Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
Vom Netzwerk:
einquartierte Gäste zu erschrecken und sie glauben zu machen, es gäbe Gespenster im Zimmer, aber mehr nicht. Dein Poet kann Friedrich auf diesem Weg keinerlei Nachricht geschickt haben.«
    »Aber die leere Schale am Boden, das Feuer im Kamin ...«
    »Du hast mir gesagt, dass Friedrich sich an jenem Abend nicht wohl fühlte. Er war den ganzen Tag lang geritten, unter der sengenden Sonne jener Länder, die einem heftig zusetzt, wenn man sie nicht gewohnt ist, er hatte viele Tage voll unaufhörlicher Irrfahrten und blutiger Schlachten hinter sich ... Er war sicher müde, geschwächt, vielleicht hatte er Fieber. Was tut man, wenn man nachts mit Fieberschauern aufwacht? Man versucht sich besser zuzudecken, aber wenn man Fieber hat, friert man auch unter den Decken. Dein Kaiser hat den Kamin angezündet. Danach hat er sich noch schlechter gefühlt als vorher, ihn überkam die Angst, er sei vergiftet worden, und da hat er sein unnützes Gegengift getrunken.«
    »Aber warum hat er sich noch schlechter gefühlt?«
    »Hier bin ich mir nicht mehr sicher, aber wenn man's genau bedenkt, sieht man gleich, dass es nur eine Antwort geben kann. Beschreib mir noch einmal diesen Kamin, so dass ich ihn gut vor mir sehen kann.«
    »Da waren runde Holzscheite auf einem Bett aus Reisig, da waren Zweige mit wohlriechenden Beeren ... und dann Brocken einer dunklen Materie, ich glaube, es war Kohle, aber überzogen mit etwas Öligem ...«
    »Das war Naphtha, auch Bitumen genannt, eine Substanz, die sich in großen Mengen zum Beispiel in Palästina findet, im sogenannten Toten Meer, wo das, was du für Wasser hältst, so dicht und schwer ist, dass du in jenem Meer nicht versinkst, sondern oben schwimmst wie ein Boot. Plinius schreibt, dass diese Substanz eine so enge Beziehung zum Feuer hat, dass sie es, wenn sie ihm nahe kommt, auflodern lässt. Was die Kohle angeht, so wissen wir alle, was sie ist, wenn man sie, wie ebenfalls Plinius schreibt, aus Eichen gewinnt, indem man frische Zweige in einem Meiler verbrennt, das heißt in einem konusförmigen Haufen mit einem Überzug aus nasser Tonerde, in die Löcher gemacht worden sind, damit die ganze Feuchtigkeit während der Verbrennung abziehen kann. Aber manchmal wird das auch mit anderen Hölzern gemacht, deren Eigenschaften nicht immer bekannt sind. Nun haben viele Ärzte beobachtet, was geschieht, wenn man die Dämpfe einer schlechten Kohle einatmet, zumal wenn sie durch die Vereinigung mit bestimmten Arten von Bitumen noch gefährlicher wird. Es strömen dann giftige Dämpfe aus, die viel subtiler und tückischer sind als der Rauch, der sichtbar von einem Feuer aufsteigt, so dass es genügt, ein Fenster zu öffnen, um ihn loszuwerden. Diese Dämpfe dagegen sind unsichtbar, sie verbreiten sich im Raum, und wenn er geschlossen ist, stauen sie sich. Man könnte sie zwar bemerken, denn wenn diese Ausdünstungen in Kontakt mit der Flamme einer Öllampe kommen, färbt sich die Flamme blau. Aber meistens bemerkt man sie erst, wenn es schon zu spät ist und dieser üble Atem bereits die reine Luft ringsum verpestet hat. Der Unglückliche, der diese ;mephitische Luft einatmet, verspürt eine große Schwere im Kopf, hört ein Sausen in den Ohren, glaubt zu ersticken, sein Blick trübt sich ... Lauter gute Gründe, sich für vergiftet zu halten, also ein Gegengift zu trinken, und so hat es dein Kaiser getan. Aber wenn man, nachdem man diese Übel verspürt hat, nicht sofort den verpesteten Raum verlässt oder von jemandem herausgeholt wird, passiert noch Schlimmeres. Man fühlt sich von einer bleiernen Müdigkeit erfasst, man sinkt zu Boden, und in den Augen derer, die einen hinterher finden, erscheint man tot, ohne Atem, ohne Farbe, ohne Puls- und Herzschlag, die Glieder starr und das Gesicht leichenblass ... Auch der erfahrenste Arzt wird glauben, einen Toten vor sich zu haben. Man weiß von Personen, die in solchem Zustand begraben worden sind, während es genügt hätte, sie mit kalten Kopfumschlägen und Fußbädern zu behandeln, sie am ganzen Leib mit belebenden Ölen einzureiben ...«
    »Willst du mir«, unterbrach ihn da Baudolino, bleich wie das Antlitz Friedrichs an jenem Morgen, »willst du mir etwa sagen, dass wir den Kaiser nur für tot hielten und dass er in Wahrheit noch lebte ... ?«
    »So gut wie sicher, mein armer Freund. Er starb, als er in den Fluss geworfen worden war. Das eisige Wasser hatte in gewisser Weise begonnen, ihn wieder zum Leben zu erwecken, und das hätte sogar eine

Weitere Kostenlose Bücher