Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
Vom Netzwerk:
Nicken stumm. Da bei Eel keinerlei Berufsstand angegeben worden war, musterte Leof ihn genauer. Einer vom Seevolk, dachte er, dunkles Haar, dunkle Augen und eine
Haut, die lange Zeit der Sonne ausgesetzt gewesen war. Und kluge, humorvolle Augen. Lächelnd nickte er Leof zu.
    Feierlich goss Vi jedem einen Becher Wasser ein. »Seewasser für Weisheit«, sagte sie, als sie Leof den seinen reichte.
    Eel tauchte einen Finger in das Wasser, zeichnete damit einen Kreis auf seinen Handrücken und trank. Ein Zeichen dafür, dass er zum See gehörte? Dass er ihre Macht respektierte? Leof tat so, als hätte er es nicht gesehen, und trank gleichzeitig mit Vi und den anderen. Das Wasser schmeckte nach nichts oder nach allem, nach Leben, Fels und Mondlicht. Er schüttelte den Kopf, um ihn von diesen Fantasien zu befreien. Es war bloß Wasser.
    »Was will Thegan?«, wollte Vi von ihm wissen.
    »Fürs Erste will er alle Wanderer, die in der Stadt leben«, erwiderte Leof. Alle, die am Tisch saßen, holten Luft. »Das Seevolk nicht«, beruhigte er sie. »Bloß alle Wanderer, die auf der Durchreise sind.« Er hatte beschlossen, dass es unmöglich sein würde, die sesshaft gewordenen Wanderer vom Seevolk zu unterscheiden, und dass diese eingeschränkte Bedingung vielleicht erfüllt werden würde. »Es hat Massaker gegeben«, sagte er ernst. »Viele, viele Wanderer sind ermordet worden. Ihr müsst davon gehört haben.«
    Sie nickten, blieben jedoch stumm, sodass er fortfuhr. »Mein Lord bietet allen Wanderern in seinen Domänen eine Zuflucht an. Boten sind zudem in die Cliff Domain gesandt worden, um seine Offiziere anzuweisen, Wanderer zu beschützen, sie in Cliffhold zu versammeln und dort für ihre Sicherheit zu sorgen. Das Gleiche tut er in der Central Domain.«
    »Aber wir gehören nicht zur Central Domain.« Es war die Jüngste von allen, Minnow, eine Rothaarige mit erstaunlich blauen Augen. Sie war jemand, an der Leof Gefallen gefunden hätte, bevor er Sorn kennen gelernt hatte.

    Leof wählte seine Worte mit Bedacht. »Es stimmt, dass ihr von der Tradition her kein Teil der Central Domain seid, aber ich glaube, ihr müsst anerkennen, dass ihr jetzt zum Territorium von Lord Thegan gehört.«
    »Ihr seid also gekommen, Lord Leof, um uns zu sagen, dass unsere Tage als freie Stadt vorüber sind?«, fragte Vi.
    Es gab keine Möglichkeit, die Wahrheit abzufedern. »Sie sind schon seit einiger Zeit vorüber, Sprecherin. Die anderen Kriegsherren haben keine Einwände gegen seine Absichten in Bezug auf Baluchston angemeldet. Eure Unabhängigkeit ist bereits Vergangenheit.«
    Sie saßen einen Augenblick da, um diese Worte zu verdauen.
    »In der Vergangenheit haben schon andere versucht, den See zu erobern«, sagte Eel leise.
    Leof zögerte. Er würde den See gegenüber diesen Leuten nicht beleidigen. Das würde sie nicht nur feindlich stimmen, sondern Leof hatte den Eindruck, dass es absolut gefährlich war, den See, wenn er ihr so nahe war, schlechtzumachen. Und ob Thegan es billigen würde oder nicht, diesen Eindruck würde er sich zu Herzen nehmen.
    »Der See ist der See«, sagte er. »Aber dieses Mal kann mein Lord auf beiden Seiten Armeen in Stellung bringen. Und er wird aus der letzten Begegnung gelernt haben. Er wird nicht noch einmal das Gleiche versuchen. Und er wird nicht aufgeben.« Leof ließ Abstand zwischen den letzten Worten, weil sie Thegan begreifen mussten, sie mussten einsehen, dass er unerbittlich war.
    »Sie auch nicht«, sagte Eel.
    Vi legte ihre Hand auf seinen Arm. »Eel, ich glaube, was mein Lord Leof und was sein Herr von dem See denkt, ist vielleicht völlig unterschiedlich.«
    Leof zwang sich dazu, Alston nicht anzuschauen. Alston
war beim Angriff auf den See nicht dabei gewesen und hatte daher keine Vorstellung, wie mächtig sie sein konnte.
    »Die Wanderer begeben sich in Gefahr, sobald sie einen Fuß auf die Straße setzen«, sagte er. »Wir werden sie in Sicherheit bringen.«
    »Sie sind bereits in Sicherheit«, sagte Reed, der ältere Mann, »sicherer, als sie es jemals in der Festung eines Kriegsherrn sein könnten!«
    »Seid ihr davon überzeugt?«, fragte Leof. »Seid ihr davon überzeugt, dass der See euch vor den Toten beschützen kann?«
    »Es sind nicht die Toten, die wir fürchten müssen«, sagte Eel leise. »Das, was danach kommt, ist schlimmer.«
    Leof fand, er habe genug gesagt. »Verbreitet unsere Einladung unter den Wanderern hier. Wir werden morgen auf dem Marktplatz sein, zwei Stunden nach

Weitere Kostenlose Bücher