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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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schmerzerfüllte Verlegenheit ab.
    »Wie bitte? Auf Ihre eigenen Kosten? Nein, nein, es ist nicht die Höhe der Summe, die Summe lässt sich begrenzen ... Aber der Verlag Manuzio pflegt nicht ... Gewiss, wem sagen Sie das, auch Joyce und Proust ... Gewiss, ich verstehe ... «
    Erneute leidvolle Pause. »Nun gut, wir werden darüber reden. Ich bin ehrlich zu Ihnen gewesen, Sie sind voller Ungeduld, also machen wir, was man einen joint venture nennt, die Amerikaner machen's uns vor. Kommen Sie morgen vorbei, und wir rechnen alles noch einmal durch ... Meine tiefe Verehrung und hohe Bewunderung.«
    Garamond legte auf, hob den Kopf, als erwachte er aus einem Traum, und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Dann entsann er sich plötzlich der Anwesenheit seines Besuchers. »Entschuldigen Sie. Das war ein Schriftsteller, ein echter Schriftsteller, vielleicht ein Großer. Und doch, gerade deshalb ... Manchmal ist es demütigend, diesen Beruf auszuüben. Wenn man nicht die Berufung hätte. Aber kommen wir zurück zu Ihnen. Wir haben uns alles gesagt, ich werde Ihnen schreiben, sagen wir, etwa in einem Monat. Ihr Text bleibt hier, in guten Händen.«
    Der Commendator De Gubernatis war sprachlos gegangen. Er hatte den Fuß in die Schmiede des Ruhmes gesetzt.

 
    39
     
    Ritter der Weltkugeln, Prinz des Tierkreises,
    Erhabener Hermetischer Philosoph, Oberkommandeur
    der Gestirne, Erhabener Priester der Isis,
    Prinz des Heiligen Hügels, Philosoph von Samothrakien,
    Titan des Kaukasus, Knabe der Goldenen
    Lyra, Ritter des Wahren Phönix, Ritter der
    Sphinx, Erhabener Weiser des Labyrinthes, Erster
    Brahmane, Mystischer Wächter des Heiligtums,
    Architekt des Mysteriösen Turmes, Erhabener
    Prinz des Heiligen Vorhangs, Deuter der
    Hieroglyphen, Orphischer Doktor, Wächter der Drei
    Feuer, Hüter des Unnennbaren Namens, Erhabener
    Ödipus der Großen Geheimnisse, Geliebter
    Hirte der Oase der Mysterien, Doktor des Heiligen
    Feuers, Ritter des Leuchtenden Dreiecks.
     
    Hochgrade nach Altem und Primitivem Ritus
    von Memphis-Misraim
     
    Manuzio war ein Verlag für AEKs.
    Ein AEK im Jargon von Manuzio war – doch warum gebrauche ich hier das Imperfekt? Die AEKs sind immer noch da, dort unten geht alles weiter, als wenn nichts geschehen wäre, ich bin es, der inzwischen alles in eine unendlich ferne Vergangenheit projiziert, weil das, was vorgestern Abend geschehen ist, gleichsam einen Riss in der Zeit markiert hat, weil in der Kirche von Saint-Martin-des-Champs die Ordnung der Jahrhunderte umgestürzt worden ist ... Oder vielleicht, weil ich seit vorgestern Abend mit einem Schlag um Jahrzehnte gealtert bin, oder weil die Furcht, von denen gefasst zu werden, mich reden lässt, als berichtete ich von einem zerfallenden Reich, im Bade liegend, die Pulsadern aufgeschnitten, wartend, dass ich im eigenen Blut ertrinke ...
    Ein AEK ist ein Autor auf Eigene Kosten, und Manuzio ist eines jener Unternehmen, die man in den angelsächsischen Ländern »Vanity Press« nennt. Enorme Gewinne und so gut wie keine Betriebskosten. Belegschaft: Signor Garamond, Signora Grazia, der Buchhalter hinten in seinem Kabäuschen, genannt kaufmännischer Direktor, und Luciano, der kriegsversehrte Packer unten im Lager.
    »Ich habe nie kapiert, wie Luciano es schafft, die Bücher mit seinem einen Arm zu verpacken«, hatte Belbo zu mir gesagt, »ich glaube, er behilft sich mit den Zähnen. Andererseits verpackt er nicht gerade viel: die Packer in normalen Verlagen schicken die Bücher an die Buchhandlungen, Luciano schickt sie nur an die Autoren. Manuzio interessiert sich nicht für die Leser ... Das Entscheidende ist, sagt Signor Garamond, dass man die Autoren nicht verrät, ohne Leser kann man durchaus überleben.«
    Belbo bewunderte den Signor Garamond. Er sah in ihm den Träger einer Kraft, die ihm verwehrt war.
    Das System von Manuzio war sehr einfach. Einige wenige Anzeigen in Lokalzeitungen, Fachzeitschriften, literarischen Provinzblättern, besonders in denen, die nur wenige Nummern überdauern. Anzeigen von mittlerer Größe, mit Foto des Autors und wenigen einprägsamen Zeilen: »Eine der exzellentesten Stimmen unserer Dichtung« oder: »Der neue Beweis für das erzählerische Talent des Autors von Floriana und ihre Schwestern «.
    »An diesem Punkt ist das Netz gespannt«, erklärte Belbo, »und die AEKs fallen traubenweise darauf herein, wenn man traubenweise auf ein Netz hereinfallen kann, aber die verunglückte Metapher ist typisch für die

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