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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Verbrechen. Und inmitten ihrer teuflischen Utensilien.
    Und jetzt war ihm fast so, als sei er auf der Flucht – nur, weil Gesseler ihn mit seinem Feuerball aus dem Konzept gebracht hatte. »Weiter, Marthe, weiter!« Er eilte voran und stolperte so heftig, dass er fast der Länge nach hinschlug. Wieder der Obstpflückerkorb! Er war gegen eine der langen Stabilitätsstangen gelaufen. Die verflixten Stangen! Die Stangen? Vielleicht gab es doch noch eine Möglichkeit? »Rasch, Marthe, wir nehmen den Korb und benutzen die Stangen als Hebel, um den Stein ins Rollen zu bringen!«
    Was Lapidius niemals für möglich gehalten hätte, gelang wenig später tatsächlich: Mit Marthes Hilfe kam der Fels vom Fleck, ruckte zunächst nur ein winziges Stück nach vorn, schwang sofort wieder zurück, schob sich abermals vor, diesmal ein wenig mehr, fiel zurück, schob sich vor, zurück, vor, immer weiter, bis er schließlich rumpelnd, donnernd und die Erde erschütternd den leichten Hang hinunterrollte, dem Otternberg entgegen und ein Stück an ihm hinauf, wo er, als habe Gott selbst es so vorgesehen, genau vor dem Höhleneingang liegen blieb.
    »Aaaooooohh!« Ein Schrei wie nicht von dieser Welt drang an Lapidius’ und Marthes Ohr. Er war vom Eingang gekommen, wo sich ein Arm verzweifelt unter dem Felsbrocken bewegte. Gorms Arm! Taufliebs Hilfsmann war ihnen also schon auf den Fersen gewesen. Und nun versuchte der Arm vergeblich, den eingequetschten Körper vom Stein zu befreien. »Aaaooooohh!«
    Aber unter den Felsmassen versagten selbst Gorms gewaltige Kräfte. Seine Bewegungen wurden schwächer. Seine Schmerzensschreie leiser. Trotz des furchtbaren Anblicks atmete Lapidius auf. Von Gorm und den anderen Filii Satani drohte keine Gefahr mehr.
    »Komm, Marthe«, sagte er, »schnell zurück zur Stadt.«

ZWANZIGSTER
BEHANDLUNGSTAG
    »Hab dich nich richtich gekannt, Jule,
nee, nich richtich,
hast ja immer hier aufer Höh Körbe gemacht
un nie nich inner Stadt,
aber du warstn guter Mensch, das warste,
alle sagens un ich auch,
un nu biste da oben im Himmel, beim Herrgott,
un hier unten sin deine Gebeine,
un nu ruhe in Frieden.
Amen. «
    Marthe machte das Kreuzeszeichen, und Lapidius tat es ihr, wenn auch etwas ungeübt, nach. Sie standen vor dem Grab der Korbmacherin, wo die Magd, die nah am Wasser gebaut hatte, ein paar Tränen zerdrückte.
    »Komm jetzt, Marthe, wir müssen weiter.« Lapidius wollte so rasch wie möglich in die Stadt hinunter.
    »Ja doch, Herr, abers heißt, die Toten soll man ehren, nich, un es war wichtich, noch mal zu beten.«
    »Sicher, nun komm.« Lapidius zog die Magd fort.
    »Wusst gar nich, dass Jule tot is, Herr!«
    »Sie wurde ein Opfer der Teufel. Sie und die beiden jungen Frauen und vermutlich auch Walter Koechlin. Wer weiß, wen Gesseler und seine Meuchler noch auf dem Gewissen haben.«
    »Ogottogott, Herr, wassis bloß alles passiert! Wennich dran denk, wie Gorm mir einen übergezogen hat un wie ich inner Höhle gelandet bin, un irgendwie habich überhaupt nix mitgekriegt da drin, konnt j a nix reden un gar nix, oh, Herr, wassis bloß alles passiert? Könnt Ihrs mir nich erzähln? Ham doch massich Zeit jetzt, den ganzen Weg runter inne Stadt, nich?«
    Lapidius fragte sich, ob es klug sei, der Magd sämtliche Einzelheiten zu schildern, kam dann aber zu dem Schluss, dass sich noch heute halb Kirchrode das Maul über die Geschehnisse zerreißen würde, egal, ob Marthe nun dazu beitrug oder nicht, und dass ohnehin ja alles vorbei war. Die Teufel waren in der Höhle gefangen und harrten dort ihrer Verhaftung. Richter Meckel konnte gar nicht anders, als sie dingfest machen zu lassen; die Beweise gegen sie waren viel zu erdrückend. Freyj a j edoch würde von aller Schuld freigesprochen werden. Sie konnte sich auf ein Leben in Freiheit freuen, nachdem sie die Hitzkammer verlassen hatte. Und das würde heute Abend sein.
    Wenn sie nur wirklich geheilt war! Dafür allerdings sprachen die Beharrlichkeit und die Sorgfalt, mit der er die Kur durchgeführt hatte, sowie ihre Jugend. Wenn sie am Abend die Kammer verließ, würde eine leichte Mahlzeit passend sein, nichts Schweres, damit ihr Magen nicht zu sehr belastet wurde. Das Essen konnte er mit ihr in seinem Laboratorium einnehmen, am Experimentiertisch sitzend, er musste nur ein wenig Platz zwischen seinen Tiegeln und Kolben schaffen, dann würde es gehen, allerdings war Freyja noch nicht in der Lage, sich aufrecht zu halten, nun, dann würde er sie in sein Bett

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