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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Ich immer bei mir Geschöpf, das mich erinnern an Baudolino.« Und von unten zu ihm aufblickend fragte er: »Du Geschöpf gemacht mit diesem Weibchen?«
    »Das geht dich gar nichts an«, erwiderte Baudolino undankbar. Gavagai verstummte.
    Baudolino zögerte noch, als seine Gefährten bei ihm eintrafen. Er machte sich klar, dass er ihnen nichts erklären konnte, nichts, was sie verstehen würden. Sodann versuchte er, sich selbst zu überzeugen. Es war alles so einsichtig: Der Wald war inzwischen vom Feind erobertes Land, die Hypatien hatten glücklich die Höhen erreicht, wo sie in Sicherheit waren, Hypatia hatte richtigerweise ihre Liebe zu Baudolino geopfert für die Liebe zu jenem werdenden Wesen, das sie von ihm hatte. Es war alles so herzzerreißend vernünftig, und es gab keine andere Wahl.
     
    »Ich war ja gewarnt worden, Kyrios Niketas: Der Demiurg hatte alles nur halb gemacht.«

 
    36. Kapitel
    Baudolino und die Vögel Roch
     
    »Armer unglücklicher Baudolino«, sagte Niketas so tief bewegt, dass er ganz vergaß, den mit Salz, Zwiebeln und Knoblauch gekochten Schweinekopf zu kosten, den Theophilattos den ganzen Winter über in einem kleinen Fass Meerwasser konserviert hatte. »Noch einmal, jedes Mal, wenn es dir unterkam, dich für etwas Wahres zu begeistern, hat dich das Schicksal bestraft.«
    »Seit jenem Abend sind wir drei Tage und drei Nächte ununterbrochen geritten, ohne zu schlafen, ohne zu essen und ohne zu trinken. Später erfuhr ich, dass meine Freunde Wunder an Schläue vollbracht hatten, um den Hunnen zu entgehen, auf die man im Umkreis von Meilen und Meilen überall stoßen konnte. Ich ließ mich führen. Ich folgte ihnen und dachte an Hypatia. Es ist richtig, sagte ich mir, dass es so gekommen ist. Hätte ich sie wirklich mitnehmen können? Hätte sie sich an eine ihr fremde Welt gewöhnt, der Unschuld des Waldes entzogen, der familiären Wärme ihrer Riten und der Gesellschaft ihrer Schwestern? Hätte sie darauf verzichtet, eine Auserwählte zu sein, dazu berufen, Gott zu erlösen? Ich hätte sie in eine Sklavin verwandelt, in eine unglückliche Sklavin. Und außerdem, ich hatte sie nie gefragt, wie alt sie war, aber sie hätte vielleicht zweimal meine Tochter sein können. Als ich Pndapetzim verließ, war ich, glaube ich, fünfundfünfzig Jahre alt. Ich war ihr jung und kräftig erschienen, weil ich der erste Mann war, den sie jemals gesehen hatte, aber ich ging in Wirklichkeit auf das Alter zu. Ich hätte ihr nur sehr wenig geben können und ihr alles genommen. Ich versuchte mir einzureden, dass die Dinge gegangen waren, wie sie gehen mussten. Sie mussten so gehen, dass sie mich für immer unglücklich machten. Wenn ich dies akzeptierte, würde ich vielleicht meinen Frieden finden.«
    »Warst du nicht versucht umzukehren?«
    »Jeden Moment, nach den drei ersten lethargischen Tagen. Aber wir waren vom Weg abgekommen. Wir hatten nicht denselben Weg eingeschlagen, den wir gekommen waren, wir waren ständig irgendwo abgebogen, hatten dreimal dasselbe Gebirge überquert, oder vielleicht waren es auch drei verschiedene Gebirge, aber wir waren nicht mehr imstande, sie zu unterscheiden. Die Sonne allein genügte nicht zur Orientierung, und wir hatten weder Ardzrouni noch seine Karte dabei. Vielleicht waren wir um den großen Berg herumgegangen, der sich in der Mitte des Tabernakels erhebt, und auf die andere Seite der Erde gelangt. Außerdem hatten wir keine Pferde mehr. Die armen Tiere waren seit Anfang der Reise bei uns gewesen und mit uns alt geworden. Wir hatten es nicht gleich gemerkt, weil es ja in Pndapetzim keine anderen Pferde gab, mit denen man sie vergleichen konnte. Die hektische Flucht der ersten drei Tage hatte sie erschöpft. Eins nach dem anderen starb, und das war für uns beinahe ein Glück, denn sie hatten immer die Umsicht, an Orten zu sterben, wo es nichts zu essen gab, so dass wir ihr Fleisch essen konnten, das wenige, was noch an ihren Knochen hing. Wir gingen zu Fuß weiter, auf wunden Füßen, und der einzige, der sich nicht beschwerte, war Gavagai, der niemals Pferde gebraucht hatte und dessen Fußsohle mit einer zwei Finger dicken Hornhaut bewehrt war. Wir aßen echte Heuschrecken, aber ohne Honig, im Gegensatz zu den heiligen Vätern der Wüste. Dann verloren wir Colandrino.«
    »Ausgerechnet den Jüngsten ...«
    »Den Unerfahrensten von uns. Er suchte nach etwas Essbarem zwischen den Felsen, streckte die Hand in eine tückische Höhle und wurde von einer Schlange

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