Die historischen Romane
Vermittler...«
Er wurde von Bernard unterbrochen, der sich just in diesem Moment an ihn wandte: »Mich würde interessieren, Bruder William, von welchen Schriften Ihr heute Morgen mit Severin spracht, als Euch der Cellerar hörte und missdeutete.«
William hielt dem bohrenden Blick des Inquisitors stand. »Er missdeutete mich, in der Tat. Wir sprachen von einer Kopie des Traktates von Ayyub al Ruhawi über die Tollwut bei Hunden, ein äußerst gelehrtes Werk, das Ihr gewiss vom Hörensagen kennt und das Euch oft von großem Nutzen gewesen sein dürfte... Die Tollwut, sagt Ayyub, ist bei Hunden erkennbar an fünfundzwanzig deutlichen Anzeichen...«
Bernard, der zum Orden der Domini canes gehörte, hielt es nicht für angebracht, sich auf einen neuen Kampf einzulassen. »Es ging also um Dinge, die mit dem vorliegenden Fall nichts zu tun haben«, sagte er rasch und setzte das Verhör des Cellerars fort.
»Zurück zu dir, Minoritenbruder Remigius, der du noch viel gefährlicher bist als ein tollwütiger Hund. Hätte dein Mitbruder William in diesen Tagen mehr auf das Geifern der Ketzer geachtet als auf das Geifern der Hunde, so hätte vielleicht auch er entdeckt, welche Schlange sich einzunisten vermochte in dieser Abtei. Zu den Briefen also. Wir wissen jetzt mit Sicherheit, dass sie in deinen Händen waren und dass du dich bemühtest, sie zu verbergen, als wären sie schlimmstes Gift, und dass du sogar gemordet hast...«, mit einer knappen Handbewegung unterband er einen Protestversuch, »...über den Mord reden wir später... dass du sogar gemordet hast, sagte ich, damit sie mir nicht in die Hände fielen. Gibst du jetzt zu, dass diese Schriftstücke dir gehören?«
Der Cellerar schwieg, doch sein Schweigen war sehr beredt. Weshalb Bernard sofort nachstieß: »Und was sind das für Schriftstücke? Es sind zwei Briefe von der Hand des Häresiarchen Dolcino, die er wenige Tage vor seiner Ergreifung geschrieben und einem seiner Jünger anvertraut hat, damit dieser sie anderen Sektenmitgliedern, die noch verstreut in Italien leben, überbringe! Ich könnte alles vorlesen, was hier geschrieben steht, und wie Dolcino, sein nahes Ende befürchtend, die Mitbrüder, wie er sagt, auf den Satan zu hoffen ermuntert! Er tröstet sie mit der Ankündigung, mögen die hier genannten Daten auch nicht mit denen seiner früheren Rundbriefe übereinstimmen, in welchen er die totale Vernichtung aller Priester durch Kaiser Friedrich für das Jahr 1305 angekündigt hatte, dass diese Vernichtung gleichwohl nicht mehr fern sei. Womit der Häresiarch erneut gelogen hatte, denn seither sind über zwanzig Jahre vergangen, und keine seiner ruchlosen Prophezeiungen hat sich erfüllt! Aber nicht über den lachhaften Dünkel dieser Prophezeiungen haben wir hier zu reden, sondern über die Tatsache, dass Remigius ihr Überbringer war. Kannst du noch leugnen, unbußfertiger Ketzerbruder, dass du Verkehr und Gemeinschaft hattest mit der Sekte der Pseudo-Apostel?«
Der Cellerar konnte es nicht mehr leugnen. »Herr Inquisitor«, sagte er kleinlaut, »meine Jugend war durchdrungen von höchst beklagenswerten Irrtümern. Als ich Dolcino predigen hörte, bereits verführt von den falschen Lehren der Brüder des armen Lebens, glaubte ich ihm und schloss mich seiner Bande an. Ja, es ist wahr, ich zog mit ihnen durch die Berge von Brescia und Bergamo, ich war mit ihnen in Como und in Valsesia, ich floh mit ihnen auf die Parete Calva und ins Tal der Rassa und schließlich auf den Monte Rebello. Aber ich war an keiner ihrer Missetaten beteiligt, und wenn sie Plünderungen und Gewalttaten begingen, war ich stets erfüllt vom Geiste der Sanftmut, wie er den Kindern des heiligen Franz eigentümlich ist, und genau auf dem Monte Rebello sagte ich zu Dolcino, dass ich mich nicht in der Lage fühlte, an seinem Kampf teilzunehmen, und da entließ er mich, denn er wollte, wie er mir sagte, keine Schlappschwänze um sich haben, und als einziges bat er mich noch, diese Briefe nach Bologna zu überbringen...«
»Wem?« fragte Kardinal Bertrand.
»Einigen seiner Sektenbrüder, deren Namen mir, glaube ich, noch im Gedächtnis sind, und sobald sie mir einfallen, werde ich sie Euch sagen, Herr Kardinal«, beeilte der Angeklagte sich zu versichern. Und prompt nannte er die Namen einiger Leute, die Bertrand offenbar kannte, denn dieser lehnte sich mit zufriedenem Lächeln zurück und nickte dem Inquisitor zu.
»Sehr gut«, sagte Bernard und notierte die Namen. Dann
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