Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
Vom Netzwerk:
nicht mehr lebend raus.«
    Der Franziskaner, der neben seinem Bett kauerte, nahm seine Hand, widersprach jedoch nicht.
    »Ich habe kein Gefühl mehr in den Beinen«, murmelte der Unbekannte. Er zwang sich zu einem Lächeln. »In meiner Jugend, Pater, war ich ein sehr guter Reiter. Ich ritt so schnell wie der Wind.« Er bewegte kaum merklich den Kopf. »Was wird nach meinem Tod, Pater?«
    »Das weiß nur der Herr«, antwortete der Franziskaner. »Aber ich stelle es mir wie eine Reise vor, etwa so, als würde man wiedergeboren. Das Kind wehrt sich dagegen, den Schoß zu verlassen, wir hingegen wehren uns, dem Leben den Rücken zu kehren. Es wird jedoch so sein wie nach unserer Geburt. Wir vergessen und setzen unsere Reise fort. Wichtig ist nur«, meinte der Franziskaner noch, »wie wir uns auf diese Reise vorbereiten.«
    »Ich habe gesündigt«, flüsterte der Unbekannte. »Ich habe gegen himmlische und irdische Gebote verstoßen. Ich, ein Templer, einer der Verteidiger der Stadt Akka, ich habe fürchterliche Sünden aus Haß und Rachegelüsten begangen.«
    »Erzählt mir davon«, sagte der Franziskaner. »Legt die Beichte ab, und empfangt die Absolution.«
    Der Unbekannte ließ sich nicht zweimal bitten. Er schaute zur Decke und erzählte sein Leben. Er hatte seine Kindheit und Jugend auf einem Bauernhof in Barnsleydale verbracht. Dann war er in den Templerorden aufgenommen worden. Er berichtete von den letzten, blutigen Tagen in Akka, auf die lange Jahre der Bitterkeit in den Kerkern des alten Mannes der Berge gefolgt waren, für die es keine Erleichterung gegeben hatte. Der Franziskaner lauschte, unterbrach gelegentlich und stellte mit leiser Stimme eine Frage. Der Ritter antwortete immer. Am Ende hob der Franziskaner die Hand und sagte feierlich die Worte der Absolution. Er versprach, am nächsten Morgen nach der Messe das Viatikum zu bringen. Der Unbekannte ergriff die Hand des Mönchs.
    »Pater, ich muß einfach jemandem enthüllen, was ich weiß.«
    »Einem Templer?« fragte der Franziskaner. »Die Kommandanten haben sich in Framlingham versammelt.«
    Der Unbekannte schloß die Augen und seufzte. »Nein, der Verräter könnte unter ihnen sein.« Er öffnete seine ausgedörrten Lippen und rang nach Luft. »Der Rat des Königs befindet sich doch in York?«
    Der Franziskaner nickte. Der Unbekannte drückte fest seine Hand.
    »Um der Liebe Gottes willen, Pater, ich muß mit einem Mitglied des königlichen Rates sprechen, einem Mann, dem ich vertrauen kann. Bitte, Pater.« Die Augen in dem mageren entstellten Gesicht hatten ein seltsames Feuer. »Bitte, ehe ich sterbe!«

8

    C laverley führte Corbett und seine Gefährten nun Richtung Minster in ein besseres Viertel der Stadt. Hier waren die Straßen breit und sauber und die Häuser rosa und weiß verputzt, das Fachwerk bestand aus dunklem poliertem Holz, vereinzelte Fenster- und Türrahmen waren sogar vergoldet. Die Häuser besaßen vier oder fünf Stockwerke und standen in kleinen Gärten. Die Fenster im Erdgeschoß waren verglast, die in den oberen Stockwerken hatten kein Fensterglas, sondern Horn oder mit Öl imprägniertes Leinen. Claverley hielt vor einem Haus an der Ecke einer Gasse, direkt gegenüber der Jackanapes Tavern. Er hob den Eisenklopfer in Form eines Mönchskopfs und pochte lautstark. Erst rührte sich nichts, obwohl durch die Fenster Kerzenschein zu sehen war.
    »Keine Sorge«, Claverley grinste über die Schulter, »sie wird schon zu Hause sein.«
    Endlich wurde die Tür geöffnet. Eine Magd streckte ihren Kopf heraus. Claverley flüsterte ihr etwas zu, und die Tür wurde wieder geschlossen. Corbett hörte, daß Ketten entfernt wurden, dann öffnete sich die Tür ganz, und eine kleine farbige, grauhaarige Lady in goldgesäumtem weißem Schleier und burgunderrotem Kleid trat heraus. Sie lächelte und küßte Claverley auf die Wange. Mit ihren kleinen leuchtenden Augen musterte sie Corbett und seine Gefährten.
    »Kommt herein«, sagte sie mit etwas rauher Stimme. »Ihr könnt Eure Pferde in die Ställe der Jackanapes Tavern stellen.« Maltote brachte die Pferde weg, und die Frau führte sie in einen Raum, den sie ihr »unteres Wohnzimmer« nannte, ein großes, bequem eingerichtetes Gemach, das sich über die gesamte Länge des Hauses erstreckte. Durch ein kleines Fenster am hinteren Ende sah man auf Blumenbeete und einige Apfelbäume. Die Einrichtung war luxuriös. Die Diele war mit Binsen ausgelegt, hier lagen Teppiche, und an den Wänden

Weitere Kostenlose Bücher