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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Interesse an der Einheit Italiens hatten und es ihnen viel mehr darum ging, schöne Bomben explodieren zu lassen. Sie waren genau die Art von Besessenen, die er suchte.
    »Das Attentat von Orsini«, erklärte er, »ist nicht gescheitert, weil er die Bomben nicht gut geworfen hätte, sondern weil diese Bomben schlecht gemacht waren. Heute haben wir tapfere Helden, die ihr Leben riskieren, um Bomben im richtigen Augenblick zu werfen, aber wir haben noch ungenaue Vorstellungen von dem Sprengstoff, den man dazu benutzen muss, und die Gespräche, die ich mit unserem Freund Gaviali geführt habe, haben mich zur Überzeugung gebracht, dass eure Gruppe uns nützlich sein könnte.«
    »Wen meinen Sie, wenn Sie ›uns‹ sagen?« fragte einer.
    Simonini tat so, als ob er einen Augenblick zögere, dann griff er auf die Formeln zurück, die ihm das Vertrauen der Turiner Studenten eingebracht hatten: Er repräsentiere die Führung der Carboneria , die Alta Vendita , er sei ein Stellvertreter des phantomatischen Nubius, und mehr dürfe man ihn nicht fragen, denn bei den Carbonari kenne jeder nur seinen unmittelbaren Vorgesetzten. Das Problem sei, dass neue Bomben von unbestreitbarer Effizienz nicht aus dem Stand produziert werden könnten, dazu brauche man Experimente in großer Zahl und quasi alchimistische Studien, um die richtige Mischung zu finden und sie dann auf freiem Feld auszuprobieren. Er sei in der Lage, ihnen ein ruhig gelegenes Labor anzubieten, gleich hier in der Rue de la Huchette, und auch alles nötige Geld für die Kosten. Wenn sie die Bomben dann fertig hätten, bräuchten sie sich um die Ausführung des Attentats nicht mehr zu kümmern, aber sie sollten vorher schon Flugblätter im Labor bereit halten, die den Tod des Kaisers verkündeten und die Ziele der Attentäter erklärten. Wenn Napoleon tot sei, sollten sie dafür sorgen, dass diese Flugblätter in verschiedenen Teilen der Stadt zirkulierten, und einige auch in die Pförtnerlogen der großen Zeitungen legen.
    »Macht euch keine Sorgen, es gibt jemanden ziemlich hoch oben, der das Attentat mit Wohlwollen sehen würde. Einer unserer Leute in der Polizeipräfektur heißt Lacroix. Aber ich bin nicht sicher, dass man ihm voll vertrauen kann, also versucht lieber nicht, Kontakt mit ihm aufzunehmen, denn wenn er erfährt, wer ihr seid, könnte es sein, dass er euch denunziert, bloß um befördert zu werden. Ihr wisst ja, wie diese Doppelagenten sind…«
    Der Vorschlag wurde begeistert angenommen, Gavialis Augen glänzten. Simonini gab ihm die Schlüssel zu dem Labor und eine ansehnliche Summe für die ersten Einkäufe. Nach ein paar Tagen ging er die Verschwörer besuchen und fand, dass die Experimente gut vorankamen, ließ ein paar hundert Flugblätter da, die ihm ein willfähriger Drucker hergestellt hatte, übergab ihnen eine weitere Summe für die Auslagen, sagte »Viva l’Italia!« und »Rom oder Tod!« und ging wieder.
     
    Doch an diesem Abend schien ihm, als er die Rue Saint-Séverin hinunterging, die um diese Zeit menschenleer war, als hörte er hinter sich Schritte, die ihm folgten, nur dass sie, sobald er stehenblieb, nicht mehr zu hören waren. Er beschleunigte seinen Gang, aber die Schritte kamen näher und näher, bis ihm klar wurde, dass da jemand nicht einfach nur hinter ihm herging, sondern ihn verfolgte. Und tatsächlich hörte er kurz darauf dicht hinter sich ein Keuchen, dann wurde er plötzlich gepackt und in die Impasse Salembrière gedrückt, die sich (noch schmaler als die Rue du Chat-qui-Pêche) genau an diesem Punkt öffnete – ganz so, als würde sein Verfolger die Örtlichkeit sehr gut kennen und hätte den Moment des Angriffs trefflich gewählt. Und gegen die Mauer gedrückt sah Simonini nur das Schimmern einer Messerklinge, die fast seine Wange berührte. Das Gesicht seines Angreifers war im Dunkeln nicht zu erkennen, doch er stutzte, als er die Stimme hörte, die ihm mit sizilianischem Akzent in die Ohren zischelte: »Sechs Jahre habe ich gebraucht, mein lieber Herr Pater, um Ihre Spur wiederzufinden, aber jetzt habe ich Sie!«
    Es war die Stimme von Meister Ninuzzo, den Simonini geglaubt hatte, mit einem zwei Handbreit tief in den Leib gestoßenen Dolch beim alten Pulvermagazin von Bagheria liegengelassen zu haben.
    »Tja, ich lebe, weil dort, nachdem Sie gegangen waren, eine barmherzige Seele vorbeigekommen ist und mir geholfen hat. Drei Monate lang schwebte ich zwischen Leben und Tod, und am Bauch habe ich eine Narbe, die

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