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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Luxuskarossen ein, und tout Paris ging den Rausch der Unterwelt genießen – ein Großteil letzterer war vermutlich vom Wirt des Château-Rouge mit Gratis-Absinth angeheuert worden, um die guten Bürger anzulocken, die für den gleichen Absinth den doppelten Preis bezahlten.
     
     
     
    In diesem Etablissement kontaktierte Simonini, einer Anregung von Ratschkowski folgend, einen gewissen Fayolle, der von Beruf Fötenhändler war. Er war ein älterer Mann, der seine Abende im Château-Rouge verbrachte, wo er für achtzigprozentigen Branntwein ausgab, was er tagsüber in Hospitälern durch das Sammeln von Föten und Embryonen verdiente, die er an die Studenten der École de Médecin verkaufte. Er stank außer nach Alkohol auch nach verwestem Fleisch, und der Geruch, den er ausströmte, zwang ihn, sogar unter den Stammgästen des Châteu-Rouge isoliert zu bleiben; doch er genoss, wie es hieß, viele Bekanntschaften im studentischen Milieu und besonders unter den Dauerstudenten, die mehr dazu neigten, sich allerlei Freiheiten zu erlauben als Föten zu studieren, und die zu jedem Krawall bereit waren, sobald sich eine Gelegenheit bot.
    Nun wollte es der Zufall, dass gerade in diesen Tagen die jungen Männer des Quartier Latein erbost waren über einen alten Perückenträger, den Senator Bérenger, der sofort den Spitznamen »Père la Pudeur« bekam, weil er ein Gesetz eingebracht hatte, das gegen die Beleidigung der guten Sitten vorgehen sollte, deren erste Opfer (sagte er) gerade die Studenten seien. Anlass waren die exhibitionistischen Darbietungen einer gewissen Sarah Brown, die sich halbnackt und gut im Fleisch (und wahrscheinlich verschwitzt, wie Simonini schaudernd dachte) im Bal des Quat’z Arts präsentierte.
    Wehe, wenn man den Studenten die ehrlichen Freuden des Voyeurismus nimmt. Eine Gruppe, die Fayolle kannte, war bereits entschlossen, eines Nachts unter den Fenstern des Senators Radau zu machen. Man musste nur noch wissen, wann das sein würde, und dafür zu sorgen, dass dann in der Nachbarschaft andere Individuen bereitstanden, die nur darauf warteten, handgreiflich zu werden. Für eine mäßige Summe war Fayolle bereit, sich um alles zu kümmern. Simonini brauchte Hébuterne nur noch über Tag und Stunde zu informieren.
    So erschien, kaum dass die Studenten angefangen hatten zu randalieren, eine Kompanie Soldaten oder Gendarmen. Nichts ist besser als die Polizei, unter allen Breitengraden der Welt, um in Studenten kriegerische Leidenschaften zu wecken, und so flogen im allgemeinen Geschrei bald die ersten Steine, doch eine Tränengaspatrone, die ein Soldat abgeschossen hatte, bloß um ein bisschen Rauch zu machen, traf einen unseligen Passanten, der zufällig des Weges kam, ins Auge. Voilà, da haben wir ihn, den unverzichtbaren Toten! Natürlich sofort Barrikaden, Beginn einer regelrechten Revolte. In diesem Moment traten die von Fayolle angeheuerten Schläger in Aktion. Die Studenten hielten einen Pferde-Omnibus an, baten die Passagiere höflich auszusteigen, banden die Pferde los und kippten das Gefährt auf die Seite, um daraus eine Barrikade zu machen, doch die anderen Hitzköpfe intervenierten sofort und steckten das Vehikel in Brand. Nach kurzer Zeit war man vom lärmenden Protest zum Aufruhr übergegangen und vom Aufruhr zu einem Anflug von Revolution. Genug, um die ersten Seiten der Zeitungen eine ganze Weile zu beschäftigen, und Adieu Panamaskandal.
     
    Das Bordereau
    Das meiste Geld verdiente Simonini 1894. Die Sache war eher zufällig passiert, auch wenn dem Zufall immer ein bisschen nachgeholfen werden muss. Zu dieser Zeit hatte sich Drumonts Unwille über die Präsenz allzu vieler Juden in der Armee verstärkt.
    »Niemand spricht darüber«, klagte er, »denn von diesen potentiellen Verrätern des Vaterlandes zu sprechen, die sich mitten in unserer ruhmreichsten Institution eingenistet haben, und laut zu sagen, dass unsere Armee durch so viele von diesen Juden vergiftet ist« (er sprach die Worte »diese Juden«, ces juifs , so aus, dass es wie ces juëfs, ces juëfs klang, wobei er die Lipen vorstülpte, als wollte er einen ebenso innigen wie ungestümen Kontakt mit der ganzen Rasse der infamen Israeliten aufnehmen) »heißt den Glauben an unsere Armee aufgeben, aber einer muss doch davon sprechen. Wissen Sie, wie der Jude heutzutage versucht, respektabel zu werden? Indem er eine Karriere als Offizier macht, oder indem er in den Salons der Aristokratie als Künstler und Päderast

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