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Die Hoehle des Grauens

Die Hoehle des Grauens

Titel: Die Hoehle des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Nevis
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zu hoffen wagte: Teufelsbraten mit Fegefeuersoße. Und vorher eine Soupe Guillotine. Vorzüglich.«
    Peter sah ihn stirnrunzelnd an. »Was hast du denn vor? Willst du dir Winterspeck anfressen?«
    Justus schüttelte den Kopf. »Nichts gegen Tante Mathildas Kochkünste, aber Abwechslung tut auch mal gut.« Angesichts der Speisekarte war seine Laune merklich gestiegen. Justus wendete sich sogar den Mädchen zu und begann ein Gespräch über das Hotel. Die Zimmereinrichtung bot genug Stoff, an den man anknüpfen konnte. Launig erzählte er von ihrem seltsamen Zusatzbett, und auch Althena und Corona wussten einiges zu berichten.
    Plötzlich entstand Unruhe im Saal. Justus sah auf und hatte die Ursache schnell herausgefunden. An einem der Fenster war ein Gesicht aufgetaucht, das sich bleich wie ein Gespenst gegen die Nacht abhob. »Der Wilderer«, entfuhr es Althena, und sie lehnte sich unwillkürlich zurück.
    Der Mann sah wirklich zum Gruseln aus. Flink suchten seine Augen, die aus der dichten Haar- und Bartpracht hervorblitzten, den Raum ab. Jetzt war auch einer der Bediensteten aufmerksam geworden – es war Ken –, und er sprang auf das Fenster zu, als gelte es, eine streunende Katze zu verscheuchen. Augenblicklich verschwand das Gesicht.
    »Einen netten Waldschrat haben Sie da im Programm«, versuchte es einer der Gäste mit einem Witz. »Aber alles hat seine Grenzen. Bekommen wir jetzt etwas zu essen?«
    »Gewiss«, sagte Ken. Er drehte sich um, als ob nichts geschehen wäre, und winkte hinüber zu Pat, der mit einer schwer zu deutenden Miene die Szene verfolgt hatte. »Der Begrüßungsdrink, bitte!«
    Die Gäste wandten sich wieder ihren Tischnachbarn zu. Kurze Zeit später fuhr Pat auf einem Wagen einen großen Topf voll Suppe herein. Würdevoll wurde der dampfende Kessel über eine Feuerstelle gehängt, die sich in der Mitte des Speisesaals befand. »Soupe Guillotine! Bedienen Sie sich!«
    Mr Stanley befreite sich von der Waterstone’schen Enge und stand auf, um sich genießerisch einen Teller einzufüllen. Bald darauf schloss sich Justus an, dann die anderen Gäste. Nur Jack Donelly, der Drehbuchschreiber aus Hollywood, verzichtete. Anders als seine neue Bekanntschaft Susan Dice, die auf der Zugfahrt neben ihm gesessen hatte und die auch im Speisesaal wieder seine Nachbarin war.
    Die Soupe Guillotine schmeckte vorzüglich und stellte im Großen und Ganzen wohl eine Tomatensuppe dar. Ohne mit der Wimper zu zucken, nahm sich Justus eine weitere Portion.
    Als eine Weile später der Teufelsbraten hereingefahren wurde, begann Justus’ Magen leicht zu rumoren. Hatte er zu hastig gegessen? Aber sein fester Vorsatz war, in Bezug auf das Essen das Wort ›Verzicht‹ eine Woche lang ganz klein zu schreiben. Den Teufelsbraten zog er planmäßig durch. Nachdem er auch noch einen Nachschlag sowie zwei Portionen Nachtisch verdrückt hatte – eine Nachtschattencreme –, bestellte er sich zum Abschluss eine heiße Schokolade.
    Es war etwas stiller geworden im Speisesaal, und die Gäste löffelten gedankenverloren ihre Nachspeisen. Nur Jack Donelly war unaufhörlich am Reden. Justus beobachtete, wie Susan Dice schweigend die vierte Tüte Zucker in ihren Kaffee schüttete, und orderte ebenfalls noch ein paar Tütchen nach. Dann war er endlich satt.
    »Wann platzt du eigentlich?«, fragte ihn Corona mit einem Augenzwinkern.
    »Sein Appetit heute war noch harmlos«, warf Peter ein, bevor Justus den Mund aufbekam, »du solltest ihn mal in einer Eisdiele erleben. Es ist manchmal richtig peinlich …«
    Der Erste Detektiv war viel zu zufrieden, um sich von Peter ärgern zu lassen. »Jetzt noch ein Eis wäre in der Tat nicht verkehrt, aber ich gebe zu: Mir ist nicht ganz wohl.« Er fasste sich an den Bauch.
    »Merkwürdig«, sagte Althena leise. »Ich habe nicht halb so viel verdrückt wie du, aber so richtig gut geht es mir auch nicht. Und schau dir mal die anderen Gäste an: Wir scheinen nicht die Einzigen zu sein, die das Essen nicht vertragen.«
    »Vielleicht war etwas im Essen, das dort nicht hingehört«, sagte Corona und wandte sich mit einem fragenden Blick an Justus.
    Justus kämpfte gegen eine plötzlich aufsteigende Müdigkeit an. Während des Nachtisches hatte er immer weniger auf die Umgebung geachtet. Doch jetzt, als Corona diese Bemerkung hingeworfen hatte, fing sein Hirn an zu arbeiten, und der erste Abend im Gespensterhotel lief wie ein Film noch einmal vor ihm ab.
    »Eines ist in der Tat höchst seltsam«,

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