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Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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das Labyrinth neben dem Herrenhaus der Templer erwähnte. Hohe Hecken umgaben die schmalen Pfade, die auf ein gewaltiges Holzkreuz mit einer Figur des gekreuzigten Christus zuführten.
    »Wenn Ihr für Eure Sünden büßen wollt, Guido«, hatte sein Beichtvater zu ihm gesagt, »wenn Ihr etwas sühnen wollt, dann geht jeden Morgen vor Sonnenaufgang auf den Knien durch den Irrgarten und betet die Psalmen.« Und das tat Guido. Die Kiesel bohrten sich in seine Knie, doch das machte nichts, da Guido das Labyrinth als seinen Pfad zum Himmel ansah. Die Perlen eines hölzernen Rosenkranzes glitten durch seine krummen Finger. Er kannte das Labyrinth in- und auswendig, jede unerwartete Biegung, jede Sackgasse. Gelegentlich nahm Guido absichtlich die falschen Abzweigungen und erhöhte so seine Schmerzen. Die körperlichen Qualen, die er sich selbst beibrachte, ließen ihn die seelischen besser ertragen. Schließlich erreichte er die Mitte des Labyrinths. Seine Knie waren inzwischen blutig, und die Schmerzen in seinen Schultern und Armen waren groß. Der Schweiß lief ihm über das Gesicht.
    »Ich bin in Jerusalem«, flüsterte er und schaute auf das Kreuz. »Ich habe mein Versprechen gehalten!« Er kroch auf Händen und Knien zum Sockel des Kruzifixes und blickte in das gequälte Antlitz seines Erlösers. »Domine«, murmelte er und schlug sich gegen die Brust, »ich habe gesündigt vor dir und vor dem Himmel.«
    Guido entzündete die drei dicken gelben Kerzen, die in eisernen Haltern auf den Stufen vor dem Kreuz standen. Er zog seine Knie aus den Blutlachen, die sich um sie herum gebildet hatten, und starrte in die in der Morgenbrise flackernden Flammen und dann auf das Kruzifix.
    »Wie in Akka«, flüsterte er, »ein grauer Morgen und flackernde Flammen.«
    Guido kniff die Augen zusammen. Der Gestank der zum Untergang verdammten und brennenden Stadt verfolgte ihn. Die Kerzenflammen wurden größer, plötzlich schien alles um ihn herum zu brennen. Guido öffnete den Mund, um zu schreien, aber da hatten ihn die Flammen schon vollkommen erfaßt.

    Edward von England ritt mit flatternden Wimpeln und Bannern nach York. Herolde gingen vor der langen Prozession her, die sich unter dem Micklegate hindurchwand. Hinter dem König kam ein langer Zug Karren und Packpferde, die von Lanzenträgem und Bogenschützen flankiert wurden. In der Stadt war es zugegangen wie in einem umgestürzten Bienenkorb, denn erst in letzter Minute hatten die königlichen Herolde bekanntgegeben, durch welches Stadttor der König reiten würde. Jetzt war ganz York auf den Beinen, um den Monarchen zu begrüßen. Bürger in Pelzroben und hermelingefutterten Kutten, ihre Frauen und Töchter in Sarsenett und schwerer, mit Gold durchwirk-ter Seide. Sie hatten ihre Augenbrauen gezupft und trugen auf ihrem glänzenden Haar einen aufwendigen Kopfputz und aufwendige Schleier. Priester in bunten Meßgewändern waren mit ihren Gemeinden, mit Weihwasserkesseln und — wedeln erschienen und segneten den König, als dieser vorbeiritt. Der Rat der Stadt hatte keine Mühe gescheut. Die Straßen waren gefegt, die Rinnsteine gesäubert, die von Wunden über säten Bettler vertrieben. Die Pranger lagen verwaist, und die Leichen waren von den Galgen und aus den Eisenkäfigen entfernt. Die Corpus Christi Gilde und die Gilde der Dreieinigkeit waren ebenfalls mit ihren prächtigen bunten Bannern vertreten.
    Der Bürgermeister und die Ratsherren waren dem König bis vor das Micklegate entgegengekommen und hatten ihm dort die Schlüssel der Stadt auf einem purpurroten Kissen überreicht. Das Lächeln des Königs war noch breiter geworden, als er einige Beutel mit Gold- und Silbermünzen in Empfang genommen hatte. Er hatte gedankt, ihr Zeichen der Ergebenheit entgegengenommen und die Beutel de Warrenne in die Hand gedrückt. »Laßt sie nicht aus den Augen«, hatte er geflüstert. »Ich möchte nicht, daß ein einziger Penny verlorengeht.«
    Nach Passieren des Micklegate blieb die Prozession stehen und lauschte einem Knabenchor in weißen Chorhemden, der eine dreistimmige Hymne sang, in der der König willkommen geheißen, seine Regierung gepriesen und seine Siege gefeiert wurden. Dann zog das Gefolge des Königs in die Innenstadt weiter, die schmalen Straßen entlang und an den prächtigen Häusern vorbei, deren Balken glänzend schwarz gestrichen waren. Das Weiß des Putzes glitzerte in der Morgensonne. Trotz der Anordnungen der Stadtväter war die farbige Unterwelt Yorks ebenfalls

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