Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
Vom Netzwerk:
übelriechenden öffentlichen Latrinen neben St. Michael, der Kirche, die die Stunden verkündete, vorbei und in den belebtesten Teil der Stadt. Die Marktstände waren immer noch aufgebaut und die schmalen Straßen voller Menschen. Die Schenken hatten Hochbetrieb. Ein Mann lag betrunken mitten auf der Straße, und sein Kamerad versuchte die nach Futter suchenden Schweine abzuwehren, was die Passanten sehr belustigte. Alle Pranger waren in Gebrauch. Einige Übeltäter standen in Halseisen, andere waren an Händen und Füßen gefesselt. Einem Lehrjungen hatte man die Daumen in eine Fingerpresse geschraubt, da er von dem Essen seines Meisters genommen hatte. Zwei Huren standen mit kahlgeschorenen Köpfen und entblößten Gesäßen am Pranger und beschimpften die Menge. Ein betrunkener Dudelsackspieler versuchte ihre Rufe zu übertönen, und ein Amtmann züchtigte sie mit Birkenreisig. An einer Straßenecke mußten Corbett und seine Gefährten eine Weile verharren. Eine Gruppe Gerichtsbevollmächtigter hatte eine Schenke durchsucht, um verdorbenen Wein aufzustöbern. Sie hatten drei Fässer beschlagnahmt und mühten sich, diese auszuleeren. Gleichzeitig schütteten der Wirt und seine Frau und der Rest der Familie aus den Fenstern des oberen Stockwerks ihre Nachtgeschirre über ihnen aus.
    Zu guter Letzt gelang es dem Amtmann, die Ordnung wiederherzustellen, und Claverley führte sie die Patrick Pool Lane entlang und in die Shambles. Sie mußten gegen starke Gerüche und den Staub ankämpfen. Sie befanden sich in der schmalen Straße der Schlachter und Pfeilmacher. Diese wurde von auskragenden Häusern gesäumt und war von Fleischabfällen und schwarzgeronnenem Blut bedeckt. Es gab unzählige Fliegen, und Hunde und Katzen schlugen sich um das Aas. Die Menge — alle wollten frisches Fleisch kaufen — drängte sich um die Stände, über denen Schweinehälften, geköpfte Gänse, Hühner und anderes Geflügel hingen. Schließlich verlor Claverley die Geduld. Er zog sein Schwert und rief: »Le roi, le roi!« und bahnte ihnen einen Weg zum großen Vorplatz der All Saints Church. Hier hatte sich eine Menschenmenge vor dem düsteren Stadtgefängnis versammelt. Vor dem Hauptportal standen eine Reihe Galgen. Die Hinrichtungen waren in vollem Gang. Die zum Tode verurteilten Verbrecher wurden aus dem Gefängnis und auf ein Podium geführt und eine Leiter hinaufgestoßen. Hier legte der Henker ihnen eine Schlinge um den Hals. Dann zog er die Leiter weg. Der Todgeweihte trat in leere Luft, die Schlinge schnürte sich um seinen Hals, bis sein Leben erlosch. Corbett hatte das schon öfter in vielen der großen Städte des Königs gesehen. Die königlichen Richter kamen, die Gefängnisse wurden geräumt, und die Gerichtsversammlungen und Urteilsverkündungen dauerten nicht lang. Die meisten der Verbrecher hatten nicht einmal Zeit zu protestieren. Dominikaner in schwarzweißen Kutten gingen von einem Galgen zum anderen, um den Verurteilten die Absolution zuzuflüstern. Die Menge begrüßte gelegentlich einen der Gefangenen mit Flüchen. Ab und zu rief ein Freund oder Verwandter auch einen Abschiedsgruß und hob seinen Alekrug. Claverley wartete, bis sich das Tor des Gefängnisses wieder öffnete, und drängte sich dann in die finstere Durchfahrt. Der Wächter erkannte ihn.
    »Wir sind fast fertig, Claverley«, sagte er. »Bei Sonnenuntergang wird York etwas sicherer sein.«
    »Ich komme wegen des Malers!« entgegnete Claverley kurz angebunden und beugte sich von seinem Pferd herab. »Wo ist
    er?«
    Der Dienstmann hob sein von Ale gerötetes Gesicht. »Was wollt Ihr von ihm?«
    »Ich muß mit ihm reden.«
    »Das geht nur, wenn Ihr den Weg in die Hölle kennt.« Claverley stöhnte und schlug auf seinen Sattelknauf.
    »Der Halunke ist tot«, sagte der Dienstmann lachend. »Gehängt vor kaum einer Stunde.«
    Claverley, der seine Gefährten vergessen zu haben schien, deren Pferde in der engen Durchfahrt immer unruhiger wurden, fluchte ausgiebig.
    »Was nun?« fragte Corbett.
    Claverley drehte sich um, spuckte in Richtung des Dienstmannes und tätschelte dann seinem Pferd den Hals.
    »Nichts zu machen«, flüsterte er. »Ich muß Euch wohl in eines meiner großen Geheimnisse einweihen!«

    Auch am anderen Ende von York war der Tod am Werk. Der Unbekannte lag in einer kleinen dunklen Kammer des Lazar Hospital auf einem Strohsack, sein schweißgetränktes Haar auf einem weißen Kissen.
    »Es ist alles vorbei«, flüsterte er. »Hier komme ich

Weitere Kostenlose Bücher