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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Sankt Andreas und des Sankt Paulus; hier der Beryll, rechte Lehre, Wissenschaft, Großzügigkeit, ureigenste Tugenden des Sankt Thomas... Wie herrlich ist die Sprache der Edelsteine!« rief der Abt hingerissen, entrückt wie in einer Vision. »Die Steinschneider der Überlieferung gewannen sie aus der Amtstracht des Aaron und aus der Beschreibung des Himmlischen Jerusalem im Buche der Offenbarung; sind doch die Mauern Zions mit den gleichen Juwelen besetzt wie das Brustschild des Bruders Moses’, abgesehen von Karfunkel, Achat und Onyx, die im Buche Exodus aufgeführt werden und in der Apokalypse ersetzt worden sind durch Chalzedon, Sardonyx, Chrysopras und Hyazinth.«
    William wollte etwas sagen, doch der Abt gebot ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. »Ich entsinne mich eines Litanials«, fuhr er fort, »in welchem jeder Stein beschrieben war und gereimt zur Ehre der Heiligen Jungfrau. Von ihrem Verlobungsring hieß es, er sei ein Symbolgedicht voller höherer Wahrheiten, ausgedrückt in der lapidaren Sprache der Edelsteine, die ihn schmückten. Jaspis für den Glauben, Chalzedon für die Caritas, Smaragd für die Reinheit, Sardonyx für die Stille des jungfräulichen Lebens, Rubin für das blutende Herz auf dem Kalvarienberg, Chrysolith mit seinem vielfarbigen Funkeln für die Vielfalt der Wunder Mariä, Hyazinth für die Mildtätigkeit, Amethyst mit seinem Schillern von Rosa zu Blau für die Liebe zu Gott... Doch eingelegt in die Fassung waren noch andere Substanzen, nicht minder beredte, so der Kristall, der auf die Keuschheit der Seele und des Leibes verweist, der Lynkur, der dem Bernstein ähnelt, Symbol der Mäßigung, und der Magnet, der Eisen anzieht, wie die Jungfrau Maria die Saiten der reuigen Herzen anrührt mit dem Bogen ihrer Güte... Lauter kostbare Minerale also, die hier, wie du siehst, wenngleich in winziger und bescheidenster Dimension, auch meinen Ring schmücken.«
    Er bewegte die Hand und blendete mir die Augen mit dem Gefunkel des Ringes, als wollte er mich betäuben. »Eine wundervolle Sprache, nicht wahr? Für andere Patres bedeuten die Edelsteine noch anderes. Für Papst Innozenz III. verweist der Rubin auf die Ruhe und auf die Geduld und der Granat auf die Caritas. Für Sankt Bruno bündelt der Aquamarin in der Kraft seines klaren Leuchtens die theologische Wissenschaft. Türkis bezeichnet die Freude, Sardonyx evoziert die Seraphim, Topas die Cherubim, Jaspis die Throne, Chrysolith die Herrschaften, Saphir die Tugenden, Onyx die Mächte, Beryll die Fürstentümer, Rubin die Erzengel und Smaragd die Engel. Die Sprache der Edelsteine ist vielgestaltig, jeder drückt mehrere Wahrheiten aus, je nachdem, aus welcher Sicht man ihn liest und in welchem Kontext er aufscheint. Wer aber entscheidet, auf welcher Stufe man ihn zu deuten hat und welcher Kontext der richtige ist? Du weißt es, Novize, deine Lehrer haben es dich gelehrt: kein anderer als die Auctoritas, der sicherste Kommentator von allen, der mit dem größten Ansehen, folglich auch mit der reinsten Heiligkeit! Wie anders könnte man sonst die vielgestaltigen Zeichen deuten, die uns die Welt vor unsere sündigen Augen hält? Wie den Zweideutigkeiten entgehen, in die der Böse uns einzufangen versucht? Merke, mein Sohn: Nichts ist dem Teufel so sehr verhasst wie die Sprache der Edelsteine, die heilige Hildegard hat es bezeugt! Luzifer, der gefallene Engel, sieht darin eine Botschaft, die auf verschiedenen Sinn- oder Wissensstufen erstrahlt, und er möchte sie umkehren und auf den Kopf stellen, denn er erkennt im Strahlen der Steine den Widerschein jener Herrlichkeiten, die er einst vor dem Fall besaß, und er weiß, dass dieses Funkeln hervorgebracht wird vom Feuer, seiner Tortur...« Der Abt reichte mir seinen Ring zum Kuss, und ich kniete nieder. Er strich mir sanft übers Haar. »So vergiss denn nun, Jüngling, vergiss die zweifellos unwahren Dinge, die du gehört hast in diesen Tagen. Du bist in den größten und edelsten aller Orden eingetreten, ich bin ein Abt dieses Ordens, du stehst unter meiner Jurisdiktion. Vernimm also meinen Befehl: Vergiss, und mögen deine Lippen für immer versiegelt bleiben! Schwöre!«
    Bewegt, betört, überwältigt, wie ich war, hätte ich sicher geschworen – und du, lieber Leser, könntest nun nicht diese meine getreue Chronik lesen. Doch da griff William ein, nicht so sehr, um mich am Schwören zu hindern, als vielmehr aus instinktivem Widerwillen, aus Überdruss, um dem Abt in die Parade zu

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