Die historischen Romane
haben: Wenn Sie mir zehn Dollar schicken, verrate ich Ihnen, wie man Millionär wird.«
»Aber der lügt nicht. Der hat das Geheimnis entdeckt. Wie ich.«
»Hör mal, lies lieber weiter. Scheint ja, als hättest du mich noch nie gesehen.«
»Es ist immer, als wär's das erste Mal.«
»Umso schlimmer. Ich lass' mich nicht mit dem erstbesten ein. Aber sag mal, ist es möglich, dass gerade du immer alle findest? Erst die Templer, dann die Rosenkreuzer? Hast du nie, was weiß ich, Plechanow gelesen?«
»Nein, ich warte noch, bis sie sein Grab finden, vielleicht in hundertzwanzig Jahren. Wenn Stalin ihn nicht mit dem Bulldozer begraben hat.«
»Blödmann! Ich geh ins Bad.«
30
Dass auch die gantze Christenheit mit solchen
Köpffen hin und wider uberhäufft, gibt uberflissig
die genandte Fraternitas Rosae Crucis zu erkennen.
Dann als solches Phantasma kaum außgeschlossen,
ungeachtet auch deren Fama und Confessio ...
klärlich bezeuget, das dies allein ein lusus
ingenii nimium lascivientis : Weil jedoch darin eine
Hoffnung solcher general Reformation gemacht
und von vielen seltsamen Künsten, von theils
lächerlich, theils ungläublichen Sachen anregung
gethan worden, haben sich in allen Landen auch sehr
gelehrte und fromme Leut damit so äffen lassen,
dass sie ihre Dienst und gute Willen, etwan mit
Benennung ihrer Namen, angebotten: Etwan solchen
verschwigen und beständig dafür gehalten, es
werden diese Fratres ... den Namen und Ort
solcher gutwilligen Clienten in dem Speculo Salomonis
oder durch andere Mittel unschwer errahten können.
Christoph von Besold(?), Anhang zu Tommaso Campanella,
Von der Spanischen Monarchia , Frankfurt 1623, p. 48
Danach kam das Beste, und bei Amparos Rückkehr war ich schon imstande, ihr wunderbare Dinge zu vermelden. »Das ist eine unglaubliche Geschichte. Die Manifeste erscheinen in einer Zeit, in der es von Texten dieser Art nur so wimmelt, alle suchen nach einer Erneuerung, einem Goldenen Zeitalter, einem Schlaraffenland des Geistes. Die einen schmökern in magischen Texten, die anderen schmelzen Metalle, die dritten befragen die Sterne, die vierten entwickeln Geheimschriften und Universalsprachen. In Prag verwandelt Kaiser Rudolf II. den ganzen Hof in ein Alchimistenlabor, lädt Comenius ein und John Dee, den Astrologen des englischen Hofes, der alle Geheimnisse des Kosmos auf den wenigen Seiten einer Monas Ieroglyphica enthüllt hat. Rudolfs Leibarzt Michael Maier schreibt ein Buch über visuelle und musikalische Embleme, betitelt Atalanta Fugiens , ein Fest von Drachen, die sich in den Schwanz beißen, Eiern der Weisen und Sphingen, nichts ist lichtvoller als die geheime Zahl, alles ist Hieroglyphe für irgendwas anderes. Stell dir vor, Galileo wirft Steinchen vom Schiefen Turm zu Pisa, Richelieu spielt Monopoly mit halb Europa, und dort laufen sie alle mit aufgerissenen Augen umher, um die Signaturen der Welt zu entziffern: Erzählt mir doch, was ihr wollt, von wegen Schwerkraftgesetze, hier drunter (oder eher: hier drüber) steckt was ganz anderes. Nämlich? Abrakadabra ... Torricelli konstruierte das Barometer, und diese Leute veranstalteten Ballette, Wasserspiele und Feuerwerke im Hortus Palatinus zu Heidelberg. Und derweil stand der Dreißigjährige Krieg kurz vor dem Ausbruch.«
»Wer weiß, wie froh Mutter Courage darüber war.«
»Aber auch ihnen ging's nicht immer gut. Der pfälzische Kurfürst nimmt 1619 die Krone von Böhmen an, wahrscheinlich weil er vor Sehnsucht verging, in Prag, der magischen Stadt, zu regieren, doch ein Jahr später schlagen ihn die Habsburger am Weißen Berg, in Prag werden die Protestanten massakriert, dem Comenius wird das Haus angezündet, die Bibliothek verbrannt, die Frau und der Sohn erschlagen, und er flieht von Hof zu Hof, um überall zu wiederholen, wie groß und hoffnungsvoll die Idee der Rosenkreuzer war.«
»Der Ärmste, sollte er sich mit dem Barometer trösten? Aber entschuldige einen Moment, du weißt ja, wir Frauen sind nicht so schnell von Kapee wie ihr: Wer hat denn die Manifeste geschrieben?«
»Tja, das ist das Schöne, man weiß es nicht. Lass mal sehen, kratz mir mal das Rosenkreuz ... nein, zwischen den Schulterblättern, nein, höher, nein, weiter links, ja, da. Also, in diesem deutschen Milieu sind unglaubliche Typen. Zum Beispiel ein gewisser Simon Studion, der eine Naometria schreibt, ein okkultes Traktat über die Maße des Salomonischen Tempels, oder Heinrich Khunrath, der
Weitere Kostenlose Bücher