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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Rabenflügel.
    Leof spannte seinen Bogen und zielte auf den linken der beiden. Er spürte jene vertraute gespannte Erwartung, die sich kurz vor einer Schlacht einstellte – eine Mischung aus Furcht und Erregung, Übelkeit und Hochgefühl.
    Merroc ließ seine Hand nach unten fahren, und die Bogenschützen ließen ihre Pfeile fliegen. Das Surren der Pfeile war laut, und in den Reihen des Feinds brachen Rufe und
Schreie aus. Leofs Mann fiel zu Boden. Oak taumelte mit einem Pfeil in der Schulter zurück. Er ließ die Axt fallen, hob sie dann aber mit der anderen Hand wieder auf und wollte nach vorne rennen.
    Leof nahm einen weiteren Pfeil. Dies waren Situationen, in denen sich Übung bezahlt machte.
    Er war doppelt so schnell wie die anderen, sodass es ihm zufiel, Oak davon abzuhalten, die Barrikade zu erreichen. Eine Wahl gab es nicht, wollten die Bewohner der Stadt überleben. Er spannte den Bogen und ließ den Pfeil fliegen, dann legte er einen weiteren ein und schoss noch einmal. Aus Oaks Kehle sprudelte Blut. Der dritte Pfeil traf ihn in die Seite. Er fiel.
    Die Kameraden in seiner Nähe gerieten in Panik. Sie waren auf ein Handgemenge vorbereitet worden, dachte Leof, nicht darauf, dass der Tod vom Himmel auf sie herabregnete. So wie seine eigenen Leute in Bonhill nicht auf die Windgeister vorbereitet gewesen waren. Er machte sich unempfänglich für alle Gefühle und schoss noch einmal und dann wieder.
    Die Linie brach auseinander, und die Menschen rannten zurück zu den Geistern, die bereits wieder vorrückten. Doch nun traten die Pikeniere aus ihren Verstecken hervor, und ihre Speere durchschnitten die Luft. Nur wenige begriffen, was geschah. Leof sah, dass eine junge Frau wie eine Akrobatin über einen Zaun sprang und zwischen den Häusern hindurchlief, weg von den Pikenieren, aber auch von den Geistern. Er folgte ihr mit seinem Blick, um dem Anblick des Gemetzels zu entgehen. Sie rannte, beschrieb dabei einen weiten Kreis, sodass sie hinter den Geistern wieder auftauchte und sich dem Zauberer erneut anschloss, der verzweifelt dreinschauend seine Leute zurückrief.
    Die Geister richteten sich gegen die Pikeniere, doch auf
ein Handzeichen von Merroc erklang der Warnton eines Horns. Daraufhin drehten sich die Pikeniere um und rannten zurück in die Häuser auf beiden Seiten, die mit einem Bann gegen Geister belegt waren und somit vorübergehend eine sichere Zuflucht boten.
    Die Pikeniere schlugen die Türen zu, die Fensterläden waren bereits vernagelt. Draußen gelangten die Geister nicht einmal bis an die Mauern; einer von ihnen strengte sich an, um die Tür zu berühren, konnte jedoch keinen Kontakt herstellen. Er knurrte frustriert – selbst auf diese Entfernung war sein Gesichtsausdruck eindeutig.
    Auf der Straße unter seinem Fenster begannen die Leute zu jubeln. Auch er selbst hätte glücklich sein sollen, dachte Leof. Aber er sah die Leichen von Oak und den anderen, die er getötet hatte, ausgestreckt auf der Straße liegen. Das Hochgefühl, das er sonst immer empfunden hatte, wenn eine Schlacht gut verlief, konnte er dieses Mal nicht verspüren.
    Saker und seine Armee zogen sich zurück, sie alle; die wenigen menschlichen Überlebenden, die Toten und der Zauberer. Leof dankte den Göttern, dass die Windgeister nicht gekommen waren; das hatte den Pikenieren das Leben gerettet.
    Mit einiger Betroffenheit erkannte Leof dann, dass sie keinen einzigen Mann verloren hatten; und nun stellte sich doch eine Gefühl der Erleichterung bei ihm ein.

Bramble
    Sie würde nicht zulassen, dass sie in Panik geriet. Nein, das würde sie nicht. »Wir brauchen Ash«, sagte Bramble. Entschlossen packte sie Actons Knochen wieder in den Rucksack. Sie weigerte sich, darüber nachzudenken, wie sich die Knochen unter ihren Fingerspitzen anfühlten, die Wölbung seines Schädels. »Wir müssen nach Turvite und Ash dort suchen.«
    Sie musste ihre Stimme erheben. Nachdem ihr Versuch, Acton zu erwecken, gescheitert war, war Baluch fortgegangen und schaute nun von der landeinwärts gelegenen Seite der Felsblöcke auf die Stadt hinab.
    »Das könnte schwieriger werden, als es sich anhört«, erwiderte er.
    Bramble stellte sich neben ihn und sah nun ebenfalls auf Turvite hinab, das sich vor ihnen ausbreitete wie eine Schüssel. Die Häuserreihen an beiden Seiten der Straße führten zum Hafen, in dessen Becken der nächtliche Wind die See so aufgewühlt hatte, dass weiße Schaumkronen das Wasser bedeckten.
    Vor tausend Jahren hatte

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