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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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jenem Ort der Freuden geschieht, sicher etwas leicht und fröhlich Verruchtes, wie ein Striptease (deshalb wage ich nicht, mich zu erkundigen), etwas, worüber ich schon genug weiß, um wieder hinzuwollen, voller Erregung. Aber vergeblich, in Richtung Chatham Road geraten die Straßen durcheinander.
    Ich erwache mit dem Nachgeschmack dieser verpassten Begegnung. Ich kann mich nicht damit abfinden, nicht zu wissen, was ich verloren habe.
     
    Manchmal bin ich in einem großen Haus auf dem Land. Es ist weitläufig, aber ich weiß, dass es da noch einen anderen Flügel gibt, und ich kann ihn nicht mehr finden, als ob die Durchgänge zugemauert wären. Und in jenem anderen Flügel sind Zimmer und Zimmer, ich habe sie einmal sehr deutlich gesehen, es ist unmöglich, dass ich sie bloß in einem anderen Traum geträumt habe, Zimmer mit alten Möbeln und verblassten Stichen an den Wänden, mit Tischchen, auf denen altmodische kleine Spielzeugtheater aus bemalten Kartonpapier stehen, und Sofas, auf denen große bestickte Decken liegen, und Regale voller Bücher, alle Jahrgänge des Illustrierten Journals der Reisen und Abenteuer zu Land und zur See, es stimmt gar nicht, dass sie völlig zerlesen sind und die Mama sie dem Lumpensammler gegeben hat. Ich frage mich, wer die Treppen und Korridore durcheinandergebracht haben mag und warum es gerade hier ist, wo ich mir gern mein Buen Retiro erbauen würde, in diesem Geruch von kostbarem altem Trödel.
     
    Warum kann ich nicht wie alle andern von der Abiturprüfung träumen?

 
    65
     
    Es war ein quadratischer Apparat von zwanzig
    Fuß Seitenlänge in der Mitte des Raumes. Die
    Oberfläche bestand aus lauter würfelförmigen
    Holzstückchen in verschiedener Größe, die durch
    dünne Drähte miteinander verbunden und auf jeder
    Seite mit Papier beklebt waren. Auf diesem
    Papier standen alle Wörter ihrer Sprache in ihren
    verschiedenen Modi, Konjugationen und Deklinationen,
    aber ohne jede Ordnung ... Auf ein Kommando
    des Professors ergriffen die Schüler nun
    jeder eine der vierzig eisernen Kurbeln, die rings
    um den Rahmen angebracht waren, und gaben ihr
    eine rasche Drehung, so daß sich die Ordnung der
    Wörter schlagartig änderte. Alsdann befahl der
    Professor sechsunddreißig Schülern, die Zeilen zu
    lesen, so wie sie auf dem Rahmen erschienen, und
    wenn sie drei oder vier zusammenhängende Wörter
    fänden, die einen Satzteil bilden könnten, sie den
    vier anderen Schülern zu diktieren ...
     
    Jonathan Swift, Gullivers Reisen , III, 5
     
    Ich glaube, dass Belbo beim Nachsinnen über den Traum erneut auf den Gedanken der versäumten Gelegenheit gekommen war, und damit auf sein Verzichtgelöbnis als Strafe für seine Unfähigkeit, den richtigen Augenblick – falls es ihn je gegeben hatte – zu ergreifen. Den Großen Plan begann er, weil er sich damit abgefunden hatte, fiktive Augenblicke zu konstruieren.
    Ich hatte ihn nach einem Text gefragt, ich weiß nicht mehr welchem, und er hatte auf seinem Schreibtisch gekramt, in einem Stapel von abenteuerlich hochgetürmten, ohne Rücksicht auf Schwere und Größe übereinandergehäuften Manuskripten. Nach einer Weile hatte er den gesuchten Text entdeckt und versucht, ihn herauszuziehen, wobei der ganze Stapel ins Kippen geraten und vom Tisch gestürzt war. Die Mappen waren aufgegangen, und die losen Blätter hatten sich kunterbunt durcheinander über den Boden verstreut.
    »Wär's nicht besser gewesen, Sie hätten erst mal die obere Hälfte abgehoben?« fragte ich ihn. Verlorene Liebesmüh, er machte es immer so.
    Und er antwortete unweigerlich: »Das sammelt Gudrun heute Abend auf. Sie muss schließlich eine Aufgabe im Leben haben, sonst verliert sie ihre Identität.«
    Diesmal war ich jedoch persönlich an der Rettung der Manuskripte interessiert, da ich nun zum Hause gehörte. »Aber Gudrun ist nicht imstande, sie wieder richtig zu ordnen. Sie wird die falschen Blätter in die falschen Ordner legen.«
    »Wenn Diotallevi Sie hörte, würde er frohlocken. So kommen andere Bücher zustande, eklektische, zufällige. Das liegt in der Logik der Diaboliker.«
    »Aber wir wären in der Situation der Kabbalisten. Jahrtausende, um die richtige Kombination zu finden. Mit Ihrer Methode setzen Sie einfach Gudrun an die Stelle des Affen, der in Ewigkeit auf der Schreibmaschine herumhackt. Der Unterschied liegt nur in der Dauer. Vom Standpunkt der Evolution aus hätten wir nichts gewonnen. Gibt es kein Programm, das Abulafia

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