Die Hitze der Hölle
befanden sich leuchtende Tücher. Über dem Kamin prunkte ein Gobelin. Auf einem langen Balken, der unter der Decke hing, flackerten Kerzen. »Sir Hugh Corbett«, stellte Claverley den Bevollmächtigten vor. »Darf ich Euch mit Jocasta Kitcher bekannt machen, Bürgerin, Kauffrau, Herstellerin feiner Tücher, Besitzerin der Jackanapes Tavern und eine weitgereiste Lady.«
»Einmal ein Schmeichler, immer ein Schmeichler«, entgegnete Jocasta.
Sie führte ihre Besucher zum Kamin, und eine Magd, die aus der Küche herbeigeeilt war, schob ein paar Stühle um das schwache Feuer. Ein großes Durcheinander entstand. Ranulf warf einen Hocker um, und dann beharrte Lady Jocasta darauf, daß sie sich »an ihrer Gastfreundschaft ergetzten«. Sie befahl der Magd, Wein und Marzipanbiskuits zu bringen.
Corbetts Magen war nach den Hinrichtungen immer noch etwas in Aufruhr, aber die überschwengliche Gastfreundschaft dieser kleinen Lady und das Geheimnis, das sie umgab, lenkten ihn bald ab. Er saß auf einem bequemen Stuhl, nippte an seinem Wein und war überrascht, daß dieser kühl und gleichzeitig süß war.
Lady Jocasta beugte sich vor. »Meine Keller stehen immer unter Wasser«, meinte sie, »nicht von den Kloaken, sondern vom eiskalten Wasser unterirdischer Flüsse. Ich kühle damit meinen Weißwein.«
»Gibt es viele solcher Flüsse?« wollte Corbett wissen.
»Du liebe Güte!« Jocasta drehte ihren mit Perlmutt verzierten Kelch in den Händen. »York, das sind eigentlich zwei Städte, Sir Hugh. Das, was Ihr in Straßenhöhe sehen könnt, und«, sie flüsterte jetzt, »darunter eine weitere Stadt, die von den Römern gebaut wurde. Hier gibt es eine Kanalisation und Gassen, die lange in Vergessenheit geraten sind.« Sie lächelte. »Ich kenne sie jedoch. Mein Mann und ich haben diese Kanäle oft benutzt. Seht nicht so erstaunt drein. Hat Claverley Euch nicht davon erzählt?«
»Das ist der Grund, warum ich Corbett hergebracht habe«, sagte Claverley. »Ich habe ihm unsere Geheimnisse noch nicht verraten, Lady Jocasta, aber ich dachte, daß Ihr uns vielleicht helfen könnt. Es gibt einen Falschmünzer in York.«
»Dann stellt ihn und hängt ihn auf!«
»Die Sache ist nicht so einfach«, meinte Corbett. Er zog eine Goldmünze aus der Tasche und reichte sie Lady Jocasta. Jocastas Hand war warm und weich. An ihren Fingern steckten kostbare Ringe. Sie ergriff die Münze und betrachtete sie mit einem bewundernden Seufzer. Dann wog sie sie von einer Hand in die andere, ihr Gewicht prüfend, und betrachtete eingehend den Rand und das Kreuz auf beiden Seiten.
»Das ist reines Gold.«
»Was auch immer«, sagte Corbett, »sie stammen nicht aus der königlichen Münze und werden ohne königliche Erlaubnis in Umlauf gebracht. Außerdem nehmen Falschmünzer normalerweise eine echte Münze und machen zwei falsche daraus. Sie mischen das Silber mit minderwertigen Legierungen. Ich habe jedoch noch nie von jemandem gehört, der feinstes Gold dazu benutzt, Münzen zu fälschen.«
Lady Jocasta hob den Kopf. »Ihr müßt mir nichts über die Falschmünzerei erzählen, Sir Hugh. Vor vierzig Jahren — ich sehe jünger aus, als ich eigentlich bin — «, meinte sie fröhlich, und ihre Augen leuchteten, »vor vierzig Jahren machte ich die ganze Stadt unsicher. Meine Eltern wußten nicht ein noch aus. An einem heißen Tag mitten im Sommer ging ich auf eine Kirmes vor dem Micklegate Bar. Ich traf dort den lustigsten Schurken, den Gottes schöne Erde jemals gekannt hat, meinen späteren Mann Robard. Er war Schreiber und befand sich in Schwierigkeiten. Er konnte die stickigen Kanzleistuben und die sauertöpfischen Mienen der anderen Schreiber nicht mehr ertragen.«
Sie hielt inne. da sich Ranulf an dem Biskuit verschluckte, das er gerade kaute. Er überwand den Hustenreiz jedoch sehr schnell, als ihm Corbett einen finsteren Blick zuwarf. Ranulf schaute so angestrengt in seinen Weinpokal, als läge auf dessen Boden etwas sehr Wertvolles.
»Robard war ein geborener Gauner«, fuhr Jocasta fort. »Er sang wie ein Rotkehlchen und tanzte um den Maibaum wie kein anderer. Von Streichen fühlte er sich so angezogen wie der Bär vom Honig. Ich liebte ihn auf den ersten Blick, und ich liebe ihn immer noch, obwohl er schon zehn Jahre tot ist.«
Claverley streckte den Arm aus und strich ihr über die Hand. »Erzählt weiter«, murmelte er.
»Also«, Jocasta hielt die Goldmünze in den Schein der Kerzen. »Robard hätte das hier gefallen. Er wollte reich
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