Die Hitze der Hölle
zwingen, krank machte. Die gemeinen höfischen Intrigen waren ebenfalls nicht nach seinem Geschmack. Er verabscheute Adlige wie de Warrenne, die glaubten, ihnen gehöre die ganze Welt und alle anderen seien nur auf der Erde, um ihnen zu dienen. Die beiden Bettler weinten. Corbett war versucht, sie nicht weiter zu beachten, erhob sich dann aber und öffnete das Fenster.
»Hört auf« schrie er.
Einer der Soldaten wollte bereits eine unflätige Geste machen, da wurde Corbett jedoch erkannt. Corbett rief einen Sergeanten heran.
»Bring die Bettler zum Almosenpfleger!« rief er. »Gebt ihnen Brot und Wein und schickt sie weiter!«
Der graubärtige Veteran nickte. »Die Burschen haben nur ihren Spaß, Sir.«
»Sie haben sich jetzt lange genug amüsiert!« rief Corbett zurück. »Sie sollen für ihren Spaß gefälligst bezahlen. Laßt einen Hut herumgehen, und sammelt für die Bettler!«
Corbett wartete, bis der Sergeant seinen Befehl ausgeführt hatte, und schloß dann wieder das Fenster. Es klopfte. »Herein!«
Sein Diener Ranulf, der inzwischen Beamter in der Kanzlei des Grünen Siegels geworden war, stolzierte herein. Er trug sein rotes Haar in einem Knoten und war stolz auf seinen hellblauen Rock, der mit Eichhörnchenfell abgesetzt war — die Kluft der königlichen Schreiber. Ranulf steckte seine Daumen in seinen breiten Schwertgürtel und zwinkerte.
»Geht es nach Hause, Herr?«
»Nein!« fauchte Corbett. »Geht es nicht.« Er trat wieder an den Tisch.
Ranulf verzog das Gesicht in Richtung des blonden Kuriers Corbett, Maltote, der keine Gemütsregung erkennen ließ. »Gut«, flüsterte Ranulf.
Corbett wandte sich hastig zu ihm um. »Was hält dich in York, Ranulf?«
»Nichts, Herr.«
Corbett sah ihn nachdenklich an. »Hast du jemals in deinem Leben die Wahrheit gesagt, Ranulf?«
»Immer, wenn ich den Mund aufmache, Herr.«
»Keine Affäre? Keine einzige dralle Bürgersfrau ist dir zugetan?«
»Natürlich nicht, Herr.«
Corbett wandte sich wieder seinen Schreibutensilien zu. Ranulf schnitt hinter ihm eine Grimasse und dankte Gott im stillen, daß ihn Corbett nicht nach den drallen Bürgerstöchtern gefragt hatte.
»Wir bleiben also?«
»Ja«, antwortete Corbett müde. »Wir wohnen in der St. Mary’s Abbey. Es gibt genug zu tun. Hast du die Petitionen?«
Maltote legte eine beachtliche Pergamentrolle vor ihn hin. »Das hier ist bei den Schreibern eingegangen.«
Corbett gab seinen Dienern ein Zeichen, sich zu ihm an den Tisch zu setzen.
»Wir wollen noch zwei Stunden arbeiten«, meinte er.
Corbett öffnete sein Schreibzeug, und Ranulf schaute Maltote mit verdrehten Augen an. »Master Langschädel«, wie Ranulf Corbett insgeheim nannte, war nicht allzu guter Laune. Trotzdem halfen ihm die beiden. Er ging die Pergamentrolle mit sämtlichen Petitionen durch. Sie waren eingereicht worden, als es sich bei den guten Bürgern von York herumgesprochen hatte, daß der König die Stadt besuchen würde. Jede Stadt hatte das Recht, Petitionen an die Krone zu richten, und Edward nahm das auch sehr ernst. Die Schreiber der Kanzlei sammelten die einzelnen Petitionen und schrieben sie auf Pergamentblättern ins reine, die dann zusammengenäht wurden. Eine von Corbetts Aufgaben bei Hofe bestand darin, sich mit solchen Anfragen auseinanderzusetzen. In diesen Petitionen ging es um die unterschiedlichsten Streitsachen und Anliegen: Francesca Ingoldsby klagte Elizabeth Raddle an, sie auf der Straße im Beisein der Nachbarn mit einem Besenstil angegriffen zu haben. Matthew Belle klagte gegen Thomas Cooke. Er war von diesem in der Greenmantle Tavern mit einem Schürhaken ins Gesicht geschlagen worden. Thomasina Wheel bat um Erlaubnis, übers Meer zum Schrein des heiligen Jakobus von Compostela ziehen zu dürfen. Mary Verdell behauptete, eines Mantels verlustig gegangen zu sein, und glaubte, Elizabeth Fryer sei die Schuldige. John de Bartonon und seine Frau Beatrice klagten darüber, daß der Pfarrer ihrer Kirche ständig widerrechtlich ihr Grundstück betrete. Und so ging es weiter, eine Petition nach der anderen. Corbett befahl, einige von ihnen an den Stadtrat weiterzuleiten, andere an den Sheriff oder den Bürgermeister. Ein paar blieben übrig, über die der König entscheiden sollte. Eine Petition fand Corbett besonders interessant: Sie stammte von Hubert Seagrave, »dem Weinhändler des Königs in seiner eigenen Stadt York«, der um Erlaubnis nachsuchte, zwei Anwesen zu kaufen, die an seine Schenke
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