Die Hoehle der Traenen
eigenes Talent verraten zu werden. Flax zuckte mit den Schultern und lächelte so anmutig, wie er konnte. Er glaubte zwar nicht, dass es bei diesem Menschen hier etwas ausmachen würde, aber zu flirten funktionierte manchmal bei Menschen, bei denen man es überhaupt nicht erwartet hätte.
»Der Versuch war es wert«, sagte er.
Der Offizier lächelte aufrichtig amüsiert, fühlte sich jedoch leider in keiner Weise angesprochen. »Du verstehst das falsch. Mein Herr Thegan bietet allen Wanderern Zuflucht an – es hat überall in der Domäne Morde gegeben, und mein Lord bringt Wanderer in die Festung, um sie zu schützen.«
»Das hat man uns auch gesagt«, sagte Swallow. »Aber in Baluchston waren wir nicht in Gefahr.«
»Ihr wart in großer Gefahr, ob ihr das wusstet oder nicht«, erwiderte der Offizier energisch. Dann wandte er sich einem Bogenschützen zu. »Horst, bring sie in die Festung.« Schockiert erkannte Flax den Mann, der Ash und ihn im Golden Valley verfolgt hatte – der Mann, den Ash vor den Windgeistern gerettet hatte.
Der Bogenschütze starrte ihn an und errötete, als erinnerte er sich an seine Furcht vor den Windgeistern. Dann wandte er sich ab und tat so, als habe er Flax nicht erkannt. Gut. Damit konnte Flax umgehen. Der Offizier sah einen
Moment zu Boden, als überlege er noch, was er sagen sollte. Dann schaute er auf und blickte ihnen einen nach dem anderen in die Augen, als wolle er, dass sie ihm höchste Aufmerksamkeit zollten. »Mein Herr ist großzügig, aber er verlangt, dass seinen Anordnungen Folge geleistet wird. Ich würde euch raten, mitzukommen.«
Es war offenkundig, dass er es ernst meinte. Um der Sache zusätzliches Gewicht zu verleihen, griff Horst seinen Bogen fester und fingerte an den Pfeilen in seinem Köcher. Zwar hatte der Offizier ihm nicht befohlen, sie abzuschießen, falls sie einen Fluchtversuch unternahmen, doch war es offensichtlich, dass er es tun würde. Das wussten sie alle. Plötzlich war Flax heilfroh, dass Zel bei Safred in Sicherheit war. Niemand würde die Reisegesellschaft angreifen, in der sich die Quelle der Geheimnisse befand.
»Unsere Pferde brauchen eine Pause«, sagte Flax. »Wir sind die ganze Nacht geritten.«
»Dann macht hier eine Pause, und, Horst, bring sie bis morgen Abend zurück in die Festung.« Horst nickte. »Alston«, sagte der Offizier zum Sergeant, »lass uns aufbrechen.«
Die Männer stiegen auf und ritten los, wobei der Sergeant den Trupp anführte.
Der Offizier verweilte noch einen Moment. »Geht zu meiner Lady Sorn, wenn ihr irgendetwas braucht«, sagte er. Dann ritt auch er los.
Flax schaute den Bogenschützen misstrauisch an.
»Runter mit euch«, befahl Horst. »Glaubt bloß nicht, ich würde euch mit euren Pferden helfen.«
Nun, das war deutlich genug. Sie stiegen ab und führten die Pferde zum Wasserlauf. Dort sattelte Flax ab, wobei ihm Swallow und Rowan ungeschickt behilflich waren. Anschließend fütterte und tränkte er die Pferde und striegelte sie zuletzt
gründlich, bevor er sich ins Gras warf und sich über das Essen hermachte, das Swallow für ihn zubereitet hatte. Flax war es leid, ständig Widerstand zu leisten. Er war viel, viel besser darin, einfach nur mit dem Strom zu schwimmen, wie die kleinen Boote, die Kinder aus Blättern und Zweigen bastelten.
Natürlich sanken diese Boote am Ende immer, aber einmal hatte er eines gebastelt, das einen richtigen Wasserlauf entlanggetrieben und schließlich von der Klippe in das Meer gestürzt war. Es war eine ganze Weile geflogen, hoch in die Luft hinauf, bevor es zu den Wellen hinabsegelte und aus der Sicht verschwand.
Der Bogenschütze ließ sie den ganzen Tag lang auf der Straße reiten und suchte erst dann einen Lagerplatz, als die Pferde sich sichtbar plagten. Sie waren zwar immer noch einige Stunden von Sendat entfernt, befanden sich jedoch in einem solch besiedelten, geschäftigen Teil der Domäne, dass Flax klar war, dass sie keine Fluchtmöglichkeit hatten. Während Horst ihnen gefolgt war, waren sie überall von jedem Bauern zornig angestarrt, bespuckt, beschimpft und bedroht worden, hatte jedes Kind sie mit einer Hand voll Dung beworfen, und nur die Anwesenheit des Soldaten hatte sie davor bewahrt, von ihren Pferden gezerrt und zu Tode geprügelt zu werden.
In diesem Land würde es keine Zuflucht geben.
Sie schlugen ihr Lager in einem Feld auf, durch das sich ein Wasserlauf zog und das Horst vom Bauern schlichtweg mit den Worten »Angelegenheit des
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