Fourieristen?« fragte ich ihn.
»Weil sie noch die einzigen Ehrlichen sind, die sich der Diktatur des infamen Bonaparte widersetzen«, antwortete er. »Sehen Sie dort die schöne Dame«, fuhr er fort. »Das ist Juliette Lamessine 11 , eine der einflussreichsten Frauen im Salon der Comtesse d’Agoult. Sie versucht gerade, mit dem Geld ihres Mannes einen eigenen Salon in der Rue de Rivoli auf die Beine zu stellen. Sie ist bezaubernd, sie ist intelligent, sie ist eine Schriftstellerin von beachtlichem Talent, man wird sich darum reißen, bei ihr eingeladen zu werden.«
Guédon zeigte mir auch einen großen, gutaussehenden und charmanten Herrn. »Das ist Alphonse Toussenel 10 , der berühmte Autor des Buches L’Esprit des bêtes . Sozialist, unbeugsamer Republikaner und närrisch verliebt in Juliette, die ihn keines Blickes würdigt. Aber er ist der brillanteste Kopf hier.«
Toussenel sprach gerade über den Kapitalismus, der im Begriff sei, die moderne Gesellschaft zu vergiften.
»Und wer sind die Kapitalisten? Die Juden, die Könige unserer Zeit. Die Revolution des letzten Jahrhunderts hat den Kapetinger enthauptet, die des unseren wird Moses enthaupten müssen. Ich werde ein Buch über das Thema schreiben. Wer die Juden sind? Nun, alle, die den Schutzlosen und dem Volk das Blut aussaugen. Also die Protestanten, die Freimaurer. Und natürlich die Kinder Israels.«
»Die Protestanten sind keine Juden«, warf ich ein.
»Wer Jude sagt, sagt Protestant. Die englischen Methodisten, die deutschen Pietisten, die schweizerischen und holländischen Calvinisten, sie alle lernen, den Willen Gottes im selben Buch wie die Juden zu lesen, in der Bibel, einer Geschichte voller Inzest, Massakern und grausamen Kriegen, in der man Siege nur durch Verrat und Betrug erringt, in der Könige Ehemänner umbringen lassen, um sich ihrer Frauen zu bemächtigen, in der Frauen, die sich heilig nennen, ins Schlafgemach feindlicher Generäle eindringen, um ihnen den Kopf abzuschlagen. Cromwell zitierte die Bibel, als er seinem König den Kopf abschlug, Malthus, der den Kindern der Armen das Lebensrecht absprach, war von der Bibel durchdrungen. Die Juden sind eine Rasse, die ihre Zeit damit verbringt, an ihre Versklavung zu erinnern, und dabei sind sie immer bereit, sich dem Kult des Goldenen Kalbes zu unterwerfen, trotz aller Zeichen des göttlichen Zorns. Die Bekämpfung der Juden müsste das Hauptziel jedes Sozialisten sein, der diesen Namen verdient. Ich rede nicht von den Kommunisten, denn deren Begründer ist Jude, aber es geht darum, das Komplott des Geldes anzuprangern. Warum ist ein Apfel in einem Pariser Restaurant hundertmal mehr wert als in der Normandie? Es gibt Völker, die wie
Weitere Kostenlose Bücher