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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Bildern.«
    »Gelobt sei der Herr. Und wie steht es mit De virtutibus herbarum von Platearius?«
    »Auch das ist da, und dazu De plantis von Aristoteles in der Übersetzung des Alfred von Sareshel.«
    »Ich habe gehört, dass es in Wahrheit nicht von Aristoteles sei«, bemerkte William, »ebenso wenig wie, einer neuen Entdeckung zufolge, De causis .«
    »In jedem Falle ist es ein großes Buch«, sagte Severin, und William stimmte ihm lebhaft zu, ohne nachzufragen, ob er De plantis oder De causis meinte – zwei Werke, die ich nicht kannte, die aber, nach diesem Gespräch zu urteilen, offenbar beide sehr bedeutend waren.
    »Ich würde mich freuen«, schloss Severin, »gelegentlich mit dir ein offenes Gespräch über die Kräuter zu führen.«
    »Ich würde mich noch mehr freuen als du«, erwiderte William, »aber wir wollen doch nicht das Schweigegebot verletzen, das uns hier die Regel eures Ordens gebietet.«
    »Die Regel des heiligen Benedikt«, sagte Severin, »hat sich im Lauf der Jahrhunderte den Bedürfnissen der verschiedenen Gemeinschaften angepasst. Die Regel sah die lectio divina vor, nicht aber de Forschung; du weißt indessen, wie weit unser Orden das Studium der göttlichen und der menschlichen Dinge vorangebracht hat. Die Regel verlangte auch das gemeinsame Dormitorium; zuweilen ist es indessen empfehlenswert, wie hier bei uns, dass die Mönche sich auch zur Nachtzeit der Meditation widmen können, und so hat hier jeder von uns seine eigene Zelle. Die Regel ist sehr streng, was das Schweigegebot betrifft, und auch bei uns dürfen nicht nur diejenigen Brüder, die Handarbeiten verrichten, sondern auch die anderen, die ihre Tage schreibend und lesend verbringen, keine Gespräche mit ihren Confratres führen; doch die Abtei ist in erster Linie eine Gemeinschaft von Forschenden, und so ist es oft erforderlich, dass die Mönche ihr angesammeltes Wissen untereinander austauschen. Jedes Gespräch, das unsere Studien betrifft, gilt daher als legitim und nützlich – solange es nicht gerade im Refektorium oder während der Stunden des Gottesdienstes geführt wird.«
    »Hattest du oft Gelegenheit, mit Adelmus von Otranto zu sprechen?« fragte William unvermittelt.
    Severin schien nicht überrascht. »Wie ich sehe, hat der Abt dich bereits ins Bild gesetzt«, erwiderte er. »Nein, mit dem habe ich nicht oft gesprochen. Er verbrachte seine Zeit mit Miniaturenmalerei. Ich habe ihn nur zuweilen mit anderen Mönchen sprechen gehört, mit Venantius von Salvemec oder mit Jorge von Burgos zum Beispiel. Außerdem verbringe ich meine Tage nicht im Skriptorium, sondern drüben«, er wies mit dem Kinn in Richtung auf das Hospital, »im Laboratorium.«
    »Verstehe«, sagte William. »Also weißt du auch nicht, ob Adelmus Visionen hatte.«
    »Visionen?«
    »Nun ja, zum Beispiel wie jene, die deine Kräuter hervorrufen.«
    Severins Züge verhärteten sich: »Ich sagte doch, ich hüte die gefährlichen Kräuter sehr sorgfältig.«
    »Das habe ich nicht gemeint«, beeilte sich William zu versichern. »Ich sprach von Visionen im Allgemeinen.«
    »Ich verstehe nicht«, beharrte der Bruder Botanikus. »Nun, ich dachte, dass ein Mönch, der sich zur Nachtzeit im Aedificium herumtreibt, wo dem Eindringling zu verbotener Stunde, wie der Abt mir andeutete, gewisse... entsetzliche Dinge widerfahren können... nun ja, ich dachte, ich meinte, er könnte teuflische Visionen gehabt haben, die ihn dazu trieben, sich in den Abgrund zu stürzen.«
    »Ich sagte doch, ich begebe mich selten in das Skriptorium, nur wenn ich ein bestimmtes Buch brauche, für den Normalfall habe ich meine Herbarien im Hospital. Aber wie gesagt, Adelmus war sehr vertraut mit Jorge, mit Venantius und natürlich mit Berengar.«
    Ich bemerkte eine leichte Erregung in Severins Stimme, die auch meinem Meister nicht entging: »Berengar? Und wieso natürlich?«
    »Berengar von Arundel, der Adlatus des Bibliothekars. Sie waren Altersgenossen, sie waren zusammen Novizen gewesen, es war also nur normal, dass sie manches miteinander zu besprechen hatten. Das wollte ich sagen.«
    »Ach so, das wolltest du sagen«, nickte William. Ich wunderte mich, dass er auf diesem Punkt nicht länger insistierte, denn abrupt wechselte er das Thema und sagte: »Aber vielleicht ist es nun an der Zeit, dass wir uns ins Aedificium begeben. Willst du uns führen?«
    »Gern, mit Vergnügen«, antwortete Severin, und seine Erleichterung stand ihm nur allzu deutlich im Gesicht geschrieben. So brachen

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