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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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aus.
    »Horst«, sagte Thegan leise. Martine drehte sich um und bekam mit, wie der Kriegsherr seinem Bogenschützen etwas zuflüsterte. Thegan deutete auf Saker.
    »Mein Lord!«, sagte Horst eindringlich, »wir brauchen ihn lebend! Die Quelle der Geheimnisse hat gesagt …«
    »Tu, was dir geheißen wurde«, zischte Thegan ihm leise zu.
    Horst starrte auf den Bogen in seiner Hand hinab und dann in den Himmel, wo die Windgeister davonjagten. Seine Brauen zuckten. Sein Blick begegnete Ashs, und der schüttelte flehentlich den Kopf. Horsts Hand öffnete sich langsam, und der Bogen fiel zu Boden.

    »Du wirst mir gehorchen!« Thegan holte mit der Hand aus und fällte Horst mit einem Schlag. Leof versuchte, ihn aufzufangen, doch er hatte zu weit entfernt gestanden; Horst stürzte mit dem Kopf gegen einen der vielen kleinen Findlinge, welche die felsige Landspitze übersäten.
    Etwas regte sich in Martines Kopf. Es waren nicht ihre seherischen Fähigkeiten, sondern die Erinnerung daran. Die Vision, die sie als kleines Mädchen gehabt und wegen der Alder sie geschlagen hatte. Die Zerstörung von Cliffhaven durch Männer eines Kriegsherrn. Durch diesen Mann. Er war nun viel älter, zwei Jahrzehnte älter, aber er war es mit Sicherheit gewesen.
    Sie brannte innerlich. Dieser Mann hatte alle getötet, die sie jemals geliebt hatte. Ihre Eltern, Elvas Eltern, ihren Bruder, ihre Tanten, Onkel, Basen … Als sie zurückgekehrt war, waren sie alle fort gewesen, und dort, wo ihre Liebsten gewohnt hatten, lebten Fremde. Sie war benommen vor Kummer und einer Wut, die sich wie frisch entbrannt anfühlte.
    Leof kniete sich neben Horst und stützte seine Schultern. Der Mann blutete stark aus der Nase und den Ohren. Ash trat dazu und kniete sich neben sie.
    »Ihr hattet Recht«, flüsterte Horst ihnen beiden zu. »Ich hätte ihm nicht trauen dürfen.« Dann fiel sein Kopf zurück, und Blut quoll ihm aus den Ohren.
    Leof bettete ihn fürsorglich auf den Boden. Ein anderer Sergeant von Thegan richtete Horst die ausgestreckten Beine und glättete ihm mit zitternder Hand das Haar.
    »Er wird Euch nicht mehr gehorchen, Thegan«, sagte Ash bitter. »Nie wieder.«
    Saker trat vor. Er hielt seine Hand über Horsts Leiche und konzentrierte sich.
    »Dieser Mann war auch von unserem Blut, auch wenn sein Blut dünn war«, sagte er. »Erwachet, Sergeant.«

    Horsts Geist erhob sich, die Hände leer. Er starrte Thegan an und postierte sich neben Leof und Sorn. Saker bewegte sich langsam auf die Gruppe der Unterhändler zu.
    Jetzt, dachte Martine. Wenn er beeinflusst werden kann, dann jetzt. Sie piekste Ash in den Rücken, woraufhin dieser einen Schritt nach vorn machte und eine Hand in Sakers Richtung ausstreckte.
    »Da ist etwas, was du nicht weißt«, sagte er. Er hob seinen Beutel mit den Steinen hoch. »Es gibt da einen neuen Stein im Beutel.«
    »Was?«, fragte Saker, wie aus der Bahn geworfen. »Ein neuer Stein?«
    »Gleichheit.« Ash fischte in dem Beutel herum und holte einen kleinen schwarzen Stein hervor. Dabei erklang ein singender, hoher, einfacher Ton, den Martine noch nie von einem anderen Stein vernommen hatte. Eine einzige Note, um die sich jedoch Obertöne und Harmonien wanden. So, wie er da in seiner Hand lag, sah er völlig unschuldig aus, fand sie. Wie konnte er irgendetwas verändern?
    »Verändere die Steine, und du veränderst die Welt«, flüsterte Saker und starrte ihn an.
    Martine war sich bewusst, dass sie alle den neuen Stein anstarrten, Geister, Kriegsherren, Soldaten und Ratsmitglieder. Es hatte den Anschein, als starrte die ganze Welt auf Ashs Hand, in der die Zukunft lag.
    »Du bist Steinedeuter«, sagte Ash und deutete dabei auf den Beutel an Sakers Hüfte. »Kannst du ihn nicht singen hören?«
    Er sang nun lauter, und auch die anderen Steine in seinem Beutel sangen. Saker nickte langsam, seinen Blick auf den Stein geheftet. »Gleichheit«, sagte er. »Er singt von Fairness. Gleichgewicht. Gerechtigkeit.«
    »Ja«, sagte Ash. »Gleichgewicht.« Er zögerte. »Du hattest
Recht, es ist Zeit, dass die Welt sich ändert. Aber Gleichgewicht braucht zwei Seiten, nicht nur eine. Actons Leute genauso wie Wanderer.«
    »Gleich«, sagte Saker. Er sah mit glühenden Augen zu Ash hinüber, als habe der Stein ihm eine Vision von der Zukunft vorgesungen. »Gleichgewicht bedeutet, beide Seiten sind gleich.«
    Sie betrachteten einander nun eingehend, und Martine war beeindruckt von ihren Ähnlichkeiten. Sie waren im gleichen Alter,

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