Die Hitze der Hölle
Leder lag halb unter dem fleckigen Kopfkissen. Corbett zog sie hervor, schnitt die Riemen durch und leerte den Inhalt auf die Bettdecke aus Wolle. Zum Vorschein kamen ein walisischer Dolch, ein Beutel voll Silbermünzen und der schmutzige weiße Umhang der Templer mit einem roten Kreuz vorne und hinten.
»Reich, auf jeden Fall für einen Soldaten«, meinte Corbett.
Er öffnete den Geldbeutel und wog die Münzen in der Hand. Dann legte er sie aufs Bett und wandte seine Aufmerksamkeit den Pergamentfetzen zu, die er ebenfalls in dem Beutel gefunden hatte. Bei dem einen handelte es sich um eine grobe Skizze der Straße, die vom Micklegate zur Trinity Lane führte, bei dem anderen um eine Liste von Lebensmitteln, die ein gewisser Walter Murston, Sergeant des Herrenhauses Framlingham, gekauft hatte. Corbett setzte sich aufs Bett.
»Ranulf, leg alles wieder in die Satteltasche und breite da«, er deutete auf die verkohlte Leiche, »um Gottes willen was drüber. Hier haben wir also«, fuhr er fort, »Walter Murston, ein Mitglied des Templerordens, der Hochverrat und versuchten Königsmord begangen hat. Er feuert zwei Bolzengeschosse auf unseren König und wird dann in Minutenschnelle von einem geheimnisvollen Feuer dahingerafft.«
»Die Strafe Gottes«, meinte Maltote feierlich.
»Falls das so ist«, erwiderte Ranulf spöttisch, »dann müßte halb York in Flammen aufgehen.«
Corbett erhob sich und schaute aus dem Fenster. Das Gefolge des Königs zog gerade weiter. Die Menge starrte auf die Schenke, die inzwischen von Soldaten mit Lanzen und Schilden umringt war. Draußen auf der Treppe waren schwere Schritte zu hören. Eine tiefe Stimme verfluchte sämtliche Schankwirte als »vaterlose und uneheliche Brut Satans«. Corbett grinste.
»Der edle Earl of Surrey ist im Anmarsch«, murmelte er.
Die Tür der Kammer flog so heftig auf, daß die Lederscharniere beinahe rissen.
»Syphilitische Schweinehunde! Undankbare Schurken!« rief de Warrenne. Sein hochrotes Antlitz war schweißbedeckt. Er trottete wie ein alter Bär in die Kammer. »Na, Corbett, verdammter Bevollmächtigter! Was soll das hier?« Der Earl zog den zerrissenen Vorhang zurück und starrte auf die Leiche. »Zur Hölle! Wer ist das?«
»Offensichtlich ein Sergeant, ein Armbrustschütze des Templerordens«, antwortete Corbett. »Er hielt sich mit seiner Armbrust hier in der Kammer auf und versuchte unseren König zu ermorden.«
»Und wer hat ihn umgebracht?«
»Darüber unterhalten wir uns gerade, edler Herr. Maltote glaubt, es war Gott, aber Ranulf ist der Meinung, daß York ein einziges Flammenmeer sein müsse, wenn jeder Sünder so bestraft würde.«
De Warrenne räusperte sich, ging wieder zur Tür und rief etwas die Treppe hinunter. Einige der Bogenschützen des Königs kamen herauf.
»Schafft das da weg!« befahl de Warrenne. »Ich will, daß die Leiche durch die ganze Stadt geschleift und dann am höchsten Galgen aufgehängt wird!«
Die Bogenschützen zogen eilig das Bett ab und wickelten den Toten in die schmutzigen Laken. De Warrenne schaute Corbett aus dem Augenwinkel an. »Und dann soll einer von den Faulpelzen von Schreibern ein Schild malen mit der Aufschrift: >So sterben Verrätern Hängt das dem Schwein um den Hals.«
De Warrenne gab den Bogenschützen ein Zeichen, daß sie mit ihrer Last das Zimmer verlassen sollten, und knallte die Tür hinter ihnen zu. »Wie heißt das Schwein?«
»Walter Murston.«
»Der König wird über all das Rechenschaft verlangen«, sagte de Warrenne ungehalten. »Ich traue diesen verdammten Kriegermönchen kein bißchen!« Er ging auf die andere Seite der Kammer und trat mit dem Stiefel die Asche beiseite. Seine Sporen klirrten auf den Holzdielen. Dann schaute er aus dem Fenster. »Ich habe Angst, Hugh«, flüsterte er, »ich habe schreckliche Angst. Als die Assassinen vor dreißig Jahren versuchten, den König zu ermorden, war ich dabei. Ein Mann, der sich als Kurier ausgab.« Der alte Earl kniff die Augen zusammen und atmete schwer durch die Nase. »Er war auf einmal ganz nah, es ging so schnell. Der König reagierte ebenfalls blitzschnell. Er schlug ihm einen Hocker über den Kopf. Und jetzt sind sie wieder hinter ihm her.« Er faßte Corbett am Arm. Der Bevollmächtigte verzog keine Miene. »Um Himmels willen, Corbett, Ihr könnt das nicht zulassen!« De Warrenne schaute weg. »Wir müssen alle sterben«, murmelte er, »all die alten Freunde des Königs.«
»Sagt Seiner Hoheit«, entgegnete Corbett,
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