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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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widerlegt werden in den vom Herrn gewollten Formen und Zeiten. Daher die Verantwortlichkeit unseres Ordens in den Jahrhunderten und daher heute die Bürde unserer Abtei: stolz zu sein auf die Wahrheit, die wir verkünden, demütig und klug im Bewahren der wahrheitswidrigen Worte, ohne uns durch sie zu beflecken... Wohlan, meine Brüder, welches ist nun die Sünde der Hoffart, die einen studierenden Mönch befallen kann? Die eines Missverstehens seiner Arbeit nicht als ein Bewahren, sondern als ein suchendes Forschen nach einer verborgenen Wahrheit, die den Menschen angeblich noch nicht zuteil geworden ist, als wäre die letzte nicht bereits aufgeklungen in den letzten Worten des letzten Engels, der da spricht im letzten Buche der Heiligen Schrift: ›Ich bezeuge allen, die da hören die Worte der Weissagung in diesem Buche: So jemand etwas hinzufügt, so wird Gott ihm zufügen die Plagen, die in diesem Buche geschrieben stehn, und so jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buches dieser Weissagung, so wird Gott wegnehmen seinen Teil vom Buche des Lebens und von der heiligen Stadt und von dem, was in diesem Buche geschrieben steht.‹ – Nun, meine unseligen Brüder, dünkt euch nicht, dass diese Worte nichts anderes bergen als das, was jüngst in unseren Mauern geschehen ist, während das, was in unseren Mauern geschehen ist, nichts anderes birgt als das Schicksal des Jahrhunderts, in welchem wir leben? Eines Jahrhunderts, das in jeder Hinsicht, in Worten und Taten, in Burgen und Städten, in hochfahrenden Universitäten und himmelstürmenden Domen darauf versessen ist, neue Zutaten zu den Worten der Wahrheit zu finden, wodurch es den Sinn eben jener Wahrheit entstellt, die bereits vollständig und offenkundig zutage liegt, zu der alles Notwendige schon gesagt worden ist und die keiner törichten Erweiterung mehr bedarf, sondern nur unermüdlicher Verteidigung! Dies ist die Hoffart, die aufgeflammt ist in unseren Mauern und die weiterhin züngelt! Und ich sage all denen, die sich erkühnt haben und erkühnen, die Siegel der nicht für sie bestimmten Bücher zu brechen: Es war diese Hoffart, die der Herr hat züchtigen wollen, und er wird fortfahren, sie zu züchtigen, wenn sie nicht abnimmt und sich in Demut beugt, denn für den Herrn ist es ein Leichtes, dank unserer Schwächen, auch künftig die Werkzeuge seiner Vergeltung zu finden!«
    »Hast du gehört, Adson?« flüsterte William mir zu. »Der Alte weiß mehr, als er sagt. Ob er seine Hände in dieser Geschichte drin hat oder nicht, er weiß Bescheid, und er warnt die Mönche: Wenn sie nicht aufhören, die Bibliothek zu verletzen, wird die Abtei nicht zur Ruhe kommen!«
    Jorge ließ eine lange Pause eintreten. Dann sprach er weiter.
    »Wer aber ist der Inbegriff dieser Hoffart? Wessen Abbilder und Vorboten, Helfershelfer und Wegbereiter sind diese Hoffärtigen? Wer hat in Wahrheit gehandelt und wird womöglich noch weiter handeln in diesen Mauern, um uns kundzutun, dass die Zeit nicht mehr fern ist – und um uns damit auch zu trösten, denn wenn die Zeit nicht mehr fern ist, werden die Leiden zwar unerträglich sein, aber nicht endlos, geht doch der große Zyklus des Universums dann seinem Ende entgegen? Oh, ihr habt es sehr gut verstanden, ihr wisst es genau, und ihr fürchtet euch, seinen Namen zu nennen, denn es ist auch der eure, und ihr habt Angst vor ihm! Doch mögt ihr auch Angst vor ihm haben, ich habe keine, und so sage ich denn mit lauter Stimme, auf dass eure Eingeweide sich wenden vor Schrecken und eure Zähne klappern, bis sie euch die Zunge abbeißen, auf dass euch das Blut in den Adern gerinne und sich über eure Augen ein dunkler Schleier lege... Es ist die Bestia immunda: der Antichrist!«
    Er machte erneut eine lange Pause. Die Mönche saßen in ihrem Gestühl, als wären sie tot. Das Einzige, was sich regte im weiten Kirchenraum, war die flackernde Flamme auf dem Dreifuß, doch selbst die Schatten, die sie warf, schienen erstarrt zu sein. Der einzige schwach vernehmbare Laut war das Keuchen Jorges, der sich den Schweiß von der Stirne wischte. Dann fuhr er fort.
    »Vielleicht wollt ihr jetzt sagen: Nein, der ist noch nicht gekommen, wo sind die Vorzeichen seiner Ankunft? Toren, seid ihr mit Blindheit geschlagen? Wir haben sie doch tagtäglich vor Augen, die unheilverkündenden Katastrophen, im großen Amphitheater der Welt wie in ihrem verkleinerten Spiegelbild dieser Abtei... Es ward geweissagt: Wenn der Augenblick nahe ist, wird sich ein

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