Die Hitze der Hölle
werden, Silber anhäufen und als großer Kaufmann oder Krieger in fremde Länder ziehen. Ich beteiligte mich an seinen Bubenstücken. Nachts stahl ich mich aus dem Haus und traf ihn im Mondenschein. Wir lagen auf den Grabsteinen der St. Peter’s Church, und er erzählte mir, was wir alles erreichen würden. Wir beschlossen zu heiraten und verlobten uns. Robards Verlangen nach Reichtum machte ihn zum Fälscher. Bald kannten ihn alle gerissenen und verschlagenen Männer dieser Stadt, Sonderlinge, Betrüger, Gauner, Taschendiebe und überhaupt der Abschaum dieser Erde.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wir mieteten eine kleine Schmiede an der Coney Street und begannen mit der Falschmünzerei. Das war noch zur Zeit des alten Königs, als die Verwaltung dieser Stadt erheblich zu wünschen übrigließ...
Dann wurden wir gefaßt. Vor Gericht ließ man Robard die Wahl, entweder zu hängen oder sich am Kreuzzug des Prinzen Edward zu beteiligen. Natürlich entschied er sich für letzteres. Die Ausgehobenen versammelten sich auf den Wiesen von Bishop’s Field auf der anderen Seite des Flusses. Robard hatte man jedoch zu diesem Dienst gezwungen. Er blieb in Ketten, bis er an Bord der königlichen Flotte ging. Ich begleitete ihn.«
»Ihr wart ebenfalls in Outremer!« rief Corbett überrascht.
»O ja. Alles in allem drei Jahre lang. Aber wir kamen reich zurück. Wir kauften die Schenke auf der anderen Straßenseite. Robard wurde Grundeigentümer, Brauer und Schankwirt. Meine Eltern waren in der Zwischenzeit gestorben. Ich wurde seine Frau. Aber schlechte Gewohnheiten lassen sich nicht einfach abschütteln, Sir Hugh. Als die Gauner der Stadt spitzgekriegt hatten, daß wir zurück waren, hatten wir keine ruhige Stunde mehr. Robard empfing zu allen Tages- und Nachtzeiten Besuch, übertrat aber die Gesetze nicht mehr.« Sie lachte befangen. »Oder jedenfalls nicht mehr allzusehr. Wir wurden noch einmal in eine Geschichte mit Falschmünzerei verwickelt, doch diesmal, das schwöre ich bei Gott, war ich daran nicht direkt beteiligt. Aber Hochmut kommt vor dem Fall. Die Richter des Königs kehrten nach York zurück, ein großes Geschworenengericht wurde einberufen und gegen meinen Mann wurde Anklage erhoben.«
Claverley unterbrach sie. »Wenn er noch einmal verurteilt worden wäre, dann hätte man ihn gehängt. Man erinnerte sich immer noch an seine früheren Vergehen. Lady Jocasta erschien bei den Sheriffs und traf mit ihnen eine geheime Übereinkunft. Robard würde straffrei ausgehen, dafür schwor Jocasta tausend Schwüre, daß sie die Sheriffs und Gesetzeswächter in Zukunft über alle Verbrechen und Vergehen unterrichten würde, die man in der Stadt plane.«
»Ich wurde Kronzeugin«, sagte Lady Jocasta mit leiser Stimme. »Und mein Mann erfuhr nie etwas davon. Ich traf eine Auswahl, was ich übrigens immer noch tue. Die kleinen Betrüger und Kriminellen kümmern mich nicht weiter, dafür aber die, die morden und verstümmeln, sich an Frauen vergehen und Kirchen schänden. Wie alle Wirtinnen höre ich Gerüchte und gebe sie weiter...«
»Und Euer Mann erfuhr tatsächlich nie etwas davon?«
»Nein«, antwortete Jocasta, »und auch sonst niemand außer Claverley.« Ihr Gesicht wurde plötzlich hart. »Ich kleide mich nicht in Witwentracht.« Sie tippte sich auf die Brust. »Robard ist immer noch hier. Ich muß nur die Augen schließen, und schon höre ich ihn singen. Nachts, wenn ich meinen Kopf auf dem Kissen zur Seite drehe, lächelt er mich an. Er war kein schlechter Mensch, Sir Hugh, aber, Gott behüte uns, er liebte es, einen Streich zu spielen.«
»Was habt Ihr uns jetzt zu erzählen?« wollte Corbett wissen. »Bevor ich York verließ, um Euch zu treffen, Sir Hugh«, ergriff Claverley jedoch das Wort, »kam ich hierher. Falls sich der Maler weigern würde, Euch zu helfen, hatte Lady Jocasta ihren Beistand angeboten.« Er zuckte mit den Schultern und wandte sich Jocasta zu. »Und jetzt hat man den Maler gehängt«, erklärte er ohne jede Gefühlsregung.
»Gott sei seiner Seele gnädig.«
»Lady Jocasta und ich kennen uns schon seit Jahren«, fuhr Claverley fort. »Es ist wahr«, er drohte Jocasta scherzhaft mit dem Finger, »die Kunst der Falschmünzerei ist außerordentlich schwierig, doch wenn jemand in dieser Stadt alles darüber weiß, dann ist das Lady Jocasta.«
Corbett blickte zum Fenster hinaus. Die Sonne ging gerade unter. Ihn beschlich auf einmal ein unbehagliches Gefühl. Was wäre, wenn Jocasta selbst die
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