Die Hoehle der Traenen
darauf.«
Wut übermannte sie. Wie konnte er es wagen, Sicherheit zu versprechen, aber nur mit Verrat zu handeln?
Saker hatte zu Boden geschaut, doch bei Thegans Worten blickte er auf. Auch er kochte vor Wut. »›Ihr habt mein
Wort?‹«, fauchte er. »Es gab vor dreiundzwanzig Jahren zwei Dörfer des alten Bluts in der Cliff Domain. Gefolgsleute des Kriegsherrn haben sie zerstört!«
Mit klopfendem Herzen trat Martine nach vorn und wies auf Thegan. Dabei hielt sie den Arm weiter ausgestreckt, sodass auch diejenigen, die hinten standen, es sehen konnten. » Ihr habt sie zerstört!«
Thegan nickte nur. »Es war notwendig«, sagte er. Dann wandte er sich den Kriegsherren zu. »Der Eiskönig hatte seine Truppen zusammengezogen, doch ich konnte meinen Vater nicht davon überzeugen, dass wir das Gleiche tun mussten. Ich wusste , dass er angreifen würde. Wir mussten uns vorbereiten. Also habe ich zwei Dörfer mit Wanderern geopfert. Ich habe meinen Vater glauben lasse, der Eiskönig hätte sie angegriffen, und daraufhin warf er alles, was wir hatten, in die Vorbereitung. Und im folgenden Jahr versuchte der König einen Überfall. Wären wir nicht vorbereitet gewesen, hätten die gesamten Elf Domänen zerstört werden können!«
Die anderen Kriegsherren hörten mit misstrauischem Blick zu, nickten dann jedoch, so als wollten sie Verständnis zum Ausdruck bringen.
Martine platzte fast vor Wut und Kummer, und auf Sakers Gesicht zeigte sich die gleiche Mischung von Gefühlen. Der große Geist neben ihm glühte vor Zorn. Er rief, rief und schrie stumm vor Wut. Endlich erkannte sie ihn. Alder. Natürlich. Der Dorfsprecher.
»Da gab es einen Saker, einen kleinen Jungen, den Sohn des Dorfsprechers in Cliffhaven«, flüsterte sie. »Ich komme aus Cliffhaven.« Saker sah sie überrascht an. Sie starrte ihn an. »Saker, Sohn von Alder … Ich bin Martine, Tochter von Swift und Stickleback. Ich war gerade nicht in Cliffhaven, als …«
Man konnte sehen, dass Saker schluckte. Auf seinem Gesicht lag eine Mischung aus Freude darüber, dass er sie getroffen hatte, und Wut auf Thegan. Er wandte sich wieder Thegan zu. »Ich habe in Cliffhaven gelebt. Eure Männer haben mich damals übersehen!«
Martines Herz setzte einen Moment aus. Saker war Elvas Vetter – Alder war der Bruder von Elvas Großmutter gewesen.
»Dies alles hier«, sagte Saker und breitete die Arme aus, um die gesamte Geisterarmee zu umspannen, »ist Euer Werk.«
Wie auf ein Signal hin preschte Alder vor, das Schwert wie einen Knüppel erhoben.
Plötzlich hörte Martine ein hohes Summen, ein schreckliches Kratzen wie Fingernägel auf Glas, wie ein Tier, das unerträgliche Schmerzen leidet. Es drohte ihr den Schädel zu spalten, und seine Lautstärke ließ sie in die Knie gehen. Auch Ash hielt sich den Kopf, und Bramble schwankte, als sei ihr schwindelig. Saker taumelte ein paar Schritte mit kreideweißem Gesicht vorwärts.
Alle anderen waren wie gelähmt. Außer Leof. Er rannte nach vorn, gefolgt von einem Sergeant Thegans, doch Alder drängte sie einfach beiseite und schlug mit seinem Schwert zu.
Der Hieb wurde pariert. Nicht von Thegan, sondern von Acton. Alder knurrte wütend und holte erneut aus, versessen darauf, Thegan zu töten. Was als Nächstes passierte, geschah zu schnell, als dass Martine es hätte verfolgen können. Doch im nächsten Moment lag Alder auf dem Boden, das Gesicht im Staub; Acton, der beide Schwerter in den Händen hielt, stellte ihm einen bestiefelten Fuß auf den Rücken.
Das Gewinsel ebbte ab. Martine rappelte sich langsam
wieder auf. Nach wie vor dröhnte ihr der Kopf. Safred war ohnmächtig geworden, und Sorn kümmerte sich um sie.
Alder wehrte sich und trat unter Actons Fuß auf dem Boden liegend um sich, während Acton voller Mitleid auf ihn herabstarrte. Bramble kauerte sich mit bleichem Gesicht neben ihn.
»Du kannst nicht siegen, Alder«, sagte sie. »Das ist Acton.«
Saker
Alder blieb reglos liegen.
Saker schaute auf den Geist, der seinen Vater so mühelos überwältigt hatte. Die Erkenntnis, wer dieser Geist war, ließ ihn nicht länger über das Schreien von jenseits des Grabes sinnieren, das ausgebrochen war, als sein Vater das Schwert gehoben hatte.
Acton. Die Inkarnation des Bösen. Der Eindringling. Er wurde jetzt tätig, um seine Leute zu verteidigen, den Kriegsherrn Thegan. Er war tot, wurde Saker klar. Acton konnte also nicht noch einmal getötet werden. Die Wut raubte ihm den Atem, und er musste
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