Die Hochzeit meiner besten Freundin
»Seltsam. Ich hab wirklich geglaubt, das alles müsste ich nie wieder mitmachen, dieses Auftakeln für eine Verabredung. Vor allem nicht heute.« Ihre Stimme bricht, doch dann atmet sie tief durch und fährt fort. »Hilf mir, Belle. Was soll ich machen? Was soll ich dem Kerl erzählen?«
»Ahm... rede mit ihm, finde etwas über ihn heraus, flirte ein bisschen – das Übliche eben.«
»Eben, was ist das Übliche? Ich glaube, ich hab vergessen, wie man flirtet.« Sie zieht eine Grimasse und wirft die weite, geblümte Bluse zur Seite, die sie gerade über ihr kleines Schwarzes gezogen hatte, um die Speckrollen zu kaschieren.
»Keine Sorge, das ist wie Fahrradfahren.«
Schmollend blickt sie mich an.
»Unter diesen Umständen ist das nicht gerade der beste Vergleich, Belle!« Sie verzieht das Gesicht, ändert ihre Meinung und zieht das geblümte Teil wieder über ihr ziemlich fesches, aber auch ziemlich enges schwarzes Kleid.
»Wie sehe ich aus?« Sie dreht und wendet sich vor dem Spiegel und fährt sich mit den Händen wiederholt über die Hüften, als würde sie damit die bergigen Folgen ihrer Mars-Mampferei glatt bügeln.
»Offen gesagt?«
»Offen gesagt«, entgegnet sie fest.
»Wie eine verwirrte Laura Ashley. Dieses Kleid ist ein bisschen zu sexy für so eine Bluse.
»Warum mache ich das bloß, Belle?«, heult Nicky, reißt sich die Bluse vom Leib, wirft sie auf den schnell wachsenden Haufen aussortierter Klamotten in der Ecke und durchforstet frenetisch ihre restliche Garderobe auf der Suche nach etwas Passendem.
»Du musst ja nicht gehen.«
»Genau daran liegt es.« Sie hört auf zu wühlen und blickt mich an. »Ich bilde mir ein, dass ich muss.«
»Du musst nichts und niemandem etwas beweisen, Nicky.«
»Nur mir selbst. Ich muss mir beweisen, dass das Leben nach Richard weitergeht. Dass er nicht der einzige Mann auf diesem Planeten ist.«
»Glaub mir, das ist er nicht.« Ich schneide eine Grimasse. »Vor allem, weil Richard nicht wirklich als Mann zählt, stimmt’s?«
»Ein Wurm«, stellt Nicky fest.
Ich schüttele den Kopf.
»Eine Beleidigung für jeden Wurm.«
»Ein Drecksack.«
»Viel zu freundlich.«
»Wohlmeinend, aber missverstanden…«
»Ooh, wenn das kein Sarkasmus ist. Jetzt weiß ich, dass es dir besser geht.«
»Wie wär’s mit ›das letzte, hartnäckige Stück Hundekacke, das in den Absatzrillen der alten, ausgelatschten, müffelnden Stiefeln der Menschheit klebt‹?«, bietet sie an.
»Also, das ist wirklich eine Kategorie, die wir noch nicht hatten.« Ich nicke anerkennend.
Ich gleiche einer besorgten Mutter, die auf dem Teppich auf und ab marschiert, bis Nicky nach Hause kommt. Ich schaffe es, aus purer Angst eine ganze Tüte Chips in mich reinzustopfen und mich anschließend durch eine Doppelpackung Jaffa-Kekse zu arbeiten. Das führt dazu, dass ich mich schließlich krank, fett und besorgt fühle.
Wir haben uns entschlossen, unten an unsere Männerskala noch eine Klasse anzuhängen, die sogar noch unter dem bisher Schlimmsten, der »stinkenden Ausgeburt eines leibhaftigen Teufels«, kommt. Wir nennen sie kurz und knapp »ein Richard«.
Nicky kommt schließlich kurz nach Mitternacht zurück.
Ich höre das viel sagende, kratzende Geräusch, als sie versucht, den Schlüssel ins Schloss zu stecken und kläglich versagt. Von Mitleid überwältigt, öffne ich ihr die Tür.
»Belle, meine Süße!« Nicky stützt sich mit einer Hand am Rahmen ab und fällt mit der Tür nach innen.
»Wie ist es gelaufen?«
»Ich bin eine äußerst begehrenswerte Frau«, schmettert sie und stolpert die Stufen hinunter ins Wohnzimmer.
»Oh, wie schön.« Ich lache nervös.
Nicky ist betrunken.
Ich dachte, Samstagnacht sei sie betrunken gewesen. Ich habe mich geirrt.
Sie war höchstens halb betrunken im Vergleich zu der abgefüllten, taumelnden, mega-besoffenen Nicky, die ich jetzt vor mir habe.
Sie torkelt und plumpst breit grinsend aufs Sofa.
»Ich bin eine äußerst begehrenswerte Frau«, wiederholt sie, wobei sie das »äußerst« besonders betont und wie eine Verrückte kichert. »Was für eine Schande, dass er kein äußerst begehrenswerter Mann war.« Sie schnappt sich mein fast leeres Weinglas und kippt den Bodensatz hinunter. Ihre trockenen Lippen sind burgunderrot.
»Hatte immerhin einen netten Arsch. Bei so einem Arsch kann man die Persönlichkeit vernachlässigen.«
»Solange du dich gut amüsiert hast, ist ja alles in Ordnung.« Ich höre mich an wie Nickys Mutter,
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