Die historischen Romane
trieben's mit ihm, fragt mich nicht, wie! Und ich weiß absolut sicher, dass mit Schwarzer Magie dieser Art erst vor Kurzem in Avignon Zaubersäfte gebraut wurden, um sie unserem Herrn Papst ins Essen zu tun und ihn so zu vergiften. Er konnte dem Anschlag nur entgehen, weil er wundertätige Ringe trug in Form einer Schlangenzunge, besetzt mit herrlichen Edelsteinen, Smaragden und Rubinen, die ihm durch überirdische Kräfte erlaubten, das Gift in der Speise rechtzeitig zu entdecken! Elf dieser kostbaren Zungen hatte der König von Frankreich ihm geschenkt, dem Himmel sei Dank, und nur so entging unser Herr Papst dem Tode! Aber die Feinde des Pontifex taten noch mehr, und alle wissen, was man damals bei dem Häretiker Bernard Délicieux entdeckte, als er vor zehn Jahren verhaftet wurde: In seinem Hause fanden sich Bücher der Schwarzen Magie mit Unterstreichungen und Kommentaren auf den allerruchlosesten Seiten, in denen genau beschrieben wurde, wie man Wachsfiguren herstellt, um seinen Feinden zu schaden. Und ob Ihr's glaubt oder nicht, in seinem Hause fand man sogar Figuren, die in gewiss bewundernswerter Kunstfertigkeit die Gestalt des Papstes nachbildeten, mit roten Kreisen um die lebenswichtigen Körperteile! Und wie jedermann weiß, werden solche Figuren vor einem Spiegel an einem Strick aufgehängt, und dann sticht man mit Nadeln in die Kreise, und dann... Aber was halte ich mich hier auf mit diesen widerwärtigen Praktiken! Der Papst selber hat sie erst voriges Jahr genau beschrieben und verurteilt, in seiner Konstitution Super illius specula . Ich hoffe, Ihr habt davon eine Abschrift in Eurer reichhaltigen Bibliothek, so dass Ihr gebührend darüber meditieren könnt...«
»Gewiss, gewiss, wir haben eine«, beeilte der Abt sich entsetzt zu versichern.
»Gut«, schloss Bernard zufrieden. »Nach alledem scheint mir der Fall hier klar. Ein verführter Mönch, eine Hexe und ein dämonischer Ritus, der glücklicherweise nicht zur Ausführung kam. In welcher Absicht? Das werden wir sehr bald wissen, ich opfere gern ein paar Stunden der Nachtruhe, um es herauszubekommen. Hochwürden möge mir einen Ort zur Verfügung stellen, wo diese Gefangenen sicher verwahrt werden können.«
»Wir haben unterirdische Zellen im Fundament des Werkstattgebäudes«, sagte der Abt. »Zum Glück werden sie selten benutzt und stehen seit Jahren leer...«
»Zum Glück oder auch zum Unglück«, ergänzte Bernard und befahl den Bogenschützen, sich den Weg zeigen zu lassen, die beiden Gefangenen in zwei getrennte Zellen zu sperren und den Mönch gut anzuketten, möglichst an einen Ring in der Wand, damit er, Bernard, ihm gut ins Gesicht blicken könne, wenn er ihn nachher verhöre. Was das Mädchen betreffe, so sei ja wohl klar, um was für eine es sich bei ihr handle, und es lohne sich nicht, sie noch in derselben Nacht zu verhören. Er werde noch weitere Beweise abwarten, ehe er sie als Hexe verbrennen lasse, aber wenn sie eine Hexe sei, werde sie schwerlich reden. Der Mönch indessen könne vielleicht noch bereuen (und bei diesen Worten fixierte Bernard den schlotternden Salvatore, wie um ihm anzudeuten, dass es für ihn noch einen Ausweg gebe), wenn er die Wahrheit sage und vor allem seine Komplizen nenne.
Die beiden Gefangenen wurden abgeführt, der eine still und geschlagen und wie im Fieber zitternd, die andere klagend, wild um sich schlagend und schreiend wie ein Tier auf dem Wege zur Schlachtbank. Doch weder Bernard noch die anderen noch ich verstanden, was sie da sagte in ihrer Bauernsprache. So viel sie auch schreien mochte, sie war wie stumm. Es gibt Worte, die einem Macht verleihen, und andere, die einen immer noch hilfloser machen, und von dieser Art sind die Worte der einfachen Leute, denen's der Herr nicht gegeben hat, sich in der universalen Sprache des Wissens und der Macht auszudrücken.
Abermals war ich versucht, der Ärmsten hinterherzustürzen, und abermals hielt mich mein Meister tief verdüsterten Blickes zurück. »Bleib stehen, du Narr!« sagte er hart. »Das Mädchen ist hin, verloren, verbranntes Fleisch!«
Während ich wie gelähmt die Szene verfolgte und in einem Wirbel widersprüchlicher Gedanken das Mädchen anstarrte, spürte ich plötzlich, wie jemand mir die Hand auf die Schulter legte. Ich weiß nicht warum, aber ich wusste sofort, dass es Ubertin war.
»Du betrachtest die Hexe, nicht wahr?« sagte er leise, und ich wusste, dass er von meiner Geschichte nichts wissen konnte, also nur darum so
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